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Im Land Der Weissen Wolke

Im Land Der Weissen Wolke

Titel: Im Land Der Weissen Wolke
Autoren: Sarah Lark
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bisschen anzugeben. Kommen Sie, Warden, wir müssen ein Stück reiten. Die jungen Widder sind in den Hügeln.«
    Wie Gerald erwartet hatte, machte Silkham keine Anstalten, seiner Tochter in den Sattel zu helfen. Gwyneira bewältigte die schwierige Aufgabe, zunächst den linken Fuß in den Bügel zu stellen und dann das rechte Bein elegant übers Sattelhorn zu schwingen, voller Anmut und ganz selbstverständlich, wobei ihre Stute so regungslos stand wie eine Statue. Als sie dann antrat, fielen Gerald ihre hohen, eleganten Bewegungen auf. Das Mädchen und das Pferd gefielen ihm gleichermaßen, und auch die kleine, dreifarbige Hündin faszinierte ihn. Während des Rittes zu den Widdern erfuhr er, dass Gwyneira die Hündin selbst trainiert und schon diverse Hütewettbewerbe mit ihr gewonnen hatte.
    »Die Schäfer können mich schon nicht mehr leiden«, erklärte Gwyneira mit unschuldigem Lächeln. »Und die Frauenvereinigung hat die Frage aufgeworfen, ob es überhaupt schicklich sei, dass ein Mädchen einen Hund vorführt. Aber was soll daran unschicklich sein? Ich stehe doch nur herum und mache vielleicht mal ein Tor auf und zu.«
    Tatsächlich genügten ein paar Handbewegungen und ein geflüsterter Befehl, um die gut geschulten Hütehunde des Lords auszuschicken. Gerald Warden sah zunächst gar keine Schafe auf dem großen Areal, dessen Zauntor Gwyneira diesmal lässig vom Sattel aus geöffnet hatte, statt einfach darüberzuspringen. Auch dabei bewährte sich das kleinere Pferd; Silkham und Warden wäre es schwer gefallen, sich von ihren großen Tieren herunterzubeugen.
    Cleo und die anderen Hunde brauchten nur wenige Minuten, um die Herde zu sammeln, obwohl die jungen Schafböcke sich viel aufmüpfiger gebärdeten als die ruhigen Mutterschafe. Einige brachen während des Treibens aus oder stellten sich den Hunden sogar kämpferisch entgegen, was die Sheepdogs aber nicht aus dem Konzept brachte. Cleo wedelte begeistert mit dem Schwanz, als sie sich auf einen knappen Ruf hin wieder zu ihrer Besitzerin gesellte. Die Schafböcke standen nun alle in relativ geringer Entfernung. Silkham wies Gwyneira zwei davon an, die Cleo sofort in atemberaubender Geschwindigkeit von den anderen trennte.
    »Die hier habe ich für Sie vorgesehen«, erklärte Lord Silkham seinem Besucher. »Beste Herdbuchtiere, erstklassige Abstammung. Ich kann Ihnen nachher auch die Vatertiere zeigen. Sie wären sonst bei mir in die Zucht gegangen und hätten sicher eine Menge Preise geholt. Aber so ... Ich denke, Sie werden meinen Namen als Züchter in den Kolonien erwähnen. Und das ist mir wichtiger als die nächste Auszeichnung in Cardiff.«
    Gerald Warden nickte ernst. »Worauf Sie sich verlassen können. Prächtige Tiere! Ich kann die Nachzucht mit meinen Cheviots kaum erwarten! Aber wir sollten auch über die Hunde sprechen! Nicht, dass wir in Neuseeland keine Sheepdogs hätten. Aber ein Tier wie diese Hündin und dazu ein passender Rüde wären mir einiges Geld wert.«
    Gwyneira, die ihre Hündin anerkennend gestreichelt hatte, hörte diese Bemerkung. Sogleich warf sie sich zornig herum und funkelte den Neuseeländer an. »Wenn Sie meinen Hund kaufen wollen, verhandeln Sie besser mit mir, Mr. Warden! Aber ich sag es Ihnen gleich: Nicht für all Ihr Geld können Sie Cleo bekommen. Die gehört zu mir! Ohne mich geht sie nirgendwohin. Sie könnten sie auch gar nicht führen, denn sie hört nicht auf jeden.«
    Lord Silkham schüttelte missbilligend den Kopf. »Gwyneira, wie benimmst du dich?«, fragte er streng. »Selbstverständlich können wir Mr. Warden ein paar Hunde verkaufen. Es muss ja nicht dein Liebling sein.« Er blickte Warden an. »Ich würde Ihnen ohnehin zu ein paar Jungtieren aus dem letzten Wurf raten, Mr. Warden. Cleo ist nicht der einzige Hund, mit dem wir Trials gewinnen.«
    Aber der beste, dachte Gerald. Und für Kiward Station war das Beste gerade gut genug. In den Ställen und im Haus. Wenn blaublütige Mädchen doch genauso einfach zu erwerben wären wie Herdbuchschafe! Als die drei zurück zum Haus ritten, schmiedete Warden bereits Pläne.

    Gwyneira zog sich zum Abendessen sorgfältig um. Nach der Sache mit Madame wollte sie nicht noch einmal auffallen. Ihre Mutter hatte ihr eben schon die Hölle heiß gemacht. Dabei kannte sie die Vorträge der Lady längst auswendig: Wenn sie sich weiterhin so wild gebärdete und mehr Zeit in den Ställen und auf dem Pferderücken verbrachte als in den Schulstunden, fände sie nie einen Mann.
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