Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr
Autoren: Wadim Koshewnikow
Vom Netzwerk:
finster:
    „Was ist mit dem Archiv Rudolph Schwarzkopfs?"
    Bruno schaute zu Boden und sagte, ohne auf die Frage einzugehen:
    „Meinen Sie nicht auch, daß Ihre Aktivität den Direktiven widerspricht? Ich an Ihrer Stelle hätte nicht so lebhaftes Interesse daran gezeigt, mit den Dokumenten Schwarzkopfs bekannt zu werden. Funk könnte das mißfallen."
    „Ich wollte doch nur ...", versuchte sich Weiß zu rechtfertigen.
    „Alles verständlich, mein Lieber", unterbrach ihn Bruno gutmütig, „Sie waren fast auf dem richtigen Weg, als Sie Papke empfahlen, über Heinrich von Willi Schwarzkopf Näheres über die Liste der hier Verbleibenden zu erfahren. Sie haben recht, Papke ist ein alter Kommißgaul. Doch die Mängel seines Intellekts werden bei ihm durch seinen außerordentlich entwickelten Argwohn völlig aufgewogen. Das ist seine starke Seite, die Sie nicht kennen, wie Sie nicht wissen, daß Papke ein unbedeutender Gestapomann ist. Nur die höchsten Offiziere in der Gestapo können über solch eine wichtige Liste informiert sein. Weder Papke noch Funk haben dazu Zugang."
    Bruno lächelte Weiß freundlich zu. „Sie brauchen nicht gekränkt zu sein. Übrigens, ich werde in Deutschland wohl vom Truppendienst befreit werden, zumindest haben unsere Ärzte in der Poliklinik einstimmig bestätigt, daß ich aufgrund meines Gesundheitszustandes dazu völlig untauglich bin. Im schlimmsten Falle kommt es auf einen Schreibstubendienst im Hinterland hinaus, wogegen ich nichts einzuwenden habe. Wenn Sie Ihren Freund Heinrich an den alten Bruno erinnern, so wäre das sehr nett." Und lächelnd sagte er: „Ich habe ja auch damals nichts dagegen gehabt, als Sie meiner verstorbenen Tochter den Hof gemacht haben — der Else."
    „Ja, ja, der Else", bestätigte Weiß kleinlaut. „Sie hatte hellblonde Haare, blaue Augen und hinkte ein wenig mit dem linken Bein."
    Als Johann gegen zwei Uhr nachts am Haus Professor Goldblatts vorbeiging, sah er in einem der Fenster noch Licht. Merkwürdig traurig und zornig zugleich drang durch den feuchten Nebel Klavierspiel zu ihm.
    Weiß erinnerte sich, wie Berta einmal zu Heinrich gesagt hatte:
    „Musik ist die Sprache des menschlichen Gefühls. Nur das Tier versteht sie nicht."
    Heinrich hatte gelächelt:
    „Wagner ist ein großer Musiker. Und doch ziehen zu den Klängen seiner Märsche die Sturmabteilungen los, um die jüdischen Stadtviertel zu zerstören ..."
    Berta wurde blaß und murmelte zwischen den Zähnen hervor:
    „Auch die Tiere im Zirkus treten mit Musik auf."
    „Du hältst die Nazis für verachtenswerte Leute und wunderst dich, warum sie ..."
    Berta fiel ihm ins Wort:
    „Ich finde, daß sie für das deutsche Volk eine Schande sind."
    „Und doch", meinte Heinrich eigensinnig, „ist es Hitler, der jetzt Europa seinen Willen diktiert, und nicht irgendwer."
    „Europa! Heißt das auch — der Sowjetunion?"
    „Aber die Sowjetunion hat mit Hitler einen Pakt geschlossen."
    „Und die Rote Armee steht zur Bekräftigung ihrer Friedensliebe an den neuen Grenzen?”
    „Das war ein kluger Schachzug."
    „Das sowjetische Volk haßt die Faschisten."
    Heinrich zuckte verächtlich die Schultern.
    Berta sagte stolz:
    „Ich bin eine Sowjetbürgerin."
    „Gratuliere." Heinrich verbeugte sich spöttisch.
    „Danke", sagte Berta, „und ich nehme diesen Glückwunsch an. Ich habe ein Vaterland, das der Stolz und die Hoffnung aller ehrlichen Menschen auf der Welt ist. Du tust mir leid, Heinrich, aber du mußt wohl noch sehr tief sinken, um ein echter Nazi zu werden, wobei du übrigens keine schlechten Fortschritte machst."
    Johann hatte damals nicht bleiben können, als sein Freund Heinrich sich demonstrativ erhob und zur Tür schritt.
    Als sie auf die Straße hinausgingen, sagte Heinrich verzweifelt:
    „Warum mußte ich mich wie der letzte Schuft aufführen?"
    „Ganz recht, damit hast du dein Benehmen gut eingeschätzt."
    „Aber sie gefällt mir doch!"
    „Warum hast du dann eine so seltsame Art gewählt, ihr deine Sympathie zu zeigen?"
    Heinrich zuckte nervös die Schultern.
    „Es wäre unehrlich, ihr meine Überzeugung zu verbergen."
    „Ist das, was du eben gesagt hast, wirklich deine Überzeugung?"
    „Nein, nicht ganz." Heinrich seufzte. „Ich habe Zweifel. Aber nehmen wir einmal an, ich wäre so, kann Berta sich dann nicht um unsrer Liebe willen mit meinen Anschauungen versöhnen?"
    „Nein, das kann sie nicht", sagte Johann. „Damit brauchst du nicht zu rechnen. Du hast bereits
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher