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Im Licht des Mondes: Roman (German Edition)

Im Licht des Mondes: Roman (German Edition)

Titel: Im Licht des Mondes: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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und sah ihm fest in die Augen. »Du möchtest, dass ich dir vertraue und an dich glaube. Ich bitte dich um das Gleiche.«
    »Ich verspreche es, wenn du mir versprichst, dass du nichts unternimmst, was dich in Gefahr bringen könnte ohne deinen Kreis, ohne mich.«
    »Wenn es zur Entscheidung kommt, brauche ich meinen Kreis. Das schließt dich mit ein.«
    »In Ordnung.« Wenn es nicht anders ging, würde er sich damit zufriedengeben. Für den Moment. »Kann ich deine Bibliothek benutzen?«
    »Bediene dich.«
    Zuerst ging sie hinauf zum Witwenausguck auf dem Dach und stand dort im weichen Regen. Sie konnte von dort oben alles sehen, was ihr gehörte. Und die Finsternis, die sich an die Grenzen presste, ihre Kälte gegen ihre Wärme stemmte, sodass stoßweise Dampf aufstieg.
    In Gedanken versunken hob sie ihre Hand himmelaufwärts und ließ die Macht durch ihren Arm wandern. Sie pflückte einen Blitz aus der Nacht und warf ihn wie eine Lanze in eine der Dampfwolken.
    Dann drehte sie sich um, glitt ins Haus, in ihren Turm.
    Sie formte den Kreis, entzündete Kerzen und Weihrauch. Sie suchte eine Vision, wollte aber nicht das Geringste davon durchsickern lassen. Was sie in ihrem Herzen und in ihren Gedanken bewahrte, könnte gegen sie und gegen die, die sie liebte, verwendet werden.
    Sie aß die Kräuter, trank aus dem Kelch und kniete nieder im Kreis, in der Mitte des Pentagramms, und konzentrierte sich. Öffnete ihr drittes Auge.
    Der Sturm, den sie die ganze Zeit nahen gefühlt hatte, brauste über die Insel, und trotz des tosenden Windes war das Land mit einer Decke aus dünnem grauem Nebel bedeckt. Die See peitschte ihre Klippen, als sie über sie hinwegflog, durch den strömenden Regen, die zuckenden
Blitze und den sich ausbreitenden und verdichtenden Nebel. Auf der Lichtung, im Herzen der Drei Schwestern war der Kreis. Ihre Hände waren verbunden, und der schmutzige Nebel leckte und schlug an den Rand des Kreises, konnte aber nicht weiter vordringen.
    Sicher, dachte sie, während sie in ihrem Turm kniete, sicher und stark.
    Sie konnte das Grollen der Erde unter sich fühlen, das Grollen des Himmels über sich. Und ihren eigenen Herzschlag, wo sie kniete und wo sie sich sah.
    Sie riefen abwechselnd. Luft, Erde, Wasser, Feuer. Ihre Macht war groß. Erhob sich, streckte sich. Obgleich sie den Nebel zerrissen, schloss er sich wieder. Aus ihm trat der Wolf, der ihr Zeichen trug.
    Als er sprang, war sie allein auf den Klippen. Sie sah die brennenden roten Augen. Sie hörte ihren eigenen Schrei  – Verzweiflung und Triumph  –, als sie ihre Arme um ihn schlang und mit ihm über die Klippen stürzte.
    Während sie fiel, sah sie den Mond, voll und weiß, der aus dem Sturm hervortrat und zusammen mit den strahlenden Sternen die Insel beschien.
    Sie kniete auf dem Boden in ihrem Turm, die Augen getrübt von Visionen, mit klopfendem Herzen.
    »Du gibst mir nur das hier? Ist das letztendlich der Preis für die Gabe? Wiederholt sich alles?«
    Sie legte sich auf den Boden, zusammengerollt im Kreis. Zum ersten und zum letzten Mal in ihrem Leben verfluchte sie die Gabe.
     
    »Sie verheimlicht uns etwas.« Sam wanderte in der Küche des Hauses, in dem er aufgewachsen war, hin und her. »Ich weiß es.«
    »Vielleicht tut sie das.« Mac blätterte in den Dokumenten, die über den ganzen Küchentisch ausgebreitet waren. Sie hatten ihm seit dem Frühstück Gesellschaft geleistet, bis Sam aufgetaucht war. »Etwas arbeitet in mir seit letzter Nacht, aber ich kann es nicht zu fassen kriegen. Ich habe alles überprüft, was ich über die Drei Schwestern habe  – die Insel, die Frauen, die Abkömmlinge. Ich habe mein eigenes Stammbuch gecheckt. Ich habe das Gefühl, dass ich etwas übersehen habe. Irgendeine Wendung. Eine  – wie hat Mia das genannt? Interpretation.«
    Sam stellte die Tasche, die er mitgebracht hatte, auf den Tisch. »Du kannst dies hier in deine Recherchen mit einbeziehen  – jedenfalls bis sie gemerkt hat, dass ich sie aus ihrer Bibliothek entfernt habe.«
    »Ich wollte sie sowieso schon haben.« Sorgfältig, ehrfurchtsvoll, nahm Mac ein altes abgegriffenes Lederbuch aus der Tasche. »Mia hat mir die Erlaubnis gegeben, ihre Bücher durchzuforsten.«
    »Dann nutzen wir sie am besten, bevor sie sauer wird, dass ich sie hierhergebracht habe. Ich will jetzt mit Zack reden.« Sam klimperte mit Münzen in seiner Tasche und wanderte wieder auf und ab. »Die Todds sind schon seit Urzeiten auf der Insel. Und Zack war
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