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Im Mondlicht (Phobos) (German Edition)

Im Mondlicht (Phobos) (German Edition)

Titel: Im Mondlicht (Phobos) (German Edition)
Autoren: Michael Schuck
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so, dass alle mit der Knopfleiste oder dem Ausschnitt nach rechts wiesen. Nicht, dass ihr Wäsche einräu men wirklich Spaß gemacht hätte. Aber sie war gegen 3.00 Uhr wach geworden und konnte nun nicht wieder einschlafen. Um 3.30 Uhr war sie immer noch nicht müde. Sie überlegte, ob sie Gerd noch einmal anrufen sollte. Das brachte sie immer ein bisschen besser drauf, wenn sie an seiner geschwächten Stimme hörte, dass sie wieder einen Treffer gelandet hatte. Denn das war das Verrückte gewesen: Sie hatte natürlich auch gespürt, dass ihre Ehe am Ende war. Aber sie hatte eher damit gerechnet, dass Gerd ihr eine Ehetherapie vorschlagen würde. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er ihre Ehe gleich beenden würde. Als er ihr etwas von perfekter Symbiose erzählte, die nur durch Zerschneidung gelöst werden könnte, hatte sie ihm in ihrer Kränkung nur halb geglaubt.
    Sie begann das Wohnzimmer aufzuräumen: Ordnung ist das halbe Leben, hatte ihre Mutter immer gesagt. In Wirklichkeit hatte Mutters Leben nur aus Ordnung bestanden, u nd ihrer Tochter hatte sie nicht mitgeteilt, was die mit der anderen Hälfte anzufangen sollte.
    Gerd hatte Maria regelrecht aus dem Haus getrieben, argumentativ, mit einem verbalen Exorzismus. Nein, das stimmte nicht ganz. Der Exorzismus war nicht nur verbal gewesen. Er geschah subtiler, durch kalte Blicke, kalte Gesten, durch ihr fremde Reaktionen. Gerd war ihr plötzlich fremd. Kaum war ihr das klar geworden, sah sie sich schon auf der Suche nach einer neuen Wohnung. Die fand sie ohne große Probleme: Eine kleine chice Wohnung in einem sehr ansehnlichen Haus. Sie suchte und fand Halt in der Kirchengemeinde ihrer neuen Heimat und in einem klassischen Chor. Ein anderer Chor wäre für sie auch nicht in Frage gekommen. Da sie durchaus erfolgreich ihr Übersetzungsbüro leitete, hätte es ihr eigentlich gut gehen müssen. Aber sie fühlte sich betrogen. Gerd hatte sie um ihre Zweisamkeit mit ihm betrogen. Sie empfand sein Verhalten als Betrug. Sie fühlte sich auf einer tieferen Ebene betrogen, und all sein Geld hätte nicht geholfen dieses Gefühl zu heilen. Trotzdem versuchte sie - zwanghaft – immer wieder, ihn mit dem Thema Geld zu nerven. Sie konnte es einfach nicht lassen.
    3.55 Uhr war Maria mit dem Wohnzimmer fertig. Sie betrat die Küche, öffnete den Kühlschrank, um sich mit Milch und Honig einen nervenberuhigenden Nachttrunk zu bereiten. Gegen 4.10 Uhr war er fertig. Sie stellte die dampfende Tasse auf den Frühstückstisch und betrachtete, wie der Schwaden in sanften Fähnchen über die Oberfläche des Getränkes flatterte. Der Schwaden verschwand langsam. Ihr wurde immer kälter. Maria schüttelte verständnislos den Kopf. Sie nahm die Tasse in die Hand. Das Porzellan war eiskalt. Maria probierte die Honigmilch. Ebenfalls eiskalt. Erst jetzt spürte sie, dass sie fror. Sie sah sich um. Unvermittelt war die Küche wie mit weißem Puderzucker überzogen. Sie versuchte aufzustehen. Aber die schneidende Kälte hatte ihr schon jegliche Kraft entzogen. Sie konnte den Stuhl nicht mehr verlassen. Maria erfror. Das Letzte, was sie vor ihrem geistigen Auge sah, war ein eiskaltes, weißes Licht.
     
    *****
     
    Der Mann entsprach nicht ihrem Idealbild, aber er hatte so eine gewisse magische Ausstrahlung. Er war Esthelle aufgefallen, als er den "Goldenen Schwan" betrat, die Kneipe, in der sie ihren Kummer mit viel Hochprozentigem zu bekämpfen pflegte. Und heute hatte sie gegen 3.00 Uhr immer noch Kummer. Die Begegnung mit Günter hatte ihr gestern wieder mal gereicht. Und als sie dann betrunken auf ihr Kabrio zuwankte, war da plötzlich dieser große, starke Mann neben ihr gewesen. Sie hatte ihn hier noch nie gesehen. Sie wusste nicht mehr recht wie, aber er hatte ihr deutlich gemacht, dass sie auf keinen Fall mehr fahren könnte. Er würde sie schon nach Hause bringen. So war es gekommen. Er hatte sie nach Hause gefahren, sie ins Haus gebracht, ihr Kaffee aufgeschüttet. Und dann hatte sie ihn plötzlich auf eine erschreckende Weise anziehend gefunden.
    Das war ja mit einer der Gründe gewesen, von diesem zwanghafte n und verklemmten Gerritmen wegzukommen. Sie wollte locker und spontan leben.
    Esthelle Gerritmen betrachtete den Mann vor ihrem Bett. Der Mund, die Gesichtszüge, ja, die ganze Figur, waren vielleicht eine Spur zu weich, zu formlos. Aber sein Blick konnte eisenhart werden . Wie jetzt, als er sie fragte und damit endgültig alle Erinnerungen an Günter Gerritmen im Bett
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