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Im Netz der Angst

Im Netz der Angst

Titel: Im Netz der Angst
Autoren: Eileen Carr
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irgendeiner Form am Blutvergießen beteiligt war«, sagte Elise, die hinter ihm stand.
    Ihre Worte waren sorgfältig gewählt. Denn sie wussten weder, ob Taylor sich diese Schnitte selbst zugefügt hatte, noch, ob sie in irgendeiner Form an der Ermordung ihrer Eltern beteiligt war. Elises Aussage ließ offen, um welche von beiden Taten es ging. Deswegen würde die Antwort der Psychologin möglicherweise aufschlussreicher sein als Elises Antwort selbst – je nachdem, wie sie die eben gehörten Worte interpretierte.
    Gannon atmete tief durch, dann rieb sie sich die Stirn. »Taylor hat sich nie nach außen hin gewalttätig gezeigt. Ihre Probleme waren mehr selbstzerstörerischer Natur, allerdings nicht in diesem Ausmaß.« Gannon warf einen Blick über die Schulter auf die verhangene Kabine. »Nicht einmal annähernd«, murmelte sie.
    Also könnte sie sich die Schnittwunden selbst zugefügt haben. Das war nicht besonders schwer zu erraten gewesen bei all den Glasscherben, die um sie herum auf dem Boden verstreut gelegen hatten. Was Josh wirklich interessierte, war, um welche Art von Reaktion auf die Ermordung der Eltern es sich hier handelte. Schuld? Oder hatte sie aus Trauer und Entsetzen selbst Hand an sich gelegt? Jeder Mensch verhielt sich anders, wenn er sich mit Gewalt konfrontiert sah.
    Oder steckte mehr dahinter? Etwas, das er nur herausfinden konnte, wenn ihm jemand dabei half, der Taylor in- und auswendig kannte? So wie ihre Therapeutin.
    Und sollte Taylor zufällig zum Schauplatz des Verbrechens hinzugestoßen und deswegen durchgedreht sein, wollte er dafür sorgen, dass sie psychologische Hilfe bekam. Und zwar schnell.
    »Welches Verhältnis hatte Taylor zu ihren Eltern?«, fragte Josh.
    Gannon seufzte. »Welches siebzehnjährige Mädchen kommt schon gut mit seinen Eltern zurecht? Das ist ein schwieriges Alter. Ich jedenfalls hatte mit siebzehn kein besonders gutes Verhältnis zu meinen Eltern, Sie etwa, Detective?« Sie ließ die nun nicht mehr so stark zitternden Hände wieder in den Schoß zurückfallen.
    »Also gab es von Taylors Seite nicht mehr Wut als die einer typischen Teenagertochter?«, fragte Elise. Ihre honigsüße Stimme und die gelassene Miene lenkten viele Menschen von dem messerscharfen Verstand ab, der sich dahinter versteckte.
    Gannon runzelte die Stirn. »Das würde ich so auch nicht sagen. Tatsächlich bin ich mir nicht ganz sicher, was ich überhaupt sagen kann und was nicht. Schließlich muss ich meinen Patienten gegenüber die Schweigepflicht wahren.«
    »Es geht hier um einen Doppelmord«, konterte Elise kühl. »Zwei Menschen sind tot! Ermordet in ihrem eigenen Zuhause!«
    »Das ist mir durchaus bewusst.« Gannons Stimme zitterte ein wenig und Josh meinte, darin mehr als nur Entsetzen zu erkennen. Wovor genau hatte Aimee Gannon Angst? »Und ich möchte ja auch helfen«, fuhr sie fort. »Da gibt es eine Tante in Redding, die Taylor nahesteht. Ich kann nicht genau sagen, ob sie jetzt rechtlich gesehen die Vormundschaft besitzt, aber ich würde davon ausgehen. Wenn wir sie kontaktieren könnten und von ihr die Erlaubnis erhielten, meine Akten freizugeben …«
    Wolf öffnete sein Notizbuch und überflog die Einträge. »Marian Phillips? In der Hummingbird Lane 2752?«
    »Möglicherweise«, sagte Gannon. »Da müsste ich in meinen Akten nachsehen.«
    »Nicht nötig«, antwortete er. »Wir haben bereits bei ihr angerufen. Sie wird im Verlauf des Vormittags hier eintreffen.«
    Gannon nickte, schon wieder händeringend. »Also gut. Rufen Sie mich an, sobald sie hier eintrifft, und dann können wir uns weiter darüber unterhalten, warum Taylor mich aufgesucht hat.« Sie zögerte. »Dürfte ich mit Taylor sprechen?«
    Josh warf Elise einen Blick zu, die kaum merklich nickte. Wenn sie Taylor dazu brachte, irgendetwas anderes als diese leisen unmenschlichen Laute von sich zu geben, dann würden sie eventuell etwas aus ihr herausbekommen. Es war durchaus möglich, dass das Mädchen der Schlüssel zu diesem Fall war. Wenn es die Morde auch nicht begangen hatte, dann hatte es vielleicht etwas Wichtiges beobachtet. »Selbstverständlich, nur zu.«
    Der Aufpasser zog den Vorhang zur Seite und Gannon trat zu dem Mädchen.
    »Taylor«, sagte sie betont ruhig. »Taylor, ich bin es, Dr. Gannon.«
    Nichts wies darauf hin, dass Taylor sie wahrgenommen hatte, denn sie wiegte sich weiterhin vor und zurück und gab dabei weiterhin ständig dieses leise Wimmern von sich.
    Gannon kniete sich neben Taylor und
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