Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Namen des Kreuzes

Im Namen des Kreuzes

Titel: Im Namen des Kreuzes
Autoren: Peter Probst
Vom Netzwerk:
gelangte er zum großzügigen, mit einer Gewölbedecke überspannten Flur im Erdgeschoss. Er hörte Stimmen und blieb hinter einem Mauervorsprung stehen.
    Am anderen Ende des langen Gangs lag die Eingangshalle mit der Pforte. Er sah Gruppen von Mönchen und Fratres, die sich aufgeregt beratschlagten. Ab und zu hörte man Namen und Befehle, es war ein hektisches Hin und Her. Schwarz vermutete, dass die Ordensmitglieder und die anlässlich des Festtags erschienenen Laienbrüder gerade gezielt für ihre Aussagen vor der Polizei instruiert wurden.
    Dahlke und Anselm Schneider waren nicht dabei. Hatten sie sich nur verdrückt oder war ihnen in letzter Sekunde die Flucht gelungen?
    Aber das war Kolbingers Problem.
    Ihm ging es nur um den Jungen.
    Wo war Patrick?
    Im Flur gab es nur wenige Flügeltüren, hinter denen vermutlich größere Räume oder Säle lagen, der Wohnbereich war eher in den oberen Etagen untergebracht, zu denen eine breite Holztreppe führte.
    Schwarz wartete, bis er ganz sicher war, dass niemand aus der Eingangshalle in seine Richtung blickte, dann schoss er über den Flur.
     
    Er erreichte ungesehen das erste Stockwerk. Hier war es deutlich stiller als im Erdgeschoss.
    Er blickte auf die Uhr. Für die Mittagsruhe war es zu spät. Wahrscheinlich waren die Jungen wegen des Eintreffens der Polizei in ihre Zimmer verbannt worden.
    Er öffnete die erstbeste Tür.
    Die vier Jungen in den Stockbetten stellten sich schlafend.
    »Ihr könnt wieder aufwachen«, sagte Schwarz, »mir müsst ihr nichts vorspielen.«
    Die Jungen blinzelten, aber nur einer richtete sich auf.
    »Wer sind Sie?«
    »Ich bin Privatermittler«, sagte Schwarz.
    »Was wollen Sie?«
    »Ich suche Patrick.«
    Der Junge musterte ihn misstrauisch.
    »Ich bin auf eurer Seite.«
    »Das sagen hier alle.« Er grinste schief, deutete dann aber doch mit dem Daumen auf die Rigipswand hinter ihm.
    Im Gang prallte Schwarz mit einem älteren Frater zusammen, der ihn mit offenem Mund anstarrte.
    »Haben Sie noch nicht von der Hausdurchsuchung gehört?«, sagte Schwarz barsch.
    »Doch … schon«, stammelte der Frater und eilte davon.
    Jetzt informiert er seine Mitbrüder, dachte Schwarz. Ich habe nicht viel Zeit.
    Er riss die Tür zum nächsten Zimmer auf.
    Hier lagen nur zwei Jungen. Das andere Stockbett war leer.
    »Wo ist Patrick?«
    Sie reagierten nicht.
    »He, ich habe euch was gefragt. Das ist doch sein Zimmer?« Er war laut geworden.
    »Da«, sagte Slavo und deutete auf das untere leere Bett.
    »Und wo ist er gerade?«
    »Bei Pater Anselm«, sagte Max.
    »Wo finde ich den?«
    »Ende vom Gang, die kleine Treppe rauf.«
    Schwarz war weg, bevor die Jungen ihn irgendwas fragen konnten.
    Auf dem Weg zur Hintertreppe hatte er den Eindruck, dass sich Stimmen näherten. Vielleicht täuschte er sich auch – er hatte so oder so keine Wahl. Er musste Patrick finden. Jetzt.
    Er rannte die Treppe hoch, nahm immer zwei Stufen auf einmal und vergaß völlig, dass seine Kondition eigentlich nicht für zwei sportliche Höchstleistungen an einem Tag reichte.
     
    Neben der Kassettentür war ein schlichtes Namensschild angebracht: P. Anselm . Schwarz hielt den Atem an und horchte.
    Nichts.
    War der Pater tatsächlich längst über alle Berge? Oder hatte Patrick die Ankündigung, sich an seinem Peiniger zu rächen, wahr gemacht?
    Da hörte er ein Röcheln.
    Er riss die Tür auf.
    Der korpulente Pater lag auf dem Rücken. Seine auffallend hellen Augen waren weit aufgerissen.
    Von Patrick keine Spur. Was hatte der Junge getan?
    Schwarz kniete sich neben den Mann. Er hörte, dass sein Atem flatterte.
    »Was ist passiert? Können Sie sprechen?«
    Keine Reaktion.
    Schwarz öffnete den Hemdkragen des Paters und fühlte seinen Puls. Er war unregelmäßig und sehr flach. Jetzt bemerkte er die verätzten Lippen und den weißlichen Schaum in den Mundwinkeln des Paters. Ein Stück entfernt lagen mehrere leere Glasröhrchen ohne Etikett. Der Geruch erinnerte Schwarz an irgendetwas. War das Chloroform? Oder Poppers, die Schwulendroge?
    Plötzlich fielen Zentnerlasten von seinen Schultern. Anselm Schneider hatte sich, weil die Polizei vor dem Kloster stand, selbst vergiftet.
    Aber wo war Patrick?
    Hatte der Pater ihm etwas angetan? Hatte die Militia sich eines gefährlichen Zeugen entledigt?
    Da hörte Schwarz Rufe. Schwere Schritte kamen die Hintertreppe hochgepoltert. Er sprang auf.
    Die Tür öffnete sich.
    »Ich glaube es nicht«, sagte Buchrieser.
    »Schnell«, sagte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher