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Im Namen des Kreuzes

Im Namen des Kreuzes

Titel: Im Namen des Kreuzes
Autoren: Peter Probst
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glauben, trotzdem habe ich am Ende meines Briefes die Namen der Bischöfe und Kardinäle aufgeführt, die laut Paolo Longanesi inoffizielle Mitglieder der ›Militia‹ sind. Diese Informationen dürfen nicht verloren gehen, falls ich meine Suche nach der Wahrheit mit dem Leben bezahlen muss.
    Ich schließe mit einem Herzensanliegen, Alfred. Es ist Dir nicht verborgen geblieben, wie viel Rainer mir bedeutet. Für den Fall, dass mir etwas passiert, soll wenigstens er heil aus dieser furchtbaren Geschichte herauskommen. Er weiß nichts von all dem und soll auch nie etwas davon erfahren. Ich will, dass er lebt und sein Leben genießt. Dir, lieber Alfred, danke ich von Herzen. Dein Wolfgang.«
    Schwarz legte den Brief zur Seite. Das Bild von Webers Leiche überfiel ihn. Er sah den blutunterlaufenen Reifenabdruck auf dessen Oberschenkel, und plötzlich packte ihn ein wahnsinniger Hass.

54.
     
    »Hör endlich auf, dich wie ein bürokratisches Arschloch zu benehmen«, schrie Schwarz ins Telefon.
    »Anton«, sagte Kolbinger gequält, »was kratzt mich der Vatikan?«
    »Es geht um diesen Orden: Er ist eine kriminelle Vereinigung und verfolgt verfassungsfeindliche Ziele.«
    »Ich bin nicht beim Staatsschutz.«
    »Dass die Militia einem Mann wie Dahlke Unterschlupf gewährt, interessiert dich auch nicht?«
    Einen Moment lang war es still in der Leitung.
    »Dahlke? Manfred Dahlke?«
    »Genau der, den du wegen Vergewaltigung und Misshandlung eines Elfjährigen verhört und wieder laufen lassen hast.«
    »Weil ich dachte, der Junge phantasiert. Dahlke war ein Priester.«
    »Und bei seiner Gemeinde sicher ungemein beliebt.«
    »Ja, verdammt. Aber jetzt steht er auf unserer Fahndungsliste.«
    »Darum ist er untergetaucht.«
    Schweigen.
    »Bist du dir sicher, dass er in dem Kloster ist?«
    »Ziemlich.«
    Kolbinger seufzte. »Ziemlich reicht nicht. Der Chef dreht mir den Hals um, wenn wir da reingehen und keinen Dahlke finden.«
    »Kolbinger, komm! Wir haben uns schon auf dünnerem Eis bewegt.«
    »Ein Kloster ist was anderes.«
    »Und warum?«
    Kolbinger schwieg lange, dann seufzte er tief.
    »Wo liegt denn dieses Steinsberg?«
     
    Schwarz versorgte den Exkollegen mit den nötigen Informationen und mahnte ihn zu höchster Eile. Der Orden sei durch Perfall über seine Ermittlungen im Bilde und würde möglicherweise versuchen, Dahlke noch rechtzeitig ins Ausland zu schaffen.
    In Wirklichkeit machte er wegen Patrick Druck. Aber Kolbinger hätte ihn nicht verstanden, wenn er ihm von der verzweifelten Entschlossenheit in der Stimme des Jungen erzählt hätte.
    Steinsberg war etwas mehr als eine Stunde von München entfernt, außerdem würde Kolbinger eine Weile brauchen, bis er den Staatsanwalt überzeugt und seine Leute zusammengetrommelt hatte. Schwarz musste sich auf eine längere Wartezeit einstellen.
    Er stieg die Treppe zur Stube hinunter. Eva hatte mit dem Pfarrer zu Mittag gegessen, weil der zu einer Theateraufführung in den Kindergarten musste. Selbstverständlich hatten sie ihm ein schönes Stück Braten aufgehoben.
    Doch als Schwarz vor dem Teller mit dem Fleisch und den dampfenden Knödeln saß, brachte er nichts hinunter. Er musste an einen Moment im Beichtstuhl denken, in dem plötzlich sein eigener alter Mordwunsch ganz gegenwärtig gewesen war. Er hatte noch einmal den wilden Schmerz in seinen Händen gespürt, als er seinen Lehrer Robert erdrosseln wollte. Einen Moment lang hatte es für ihn nur diesen einen Weg in die Freiheit gegeben. Dann war er doch zu schwach gewesen – aber das war bei Patrick vielleicht anders.
    Schwarz sprang auf. Er hielt es nicht aus, er musste irgendetwas tun.

55.
     
    Der alte Wallfahrerweg führte zuerst dicht an der hohen, grauschwarz verfärbten westlichen Klostermauer entlang, die jeden Blick auf das Gelände dahinter verwehrte. Nur einige Baumwipfel und überhängende Zweige deuteten darauf hin, dass auf der anderen Seite ein Park lag.
    Ein Stück weiter war das Geschrei von Jungen zu hören.
    »Klingt nach einem Fußballspiel«, sagte Eva.
    Schwarz antwortete nicht. Er war vor einer nicht ganz mannshohen, verrosteten Eisentür stehen geblieben. Er rüttelte daran, aber sie war von innen durch einen Riegel gesichert. Schwarz kniete sich hin und untersuchte die gemauerte Schwelle. Auf den Backsteinen klebten frische Erdspuren.
    Er stand auf und orientierte sich. Ein ganzes Stück entfernt stand hinter alten Eichen eine winzige, halb verfallene Kapelle. Aber der Pfad dorthin war von
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