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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr
Autoren: Wadim Koshewnikow
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der Passagiere lange Jahre vor dem Krieg in der Schule Deutsch gelernt hatten. Und jetzt schauten sie aufmerksam auf diese Erde, auf der Natur und Menschenhand bereits begonnen hatten das, was sich einst Aufmarschgebiet, Grenze, vorderste Linie genannt hatte, in friedliches Land zu verwandeln.
    Auch auf der Bluse Belows gab es, so wie bei den jungen Piloten, keine Orden und Abzeichen. Seine Uniform war genauso neu wie ihre. Der glattrasierte Schädel mit den Spuren kaum verheilter Wunden, die tief eingefallenen Augen, die bitteren Falten um den Mund, die grauen Schläfen — all das erweckte unwillkürlich die Neugier der Passagiere.
    Als ein neben ihm sitzender Oberst sich erkundigte, wieviel Jahre er an der Front gewesen sei und an welchen Schlachten er teilgenommen hatte, war Below ein wenig verwirrt, schwieg und erklärte dann: „Ich war eigentlich so mehr in der Etappe."
    Der Oberst bemerkte belehrend:
    „Als es hoch herging, kamen alle Etappensoldaten ausnahmslos in die vorderste Linie. Und sie haben hervorragend gekämpft. Viele von ihnen habe ich persönlich zu staatlichen Auszeichnungen vorgeschlagen."
    „Ja, natürlich", stimmte ihm Below zu.
    „Also konnte man auch in den faschistischen Lagern leben", entschied der Oberst rätselhaft.
    „Mußte man ..."
    „Und haben Sie es ertragen?"
    „Anscheinend ja", sagte Below.
    Der Oberst drehte ihm schroff den Rücken zu und unterhielt sich nicht mehr mit ihm.
    Below schaute auf den Rücken des Obersten, und plötzlich erinnerte er sich an Subow, erinnerte sich, wie dieser aus dem Flugzeug seinen Fallschirm auf die Startbahn geworfen hatte. Auf den erstaunten Blick Belows hatte er ihm ermunternd zugezwinkert und die Schultern gezuckt: Da kann man nichts machen, das muß eben sein.
    Und jetzt löste sich die Gestalt Subows auf und verschwand. Below sah ein anderes Gesicht — ein nach hinten übergebeugtes, mit einem in die Stirn hängenden Hautlappen. Es war Brunos Gesicht. Bruno bewegte leicht den Kopf, als wenn er stumm das gleiche sagen wollte: Es muß eben sein.
    „Rauchen Sie eine mit?" Zu Below beugte sich ein Panzermajor mit einem neuen goldenen Stern auf der Uniformjacke. Er fügte teilnahmsvoll hinzu: „Anscheinend haben Sie nach sowjetischem Tabak ordentlich Sehnsucht gekriegt?" Er hielt ihm ein Päckchen hin. „Wissen Sie, ich war selbst in Gefangenschaft, aber ich bin geflohen. Eine leichte Verwundung. Als ich wieder zu mir kam, bin ich sofort geflohen ... Aber jetzt ist nur eines wichtig: Man muß das menschliche Leid heilen, das Leben wieder in Gang bringen — es ist alles mächtig heruntergekommen." Er deutete mit der Hand auf das Fenster: „Ich habe zwei meiner Brüder dort gelassen. Ich kehre allein nach Hause zurück. Was werd ich der Mutter sagen: 'Guten Tag! Die anderen sind nicht mehr. Ich aber lebe!' Kann sie sich danach über diesen Stern noch freuen?"
    „Sie haben unrecht", erwiderte Below. „Wenn unsere Leute nicht so unerhörte Heldentaten vollbracht hätten, wären noch mehr Millionen Brüder, Väter, Söhne umgekommen."
    Die Maschine stieß aus der Wolkenschicht, und wieder schien die Sonne. Aus der Kanzel kam der zweite Pilot und erklärte feierlich: „Genossen, wir überfliegen die Staatsgrenze der Sowjetunion." Er wartete einen Augenblick, dann sagte er leise: „Sonst sind einige Frontsoldaten beleidigt, wenn man ihnen nicht mitteilt, daß sie schon in der Heimat sind."
    Below ließ den Blick nicht vom Fenster. Die riesige, von den Schrammen des Krieges durchfurchte Erde des Vaterlandes mit den runden Vertiefungen der Bombentrichter, in denen dunkles Wasser schimmerte, lag im weichen Grün der mächtigen und ausgedehnten Wälder.
    Als Baryschew Below auf den deutschen Flugplatz begleitet hatte, hatte er gesagt: „Also, also gehst du dorthin, wo du deine Auszeichnungen erhältst, und dann, mit allen Orden, in die Leitung. Du weißt, ich bin ein eitler Mensch, und meine Leute sind mein Stolz.”
    Nadja hatte Below beiseite gerufen, die Tasche geöffnet und ihm streng befohlen:
    „Also merken Sie sich: Hier im Papier ist das Hühnchen, rechts vier hartgekochte Eier, die Butter in der Dose, Kakao in der Thermosflasche. Papa hat befohlen: Sie müssen sich unbedingt normal ernähren."
    Below schaute kläglich in ihr wie immer ein wenig arrogantes Gesicht mit der kurzen geraden Nase, den graugrünen Augen:
    „Und Sie?"
    „Was, ich?"
    „Werden Sie nach Moskau kommen?"
    Nadja hob staunend die Schultern.
    „Aber, da ist
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