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Im Land Der Weissen Wolke

Im Land Der Weissen Wolke

Titel: Im Land Der Weissen Wolke
Autoren: Sarah Lark
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in diesem Aufzug in die Ställe gebracht und sich vor ihr niedergehockt hatte, um ihr Anweisungen zu geben, dürften ausreichend Hundehaare daran haften geblieben sein, um die arme Madame für drei Wochen außer Gefecht zu setzen.
    »Wir reden später noch darüber«, bemerkte Silkham in der Hoffnung, dass seine Frau dann die Aufgabe des Anklägers und Richters übernehmen würde. Jetzt, vor seinem Besucher, wollte er Gwyneira nicht weiter zusammenstauchen. »Wie finden Sie die Schafe, Warden? Ist es das, was Sie sich vorgestellt haben?«
    Gerald Warden wusste, dass er jetzt zumindest der Form halber von einem Tier zum anderen gehen und Wollqualität, Bau und Futterzustand begutachten sollte. Tatsächlich hegte er allerdings keinen Zweifel an der erstklassigen Qualität der Mutterschafe. Alle waren groß und wirkten gesund und wohlgenährt, und ihre Wolle wuchs gleich nach der Schur wieder nach. Vor allem würde es die Ehre eines Lord Silkham unter keinen Umständen zulassen, einen Käufer aus Übersee zu betrügen. Eher würde er ihm die besten Tiere überlassen, um seinen Ruf als Züchter auch in Neuseeland zu wahren. Insofern blieb Geralds Blick zunächst auf Silkhams außergewöhnlicher Tochter haften. Sie erschien ihm sehr viel interessanter als die Zuchttiere.
    Gwyneira hatte sich jetzt ohne Hilfe aus dem Sattel gleiten lassen. Eine schneidige Reiterin wie sie konnte wahrscheinlich auch ohne Hilfestellung in den Sattel steigen. Im Grunde wunderte sich Gerald, dass sie überhaupt den Seitsattel gewählt hatte; wahrscheinlich bevorzugte sie das Reiten im Herrensitz. Aber vielleicht hätte dies ja das Fass zum Überlaufen gebracht. Lord Silkham schien ohnehin nicht begeistert, das Mädchen zu sehen, und auch ihr Verhalten gegenüber der französischen Gouvernante schien alles andere als ladylike.
    Gerald dagegen gefiel das Mädchen. Wohlgefällig betrachtete er Gwyneiras zierliche, an den richtigen Stellen jedoch ausreichend gerundete Figur. Das Mädchen war zweifellos voll entwickelt, obwohl es sehr jung war, sicher kaum älter als siebzehn. Überhaupt schien Gwyn noch recht kindlich zu sein; erwachsene Ladys brachten meist nicht so viel Interesse für Pferde und Hunde auf. Allerdings war Gwyneiras Umgang mit den Tieren weit entfernt von weiblichem Herumtändeln. Jetzt wehrte sie lachend das Pferd ab, das eben versuchte, seinen ausdrucksvollen Kopf an ihrer Schulter zu scheuern. Die Stute war deutlich kleiner als Lord Silkhams Hunter, äußerst stämmig, aber doch elegant. Ihr geschwungener Hals und ihr kurzer Rücken erinnerten Gerald an die spanischen und neapolitanischen Pferde, die ihm auf seinen Reisen auf dem Kontinent mitunter angeboten wurden. Für Kiward Station jedoch befand er sie allesamt als zu groß und vielleicht auch zu sensibel. Schon den Bridle Path vom Schiffsanleger nach Christchurch hätte er ihnen nicht zumuten wollen. Dieses Pferd jedoch ...
    »Sie haben ein hübsches Pony, Mylady«, bemerkte Gerald Warden. »Ich habe eben seine Springmanier bewundert. Reiten Sie mit dem Pferd auch Jagden?«
    Gwyneira nickte. Bei der Erwähnung ihrer Stute strahlten ihre Augen ähnlich auf wie eben, als es um die Hündin ging.
    »Das ist Igraine«, sagte sie ungezwungen. »Sie ist ein Cob. Die typischen Pferde für diese Gegend, sehr trittsicher und ebenso gute Kutsch-wie Reitpferde. Sie wachsen frei im Bergland auf.« Gwyneira zeigte auf die zerklüfteten Berge, die im Hintergrund der Weiden aufragten – eine raue Umwelt, die zweifellos ein robustes Naturell verlangte.
    »Aber nicht gerade das typische Damenpferd, oder?«, sagte Gerald lächelnd. Er hatte schon andere junge Ladys in England reiten sehen. Die meisten bevorzugten leichte Vollblutpferde.
    »Kommt darauf an, ob die Dame reiten kann«, beschied ihn Gwyneira. »Ich kann nicht klagen ... Cleo, nun bleib doch mal von meinen Füßen weg!«, rief sie der kleinen Hündin zu, nachdem sie fast über das Tier gestolpert wäre. »Du hast es ja gut gemacht, alle Schafe sind da! Aber das war nun wirklich keine schwierige Aufgabe.« Sie wandte sich Silkham zu. »Soll Cleo die Widder eintreiben, Vater? Sie langweilt sich.«
    Doch Lord Silkham wollte zunächst seine Mutterschafe vorführen. Und auch Gerald zwang sich nun, die Tiere genauer in Augenschein zu nehmen. Gwyneira ließ ihr Pferd währenddessen grasen und kraulte die Hündin. Schließlich nickte ihr Vater ihr zu.
    »Also gut, Gwyneira, dann zeig Mr. Warden den Hund. Du brennst doch nur darauf, ein
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