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Im Land des Regengottes

Im Land des Regengottes

Titel: Im Land des Regengottes
Autoren: Gina Mayer
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gut«, erklärte er am fünften Tag, nachdem ihn die Männer zusammengeschlagen hatten.
    Am nächsten Morgen brachte Herr van Eijk uns mit dem Ochsenkarren nach Springbok. Er setzte uns vor einer kleinen Pension ab. Der Wirt war ein Freund von ihm, erklärte er Petrus, der es mir übersetzte.
    »Wir haben leider überhaupt kein Geld«, meinte ich betreten.
    Van Eijk nickte und holte zu meiner Bestürzung eine Handvoll Münzen aus der Tasche, die er mir reichte.
    »Nicht doch«, wehrte ich ab. »Ich wollte nicht betteln.«
    Er entgegnete etwas, das ich nicht verstand und Petrus nicht übersetzte. Ich hörte nur den Namen Slagman. Hatte der Bure van Eijk das Geld gegeben, damit er Petrus wieder gesund pflegte? Oder war es Bestechungsgeld, damit der Farmer ihn nicht anzeigte?
    » Ek verstaan nie. « Ich wollte ihm das Geld wieder zurückgeben, aber er weigerte sich, es anzunehmen. Stattdessen erklärte er Petrus, dass wir mit der Postkutsche nach Clanwilliam reisen sollten. Der Kutscher würde uns mitnehmen, er war van Eijk noch einen Gefallen schuldig. Dann wendete er seinen Ochsenkarren und fuhr weg, bevor ich mich richtig bedanken konnte.
     
    Ich hatte eine kleine Kammer über der Küche, Petrus war in einem Verschlag neben dem Stall untergebracht. Der Boden war mit Streu bedeckt, darauf lag ein Strohsack, das war das Bett. Petrus ließ sich sofort darauffallen, völlig erschöpft von der Fahrt im Ochsenwagen.
    Die Luft in dem Raum war so drückend, als wäre sie schon durch Hunderte von Lungen gegangen. Aber das kleine, von Schmutz fast blinde Fenster ließ sich nicht öffnen.
    »Ich gehe ein wenig spazieren«, sagte ich zögernd.
    Petrus reagierte nicht. Seine Augen waren geschlossen, seine Brust hob und senkte sich. Er war eingeschlafen.
    Draußen schien die Abendsonne. In einer Stunde würde sie untergehen, aber noch war die Luft warm und mild. Die Hügelkuppe, um die sich die Häuser von Springbok im Halbkreis gruppierten, leuchtete bunt. Es sah aus, als trüge der Berg ein mit Blumen bedrucktes Kopftuch. Ich war nicht die Einzige, die der schöne Abend zum Spazierengehen verlockte. Überall flanierten Menschen oder saßen auf Bänken, die Gesichter ins Licht gereckt. Ein paar Mädchen spielten Hickelkasten, wobei sie ihre Hände in die Hüften stemmten, genau wie wir früher auf der Kohlstraße. Eine Gruppe Minenarbeiter saß auf einer Mauer und trank Bier aus der Flasche. Ihre Kleidung war dreckig, die Gesichter und Hände schwarz vor Staub. Zwei Eingeborenenfrauen, die Körbe auf den Köpfen trugen, schritten hoheitsvoll an ihnen vorbei.
    Dann sah ich Slagman. Er spazierte auf der anderen Straßenseite. Neben ihm ging eine Frau, die sich bei ihm eingehakt hatte. Sie hatte ein rundes, freundliches Gesicht mit vollen Lippen und roten Wangen und trug einen Strohhut, der über und über mit künstlichen Blumen geschmückt war. Ein kleines Mädchen mit goldblonden Zöpfen hüpfte auf einem Bein vor den beiden her.
    Mir war auf einmal sehr heiß. Er hatte mich noch nicht gesehen, sondern plauderte ruhig mit seiner Frau, lachte über einen Scherz. Sollte ich auf ihn zugehen und ihn zur Rede stellen?
    Bevor ich zu einer Entscheidung gelangt war, begegneten sich unsere Blicke. Slagmans Augen weiteten sich einen winzigen Moment lang, dann hatte er sich wieder unter Kontrolle. Er griff nach seinem Hut, lüftete ihn und ließ ihn wieder zurück auf seinen Kopf fallen. Grinste mich dabei an, als wäre er erfreut, mich zu sehen. Das kleine Mädchen blieb neugierig stehen. Seine Frau lächelte erwartungsvoll.
    Ich verwünschte mich, dass mein Herz so raste, als ob ich der Übeltäter wäre und nicht er. Wie unverschämt er mir entgegenlächelte, als ich die Straße überquerte, um zu ihm zu gelangen.
    » Watch out! « Wenige Meter vor mir brachte ein Kutscher seine Ochsen zum Stehen. Um ein Haar wäre ich unter die Räder gekommen. Ich hatte den Karren überhaupt nicht bemerkt.
    »Das nenn ich aber einen Zufall«, sagte Slagman, als ich ihn endlich erreicht hatte.
    »Guten Abend«, sagte ich und wunderte mich, wie ruhig und freundlich meine Stimme klang.
    »Guten Abend.« Nun wirkte er auf einmal doch unsicher. Wahrscheinlich fragte er sich, was ich von ihm wollte.
    »Es wird Sie interessieren zu hören, wie es unserem gemeinsamen Freund geht«, fuhr ich fort.
    Er hob fragend die Augenbrauen. »Unserem gemeinsamen Freund?«, wiederholte er verständnislos. Seine Frau lächelte noch breiter. Ob sie überhaupt Deutsch
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