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Im Mondlicht (Phobos) (German Edition)

Im Mondlicht (Phobos) (German Edition)

Titel: Im Mondlicht (Phobos) (German Edition)
Autoren: Michael Schuck
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Biedermann an - und es ist vielleicht einer unter tausend - seine Vorliebe für Gewalt zu entdecken. Vielleicht hatte er schon als Kind in einer bestimmten Phase Tiere gequält, unerkannt. So hatte er das Lügen früh gelernt und die Freude an der Qual der anderen, der Macht über sie. Damit konnte er der Leere seines Lebens ein Zentrum geben, unbewusst noch. Bei dieser Art von Sadisten ist wiederum einer, bei dem sich Gewalt mit Sex verbindet. Und in dieser Gruppe gibt es wieder einen, bei dem sich Gewalt, Tod und Sex verbinden. Und bei dieser Gruppe kann nun eine Art Sucht entstehen, sich diese Gewalt, Tod und Sex- Erlebnisse immer wieder neu zu verschaffen. Dann ist er auf dem Weg, ein Serienmörder zu werden. Und der 'normale' Serienmörder ' ist männlich und sein Opfer ist weiblich."
    Serienmörder?! Gerd war verblüfft gewesen. Wie konnte Hans in einer ganz normalen Supervision auf Serienmörder kommen? Und warum fiel ihm, Gerd, das gerade jetzt wieder ein, um 3:18 Uhr? Irgendetwas war komisch an diesem Gerritmen.
    Er gab bei Google ein: "Serienmörder, deutsch" und bekam unter anderem eine "Liste Serienmörder" bei Wikipedia angezeigt. Hier konnte er leicht die Liste nach dem Stichwort "Deutschland" sortieren. Gerd stellte fest, dass acht Serienmörderinnen achtundvierzig Serienmördern in Deutschland gegenüber stehen. Insoweit stimmte die Behauptung von Hans, dass Serientäter eher männlichen Geschlechtes sind. Aber diese männlichen Täter bevorzugten nicht eindeutig Frauen als Opfer.
    Hans' Behauptung stimmte bei Carl Großmann. Er hatte 3 Morde an Frauen eingestanden, es wurden ihm konkret dreiundzwanzig Morde zur Last gelegt. 100 Frauen aber waren in dieser Zeit in Berlin, 1918 – 1921, verschwunden. Man vermutete, dass sie ebenfalls auf sein Konto gingen. Großmann beging Selbstmord. Deshalb wissen wir nicht mehr.
    Karl Denke, genannt Papa Denke, mordete unabhängig vom Geschlecht einunddreißig Opfer bis 1923.
    Friedrich Haarmann, der Schlächter von Hannover, tötete von 1918 bis 1924 vierundzwanzig Jungen.
    Ernst Pleil, der Totmacher, brachte es zwischen 1946 und 1947 auf vierzehn Opfer beiderlei Geschlechtes.
    Stefan Letter, der Todesengel von Sonthofen, tötete in den Jahren 2003 bis 2004 neunundzwanzig Männer und Frauen. Er gehörte zu den sogenannten Gesinnungsmördern. Er bildete sich ein, seine Opfer zu erlösen.
    Jürgen Bartsch dagegen hatte vier Jungen getötet. Er war auf junge, männliche Opfer fixiert.
    Gerds Gedanken flossen dahin. Er empfand es natürlich als schwierig, sich als Deutscher in Deutschland Gedanken über Serienmorde zu machen. Deutschland ist eben das Land, das z.B. einen Rudolf Höß, den Lagerleiter des Konzentrationslagers Auschwitz, hervorbrachte. Der Mann, den seine Frau als liebevollen Ehemann, Vater und Hundefreund sah und erlebte, ließ 2,5 Millionen Morde begehen. Dass so viele Menschen in Auschwitz vergast wurden, behauptete jedenfalls Adolf Eichmann. Das waren eiskalt geplante Morde an Homosexuellen, politisch anders Denkenden, Behinderten, an Sinti und Roma, an Juden, Polen und Russen in großem und organisiertem Stil und in unvorstellbarem Umfang. Diese Morde kann man ja aus den Serienmorden kaum ausgrenzen. Wir sind schon eine merkwürdige Kultur, die zeitweise solche schrecklichen Geschehnisse gutheißen konnte, dachte Gerd. Nehmen wir also Harborts Definition der Serienmorde, dachte Gerd, kramte in seinen Unterlagen, fand sie und las: "Aufgrund der beschriebenen terminologischen Unwägbarkeiten wird nunmehr folgende Definition vorgeschlagen: 'Der voll oder vermindert schuldfähige Täter (i. S. des § 21 StGB) begeht alleinverantwortlich oder gemeinschaftlich (i. S. des § 25 I, II StGB) mindestens drei vollendete und von einem jeweils neuen feindseligen Tatentschluß gekennzeichnete vorsätzliche Tötungsdelikte' (Stefan Harbort, Kriminologie des Serienmörders, Teil 1, S.4)."
    Ohne weiteres begannen sich Schweißtröpfchen auf Gerds Stirne zu sammeln. Und jede einzelne wisperte mit leiser Stimme: Du hast Angst, warum kannst du das nicht zugeben? Warum läufst du nicht schreiend aus dem Haus? Warum bringst du dich nicht in Sicherheit? War es möglich, dass ihr Austausch über Serienmörder etwas bewirkte, das ohne sie nie in Gang gekommen wäre? Gerd konnte seine Angst nicht einordnen, nur mit Mühe und Not ein bisschen eindämmen.
    "Wo soll ich mich in Sicherheit bringen?", fragte Gerd die Schweißtröpfchen, "und vor wem?"
    Sie antworteten
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