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Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Titel: Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx
Autoren: Alexander Lohmann
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vor, dass Reiter sich zu den Zelten der Cefron verirrten, und nur hier, so nah bei der Steppe, konnte es überhaupt geschehen.
    »Sie haben nach dem Kind gefragt«, fuhr Ochos fort.
    »Bewaffnete Fremde kamen in unser Land, zu unseren Zelten gar, und ihr habt sie unbehelligt ziehen lassen?«
    »Auch Halime kam als Fremde zu uns«, rief Ochos ihm in Erinnerung. »Ich mochte diese Reiter nicht. Aber was, wenn es Halimes Verwandte sind, die nach dem Mädchen suchen? Da hätten wir deinem Schützling schlechte Gastfreundschaft erwiesen, wenn wir ihre Familie erschlagen.«
    »Du hattest Angst vor einem Kampf«, stellte Gontas fest.
    Ochos zuckte die Achseln. »Es waren ein halbes Dutzend Fremde, und sie waren gut bewaffnet. Es hätte Blut gekostet, sie aufzuhalten. Solange sie höflich blieben und nur Fragen stellten, gab es keinen Grund, einen Kampf anzufangen.«
    Gontas schnaubte. »Aber ihr habt ihnen Halime nicht ausgeliefert.« Er kannte die Antwort auf diese Frage schon, denn andernfalls hätte Ochos genauer zu sagen gewusst, wie die Reiter zu dem Mädchen standen.
    »Nein, bei Stein und Strauch! Wir hätten deinen Gast niemals in fremde Hände gegeben. Nicht bevor du zurückgekehrt wärst, egal, was diese Männer uns erzählten. Wir wissen, was Ehre und Sitte von uns verlangen.«
    »Wo ist sie also?«, fragte Gontas.
    »Sie war bereits fort, als die Fremden kamen.«
    »Fort?«, rief Gontas aus. »Ochos, was verschweigst du mir noch?«
    »Sie war gestern Morgen schon fort. Sie muss in der Nacht davongelaufen sein. Wenn diese Reiter nicht ihre Freunde sind, hat sie womöglich geahnt, dass sie kommen, und ist geflohen …«
    Gontas ballte die Fäuste. »Wie hätte sie etwas ahnen können, wenn selbst die Späher unseres Stammes nichts von den Fremden bemerkt haben? Ochos, ich habe meinen Gast in deine Obhut gegeben. Du sagst, du hättest Halime nicht den Fremden ausgeliefert. Aber ist es besser, ein Kind zu verlieren ?«
    »Wir haben nach ihr gesucht, gestern, den ganzen Tag.« Der Älteste senkte den Kopf. »Aber bis zum Abend haben wir nicht mehr von ihr gefunden als Spuren, die nach Norden führen. Und dann, heute Morgen, kamen schon diese Reiter, und da musste ich mich vergewissern, dass unsere Herden sicher sind.
    Gontas, dein Mädchen läuft gerade und zielstrebig davon und bewegt sich gar nicht wie ein verirrtes Kind!«
    »Und dennoch«, sagte Gontas, »ist sie eines.« Er schüttelte den Kopf. »Ich hätte niemals diesen verrückten Wahrsager aufsuchen sollen. Er hat mir nur Unsinn erzählt. Wäre ich geblieben, so hätte ich von den Fremden all die Antworten bekommen, die ich gesucht habe. Oh ja, ich hätte mir die Antworten geholt!«
    Ochos legte ihm eine Hand auf den Arm. »Vielleicht ist es besser so. Das Mädchen hat Unruhe in den Stamm getragen, und noch mehr Unruhe folgt ihr.«
    Gontas fühlte, wie seine Muskeln unter den Fingern des Alten vibrierten. »Ein kleines Kind allein im Buschland. Was soll daran besser sein?«
    »Sie hat allein ihren Weg zu uns gefunden«, erwiderte Ochos.
    Gontas wandte sich brüsk ab. »Weißt du was, Ochos? Ich werde ihr folgen.«
    »Ich weiß«, sagte Ochos unglücklich.
    Am nächsten Morgen rüstete sich Gontas zum Aufbruch. Er wusste nicht, wie lang er unterwegs sein würde, also bereitete er sich auf einen weiten Weg vor. Er trug eine Hose aus Leder und weiche Stiefel, dazu einen weiten Umhang mit Kapuze für die Nacht und als Schutz gegen die Sonne. Er steckte seine beiden Äxte hinten in den Gürtel und hängte sich eine kleine Tasche und einen Wasserschlauch über die Schulter. Dann brach er auf.
    Die Spuren der Reiter fand er als Erstes. Sie folgten den breiten Pfaden durch das Buschland, und die Hufe der Pferde hatten scharfe Abdrücke in den Boden gestanzt. Ob die Fremden ihn zu Halime führen würden?
    Nein. Gontas wollte das Mädchen vor ihnen finden.
    Doch so leicht er die Spuren der Reiter entdeckt hatte, so schwer war das bei Halime. Ein barfüßiges Mädchen, das nicht auf die Wege angewiesen war, sondern überall zwischen den Kriechranken laufen konnte – selbst der beste Jäger hätte Mühe gehabt, auf dieser Fährte zu bleiben.
    Gontas wandte sich in die Richtung, wo seine Leute am Vortag die letzten Spuren von ihr entdeckt hatten. Von dort aus folgte er kreuz und quer den Pfaden, die in nördliche Richtung führten. Er wusste, wo die Sippen der Cefron im Jahreslauf wanderten. Unfehlbar fand er ihre Lager, alle zwei, drei Tage ein anderes, und
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