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Im Netz der Angst

Im Netz der Angst

Titel: Im Netz der Angst
Autoren: Eileen Carr
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Mädchen schlang nun auch den anderen freien Arm fest um die Knie und schaukelte noch ein bisschen schneller vor und zurück.
    »Ich werd mich mal darum kümmern, dass wir noch mehr Decken bekommen«, sagte Elise und machte sich auf den Weg zur Schwesternstation. Die meisten Mitarbeiter waren allerdings zu beschäftigt, um sich nach Decken umzusehen.
    »Wo werden Sie Taylor unterbringen, bis ihre Tante eintrifft?«, fragte Gannon.
    Josh zog den Vorhang beiseite und bedeutete ihr, ihm zu folgen. Als sie draußen waren, erwiderte er: »Genau hier. Ihre Wunden sind nicht tief genug, um sie als Patientin aufzunehmen, sagt der Arzt. Wir können also froh sein, dass sie übergangsweise diese Kabine bekommen hat. Sie wird nicht allein sein. Wir werden ihr einen Aufpasser dalassen.«
    Im Mercy gab es keine eigene psychiatrische Abteilung. Er schaute sich in der unterbesetzten Notaufnahme um. Sie würden das Mädchen entweder körperlich oder durch Medikamente ruhigstellen müssen, damit sie hierblieb. Gannon war das vermutlich ebenso klar wie ihm selbst.
    »Hier?« Sie klang nicht erfreut.
    »Haben Sie einen besseren Vorschlag? Ich könnte Taylor auch einweisen lassen, aber dann ist sie zwei Tage lang in den Mühlen des Systems gefangen. Jugendvollzug scheint mir im Moment auch nicht das Richtige für sie zu sein.«
    Die Psychologin öffnete die Fäuste und nickte nachdenklich. »So kann ihre Tante sie wenigstens gleich morgen von hier wegbringen. Schätze, das ist das Beste, was wir vorerst tun können. Obwohl mir das nicht besonders gefällt.« Sie zog sich die Jacke enger um den Oberkörper und rieb sich über die Arme, um sich zu wärmen.
    Elise kam mit zwei dünnen Decken zurück. »Das ist alles, was ich auftreiben konnte.«
    Gannon nahm ihr die Decken ab. »Danke. Ich würde gern bei Taylor warten, bis sie sich ein wenig beruhigt hat.«
    »Selbstverständlich. Irgendeine Ahnung, was sie zu einer solchen Reaktion veranlasst haben könnte?«, fragte Josh.
    »Schätze, dass es so ziemlich jeden in einen Schockzustand versetzen würde, auf die Leichen der ermordeten Eltern zu stoßen«, antwortete Gannon. Ihre Stimme triefte vor Sarkasmus.
    »Schon klar. Selbst ich war erschüttert, und ich bin dergleichen gewohnt. Aber ein derartiger Schock, dass keinerlei Kommunikation mehr möglich ist? – Kommt selten vor.« Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Gibt es irgendetwas, das ich über dieses Mädchen wissen sollte?«
    Die blauen Augen verengten sich für einen Moment, als würde Aimee etwas in Erwägung ziehen, dann atmete sie tief durch. »Ich ziehe es vor, auf die Tante zu warten, damit sie mir ganz offiziell die Erlaubnis gibt, Taylors Fall mit Ihnen zu besprechen.«
    Verdammt, er hatte gedacht, sie wäre inzwischen auf seiner Seite! Möglicherweise ließ sich der Ärztin aber doch noch etwas entlocken, wenn er etwas Druck machte. »Die ersten vierundzwanzig Stunden einer Ermittlung sind entscheidend«, drängte er. »Wenn Sie mir und somit der Polizei Informationen vorenthalten, die zur Festnahme des Mörders von Taylors Eltern führen könnten, bezweifle ich, dass Ihnen noch jemand zur Wahrung ihrer Schweigepflicht gratulieren wird.«
    Sie biss sich auf die Lippe und Josh konnte erkennen, dass sie innerlich wankte. Dann atmete sie hörbar ein und sagte: »Taylors Eltern brachten sie zu mir, weil ihr Verhalten sich vor etwa sechs Monaten drastisch geändert hatte. Sie hatte angefangen, sich zu ritzen, jedoch in keiner Weise so wie das, was ich hier gesehen habe. Ihre Noten wurden schlechter. Sie zog sich zurück. In unseren Sitzungen näherten wir uns langsam dem Punkt, an dem alles anfing, ganz war ich jedoch noch nicht zu ihr durchgedrungen. Ich vermute ein höchst traumatisches Ereignis, das Taylor verdrängt hat. In dieser Phase, kurz vor dem Durchbruch zur Erinnerung, ist ein Patient emotional ziemlich anfällig. Dann noch beide Elternteile tot auf dem Wohnzimmerboden zu finden, kann eine bereits derartig instabile Person tiefer erschüttern als jemanden, der innerlich gestärkt ist.«
    »Welche Art traumatisches Ereignis?«, hakte Josh nach.
    Gannon biss sich auf die Lippe und beugte sich zu ihm. Ihm stieg der blumige Duft ihres Shampoos in die Nase, er schluckte schwer. Sie richtete sich wieder auf und schüttelte den Kopf. »Da kann ich nicht sicher sein.«
    Jetzt beugte sich Josh zu ihr. »Aber sie haben da eine Vermutung?«
    »Nichts Konkretes.«
    Josh löste seine verschränkten Arme, blieb jedoch
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