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Im Netz der Angst

Im Netz der Angst

Titel: Im Netz der Angst
Autoren: Eileen Carr
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Schrei, sie wollte auf das Mädchen zustürzen, doch die Welt um sie herum schien aus den Fugen zu geraten. Sie suchte nach Halt, aber da war nichts. Plötzlich spürte sie eine stützende Hand im Kreuz. Als sie sich dagegenlehnte, fiel ihr auf, wie kräftig und warm diese Hand war. Die von ihr ausgehende Hitze erfasste ihren ganzen Körper. Da erst wurde Aimee bewusst, dass es Wolfs Hand war. Sie atmete tief durch, entzog sich ihm und versuchte, ihr wild pochendes Herz zu zähmen. »Was ist mit ihr geschehen?«, wisperte sie.
    »Das versuchen wir gerade herauszufinden«, hörte sie Detective Wolf hinter sich sagen. »Sie spricht nicht mit uns. Mit niemandem.«
    »Sie gibt überhaupt kein Wort von sich«, ergänzte Elise, trat vor und stellte sich neben Aimee.
    »Wo haben Sie sie gefunden?« Aimee wandte sich zu den Detectives um.
    »Zu Hause.« Wolfs braune Augen waren auf sie gerichtet, doch sie konnte seinen Blick nicht deuten.
    »Zu Hause? In diesem Zustand? Ist jemand dort eingebrochen?« Aimee drehte sich wieder zu Taylor um und ihr wurde fast übel. Zwar hatte Taylor sich bereits früher selbst Wunden zugefügt, aber das war nichts gewesen, was auch nur annähernd dem hier gleichkam. Die zarten Narben waren mehr nach außen gerichtet, als dass sie körperlichen Schaden angerichtet hätten. Aimee hatte das als Hilfeschrei interpretiert, einen sichtbaren Hinweis darauf, welche Schmerzen das Mädchen im Innersten spürte. Aber das hier sah aus, als sei Taylor mit hundertvierzig Sachen in ein Schaufenster gerast.
    »Das wissen wir noch nicht«, gab Wolf zurück.
    »Was ist mit ihren Eltern? Wurden sie ebenfalls angegriffen? Wer hat ihnen das bloß angetan?« In Aimees Kopf jagte ein Horrorszenario das nächste.
    Detective Wolf nickte in Richtung des uniformierten Beamten, wie um ihm einen stummen Befehl zu geben. Sofort erhob sich der Mann und bot Aimee seinen Stuhl an. »Ich denke, Sie sollten sich besser hinsetzen, um sich den Rest anzuhören.«
    Aimees Blick schnellte von einem verschlossenen Gesicht zum anderen. Sie wollte sich nicht hinsetzen. Sie wollte jemanden schütteln, wollte laut schreien. Aber Taylor brauchte sie, und um Taylor helfen zu können, benötigte Aimee genauere Informationen. Also setzte sie sich, war jedoch jederzeit bereit, wieder aufzuspringen. »Bitte sagen Sie mir, was vorgefallen ist.«
    Detective Wolf schnappte sich einen Stuhl von der gegenüberliegenden Flurwand, drehte ihn so um, dass die Sitzfläche zu ihm zeigte, und setzte sich breitbeinig darauf. »Gegen halb elf erreichte uns ein Notruf aus dem Haus der Familie Dawkin. Der Vater einer Schulfreundin von Taylor war in Sorge. Taylor hatte bei den Norchesters gemeinsam mit der Tochter der Familie für eine Prüfung gelernt und hätte sich eigentlich melden sollen, um Bescheid zu sagen, dass sie gut nach Hause gekommen sei. Als sie jedoch nichts von ihr hörten und auch bei den Dawsons niemand abnahm, ist Mr Norchester zum Haus der Familie gefahren und hat Taylor dort so vorgefunden, wie Sie sie jetzt hier vor sich sehen – nur saß sie zwischen den beiden Leichen ihrer ermordeten Eltern.«

2
    Die Psychologin wurde blass und starrte ihn mit weit aufgerissenen, riesig wirkenden Augen an. Wegen ihrer sanften, aber reifen Stimme am Telefon hatte er jemand Älteren erwartet, als ihre teeniemäßige Aufmachung mit Jeansjacke und Pferdeschwanz jetzt vermuten ließ. Zwar konnte er in dem grellen Neonlicht erste feine Fältchen um ihre Augen herum ausmachen, bei dieser Brachialbeleuchtung sahen jedoch sogar Neugeborene runzelig aus. Das Gesicht mit den aufregend blauen Augen, die trotz ihrer schwarz umrandeten Brille deutlich hervorstachen, wurde von ihrem dunklen Haar eingerahmt. Vollkommen unerwartet regte sich heftiges Verlangen in ihm – so etwas hatte er lange nicht mehr gefühlt … seit Holly, um genau zu sein.
    Elise stieß von hinten mit dem Fuß gegen seinen Stuhl und machte ihn so darauf aufmerksam, dass er die Frau wortlos anstarrte. Er räusperte sich. »Taylor weigert sich, mit uns zu sprechen. Sie hat jede Menge Schnittwunden, aber wie es aussieht, könnte sie sich diese Verletzungen auch selbst zugefügt haben. Am Tatort lagen jede Mengen Scherben. Wir können noch nicht sagen, ob ihr jemand etwas angetan hat oder …«
    »Oder was, Detective Wolf?« Dr. Gannon knetete nervös die Finger, an denen keinerlei Ring steckte. Obwohl sie sich gelassen gab, bemerkte Josh, dass ihre Hände zitterten.
    »Oder ob sie selbst in
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