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Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen
Autoren: Christine Béchar
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und einfach, mit einem Rahmen aus Metall und Mengen von Kissen, die jetzt auf dem Boden lagen. Als ich den schwarzen Vorhang ganz aufmachte, stellte ich fest, dass das Zimmer recht hell war, jetzt wo der düstere Regen weitergezogen war. So schlecht eingerichtet war es eigentlich gar nicht. Mit einer Pflanze und ein paar Farbtupfern würde ich mich hier wohlfühlen. Davon war ich überzeugt.
    Ich befand mich gerade im Badezimmer, als ich hörte, wie die Eingangstür ins Schloss fiel und kurz darauf der Schlüsselbund auf die Glasplatte vom Tisch. Strahlend stürzte ich ins Zimmer und blieb augenblicklich stehen, als er sich umdrehte. Vor mir stand ein junger Mann, den ich nicht kannte. Erstarrt schaute ich an mir herab und stellte fest, dass nur ein Knopf zu war … und auch noch versetzt.
    „ Entschuldige!“, stotterte ich und rannte zurück ins Bad.
    Der Spiegel zeigte mir eine Lilly mit zotteligem Haar und roten Bäckchen, die ich sofort abkühlte. So etwas konnte nur mir passieren. Ich versuchte meine Strähnen mit der Bürste zu bändigen und machte einen Pferdeschwanz, ehe ich das Hemd richtig zuknöpfte. Ich zögerte immer noch rauszugehen … bis ich die Eingangstür wieder hörte. Yannick. Endlich!
    Mit Erleichterung erkannte ich auch gleich seine Stimme und konnte mich wieder herauswagen. Die Hand auf der Klinke entdeckte ich einen Bademantel, der an der Tür hing. Ich zog ihn mir schnell über, ehe ich meinen Zufluchtsort verließ. Yannick hatte gerade die Einkäufe auf den Tisch gelegt und nahm mein Kleid aus Gregorys Hand mit den Worten „Finger weg!“ Es folgte eine brüderliche Umarmung zur Begrüßung, die den Größenunterschied unterstrich. Gregory überragte Yannick ganz schön. Mit seinem kurzen schwarzen Haar hätte er glatt für einen Südländer durchgehen können. Er musste bereits reichlich Sonne getankt haben. Seine grünen Augen standen im Kontrast zu seiner braungebrannten Haut, und seine Wimpern waren unverschämt gebogen. Keine Frage, ein Bild von einem Mann, was mich nicht im Geringsten überraschte. Ich wusste ja, dass er ebenfalls als Model arbeitete.
    „ Hast du schon Lilly kennengelernt?“
    „ Nicht wirklich. Ich habe sie nur vorbeihuschen sehen. Sie steht übrigens hinter dir.“
    Yannick drehte sich sofort zu mir um, strahlte mich an, nahm meinen Kopf zwischen seine Hände, und flüsterte: „Die Sonne scheint.“
    Dann küsste er mich lange auf den Mund. Sehr lange. Zu lang, als wären wir allein im Raum. Ich schloss die Augen, um Gregory nicht mehr ansehen zu müssen. Der unterbrach letztendlich unseren Kuss mit einem Husten.
    „ Willst du uns nicht vorstellen?“
    „ Entschuldige! Wir haben uns heute Morgen noch nicht gesehen. Lilly, Gregory. Gregory, Lilly.“
    „ Du erlaubst doch, dass ich sie küsse?“
    „ Ich erlaube gar nichts. Lilly ist ein großes Mädchen. Das musst du sie schon selber fragen.“
    Sein Lächeln rief mir zu:
„Ich habe meine Lektion gelernt.“
    „ Erlaubst du?“, wiederholte Gregory und wandte sich diesmal direkt an mich.
    „ Ich erlaube“, sagte ich kurz und hielt ihm die Wange hin.
    „ Es war wirklich nicht nötig, dich meinetwegen umzuziehen. Yannicks Hemd stand dir ohnehin viel besser als mein Bademantel, und deine Mähne fand ich klasse.“
    Ich spürte schon wieder, wie ich rot wurde. Glücklicherweise kam mir Yannick zu Hilfe.
    „ Hör auf, sie anzubaggern. Deck lieber den Tisch. Ich kümmere mich um den Kaffee.“
    „ Und ich gehe mich anziehen“, meinte ich, während ich samt Koffer in das Minizimmer verschwand.
     

    Scheinbar hatte Gregory bereits gefrühstückt, denn er trank nur eine Tasse Kaffee. Das Hauptthema am Tisch war das Studium der beiden und selbstverständlich New York. Yannick gab seinem Freund jede Menge Tipps bezüglich der Orte, die er partout besuchen sollte. Da sie meine Hilfe beim Einräumen der CDs ausschlugen, beschloss ich, einkaufen zu gehen. Yannick erklärte mir den Weg zum nächsten Supermarkt, der glücklicherweise zu Fuß erreichbar war, und gab mir einen Schlüssel. Als er schließlich seine Brieftasche aus seiner Hosentasche zog, legte ich meine Hand auf seine. Auch wenn ich sein Gast war, die ersten Einkäufe gingen auf mich. Mit einem verstohlenen Blick auf seinen Freund packte er seine Geldbörse wieder ein. Ohne dessen Anwesenheit hätte ich mich bestimmt auf eine Diskussion gefasst machen müssen. Nachdem ich das Geschirr gespült hatte, inspizierte ich die Küchenschränke und musste
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