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Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen
Autoren: Christine Béchar
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eine richtige Gefahr für die Allgemeinheit, sobald du wieder normal reagierst, kannst du meinetwegen wieder hinter das Steuer. Komm zu mir, bitte!“
    Wider Willen stieg ich aus und lehnte mich an den Wagen. Yannick stellte sich vor mich, legte mir die Hände auf die nackten Schultern und sah mir tief in die Augen.
    „ Erstens möchte ich mich entschuldigen. Ich gebe zu, mein Verhalten war nicht korrekt. Ich hatte kein Recht, Manuel zu erlauben, unter dein Kleid zu gucken. Du wirst aber trotzdem zugeben, dass Manuel nicht irgendein Freund ist. Er hat neben dir gekämpft, sich um dich gesorgt, und ich bin mir ziemlich sicher, dass sein Interesse wirklich der Narbe galt und nicht deinem Schenkel. Hätte Anna gefragt, hättest du nie einen solchen Aufstand gemacht.“
    „ Das ist es ja! Nie im Leben hätte Anna dich gefragt, sondern mich.“
    „ Schon gut, ich habe es kapiert. Wir haben uns wie zwei Machos aufgeführt und es wird nicht wieder vorkommen, zumindest was mich betrifft. Ich kann ja nicht für Manuel sprechen. Willst du wissen, was seine letzten Worte waren? Er sagte, ich soll gut auf dich aufpassen. Ich habe die gleiche Anweisung von deinem Vater, von deiner Großmutter, von Anna, von Laurence und sogar von Philippe erhalten. Dein Vater ganz einfach, weil er dein Vater ist, und die anderen, weil sie wissen, was du bist. Also sieh zu, dass du unter keinen Lastwagen gerätst, ich würde mich gar nicht mehr trauen, meinen Wagen zu holen, sie würden mich lynchen … Endlich, ein kleines Lächeln! Ich hab’s gesehen. Du kannst das aber viel besser, … das weiß ich.“ Ich kämpfte dagegen an, versuchte, ihm nicht sofort das zu geben, was er wollte, doch es gelang mir nicht wirklich. „Siehst du!“, strahlte er übers das ganze Gesicht. „Du kannst das. Wusste ich doch! Ich liebe dich, Lilly. Aber es wäre echt schön, wenn du in Zukunft nicht wegen solcher Kleinigkeiten gleich ausrasten würdest … Meinst du nicht, dass du ein wenig überreagiert hast?“
    „ Doch, entschuldige. Ich hätte mich wahrscheinlich nicht so aufgeregt, wenn ihr euch nicht auch noch über mich lustig gemacht hättet.“
    „ Wir haben uns wie zwei Idioten benommen. Ich verspreche dir, sowas kommt nicht wieder vor. Verzeihst du mir?“
    „ Du weißt ganz genau, dass ich es bereits getan habe.“
    „ Ja, das weiß ich. Ich wollte es aber aus deinem Mund hören.“
    Ich spürte seinen Atem auf meiner Schläfe, als er mich an sich drückte. Der Zorn, der kurz zuvor noch in mir getobt hatte, war völlig verschwunden. Vollkommen entspannt hatte ich es nicht einmal eilig, unsere Reise fortzusetzen, denn dazu musste ich mich seiner Umarmung entreißen.
    „ Willst du weiterfahren?“, fragte er schließlich.
    „ Fahr du nur, wenn du magst.“
    „ Sicher?“
    „ Absolut! Übrigens, du hast meine Frage immer noch nicht beantwortet.“
    „ Manuel und ich?“
    „ Ja.“
    „ Wir können keine Freunde werden. Nicht wirklich. Wir mögen uns, und wir respektieren uns. Ich würde, glaube ich sogar, mein Leben in seine Pfoten legen, aber ich mache mir nichts vor … Manuel liebt dich. Aurelie hin oder her, bei der ersten Gelegenheit wird er versuchen, dich mir auszuspannen.“
    „ Das kann er nicht.“
    „ Das hoffe ich. Wie auch immer, ich finde ihn nett, er ist und bleibt aber ein Rivale. Beantwortet das deine Frage?“
    „ Ja, aber du brauchst …“
    „ Psch … Nichts ist ganz schwarz oder ganz weiß.“
    Sein Mund ließ mir gar keine Gelegenheit, etwas zu erwidern. Nach seinem Kuss lächelte er mich an: „Können wir?“
    „ Von mir aus.“ Er wollte in den Wagen steigen. „Vergisst du nicht etwas?“
    „ Du hast Recht, ich habe zwar kein dringendes Bedürfnis, ich sollte aber die Pause ausnutzen. Ansonsten wirst du in einer Stunde sagen, ich sei schlimmer als ein kleines Kind.“
    Hinterm Steuer ließ Yannick den Motor anlaufen. Als die Musik ertönte, meinte er lächelnd: „Der erste Titel ist tatsächlich daneben. Wir fangen mit dem zweiten an:
Comin’ home
. Ein Clio hat auch was Gutes, du bist ganz nah bei mir.“
    Ehe er losfuhr, streichelte er meinen Schenkel. Sein Blick war dabei so verführerisch, ich hätte ihn am liebsten wieder geküsst. Stattdessen nahm ich die CD-Hülle in die Hand.
    „ Hast du sie wegen
Sweet Home Alabama
gewählt?“, wollte ich wissen.
    „ Unter anderem, ja. Du schienst an deinem Geburtstag das Lied zu mögen.“
    „ Tue ich auch. Bitte entschuldige wegen vorhin.“
    Es war mir echt
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