Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Land des weiten Himmels

Im Land des weiten Himmels

Titel: Im Land des weiten Himmels
Autoren: J Wolfe
Vom Netzwerk:
zum zweiten Mal beim Vornamen. »Du hast Dorothy das Leben gerettet. Ohne dich wäre der Doktor niemals zu uns gekommen. Man wird noch in hundert Jahren an unseren Feuern von deiner Heldentat erzählen. Wir sind dir alle sehr dankbar, Hannah.«
    »Ich danke dir, Großvater.« Ihre Freude war aufrichtig. »Und ich danke Kobuk und den übrigen Hunden, dass sie mir geholfen haben, den Weg nach Fairbanks zu finden.« Sie nickte auch den anderen Indianern zu und wandte sich an den Arzt. »Wo ist Frank? Wo ist der Pilot?«
    »Draußen bei der Maschine, nehme ich an.«
    Hannah verließ das Haus und sah Frank neben seiner Jenny stehen. Mit einem Feuer, das in einer rostigen Regentonne brannte, die auf Umwegen in das Indianerdorf gelangt sein musste, versuchte er, den Motor aufzuwärmen. »Keine Ahnung, ob das klappt«, schimpfte er. »Wenn nicht, bekommen die Wölfe wenigstens was Anständiges zu fressen.«
    »Verdient hättest du’s«, schreckte ihn Hannah auf. »Obwohl ich bezweifle, dass den Wölfen ein versoffener und nichtsnutziger Bursche wie du schmeckt! Und ich dachte, du trinkst nur Coca-Cola! Dabei bist du auch nicht besser als ein Goldgräber, der sich das ganze Wochenende volllaufen lässt!«
    Mit offenem Mund und schreckgeweiteten Augen stand er vor ihr. »Hannah! Ich dachte …«
    »… ich wäre unterwegs verlorengegangen?« Sie lachte bitter. »Ich war schließlich nüchtern, als ich auf dem Schlitten stand! Du siehst jetzt noch aus, als hättest du gerade eine Kröte verschluckt. Was hat Rosy mit dir gemacht?«
    »Das möchte ich auch gern wissen.« Er wirkte blasser als sonst, und die Falten um seine Augen und seinen Mund schienen tiefer geworden zu sein. Er stank immer noch nach Alkohol. »Gut möglich, dass sie mir eine Kröte in den Mund gestopft hat. Und Nieswurz und Schwarzpulver und jede Menge Kaffee, so verdammt stark, dass er einen Toten aufwecken würde!«
    »Und wofür war der Scheuerlappen?«
    »Damit hat sie mich verprügelt«, gestand Frank. Er warf einige Holzscheite in den provisorischen Ofen und fachte das Feuer mit den Händen an. Misstrauisch betrachtete er den Motor seiner Maschine. »Du hättest Rosy sagen können, dass sie sanft mit mir umgehen soll.«
    »Dann wärst du nie aufgewacht.« Sie schüttelte missmutig den Kopf. »Du hättest dich sehen sollen, wie ein Häufchen Elend lagst du auf dem Bett. Wie ein Penner! Mir wird jetzt noch übel, wenn ich an deinen Anblick denke. Hätte nur noch gefehlt, dass du ein leichtes Mädchen im Arm gehalten hättest!«
    »Wie kommst du denn darauf? Rosy’s ist ein anständiges Haus.«
    »Ach, ja?«
    »Ich hab mir ein Fläschchen gegönnt, weiter nichts! Was ist denn schon dabei? In New York oder Chicago macht das jeder Zweite, oder meinst du vielleicht, die Leute in der Stadt halten sich an das Alkoholverbot? Wie soll ich mir denn sonst den Kummer von der Seele schaffen? Mit Coca-Cola?«
    »Was für einen Kummer?«
    »Ich bin zum ersten Mal in dieser Einöde, verdammt! Diese ständige Dunkelheit erträgt doch kein Mensch! Soll ich vielleicht die Hälfte des Jahres in einer Höhle verbringen und Winterschlaf halten wie ein Grizzly? Was anderes bleibt mir doch nicht übrig, solange ich im Winter nicht fliegen kann.«
    Sie deutete auf die brennende Tonne. »Es geht doch.«
    »Na klar. Wir zünden vor jedem Start ein Feuer an.«
    »Ich bin auch den ersten Winter hier und besaufe mich nicht.«
    »Wäre ja auch noch schöner! Das tun nur Männer, jedenfalls da, wo ich herkomme. Oder betrinken sich in New York jetzt schon die Frauen?« Er hielt die Hände über das Feuer in der Tonne. »Außerdem bin ich ja hier. Nach dem Zeug, das mir Rosy eingeflößt hat, hab ich mich dreimal übergeben, dann hab ich den Doktor in seine Wintersachen gepackt, am Kragen zur Jenny geschleift und so lange in der Kälte sitzen lassen, bis sie startklar war. Ich hab ihm gesagt, dass ich die Maschine auf dem Kopf fliege, wenn er das Indianermädchen nicht behandelt.«
    Sie musste lächeln. »Du hast ihm gedroht?«
    »Und ob! Außerdem wollte ich dir endlich sagen, dass …«
    »Können wir?«, rief Doktor Winslow ungeduldig.
    Frank blickte zum Haus. »Das sage ich dir im Frühjahr«, flüsterte er Hannah rasch zu. »Sobald der Fluss aufbricht, bin ich zurück.« Seine Augen funkelten. »Du bist mir doch nicht mehr böse?«
    Unter seinem Blick wurde sie sanft. »Verschwinde, du Säufer!« Sie gab ihm einen flüchtigen Kuss.

39
    Der Frühling kündigte sich mit einem lauten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher