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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr
Autoren: Wadim Koshewnikow
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Aber wir könnten doch Heinrich bitten, von Willi Schwarzkopf in Erfahrung zu bringen, wie er von denjenigen Personen denkt, die wir ausgewählt haben? Ich schlage das deshalb vor, weil ich weiß, welchen Einfluß Heinrich auf Funk ausübt. Und bei Funk sind Sie nicht besonders gut angeschrieben."
    „Das weiß ich", pflichtete Papke mürrisch bei und sagte unvermittelt mit bewußter Offenheit: „Wir sind noch nicht im Reich, wir erfüllen noch nicht unsere Pflicht gegenüber dem Reich, aber wir beginnen bereits, uns gegenseitig an der Ausübung dieser Pflicht zu hindern. Und warum das alles?" Papkes Lächeln wurde noch vertraulicher. „Also ehrlich gesagt, anfangs habe ich mich zu dir nicht allzu anständig verhalten. Dafür gab es einige Gründe. Aber jetzt hast du mich überzeugt, daß meine Befürchtungen überflüssig waren."
    „Das tut mir sehr leid, Herr Zellenleiter."
    „Was tut dir leid?"
    „Daß ich Sie erst jetzt davon überzeugt habe."
    „Daran bist du selbst schuld. Du hast lange gezögert, bevor du den Entschluß gefaßt hast, dich repatriieren zu lassen."
    „Aber, Herr Papke, ich wollte nicht meine Arbeit bei Rudolph Schwarzkopf verlieren. Er hat mich immer sehr gut bezahlt."
    „Stimmt, wir haben das kontrolliert. Du hast nicht schlecht bei ihm verdient. Wir haben auch dein Sparbuch überprüft. Du hast dein ganzes Geld abgehoben, einen Tag, bevor du den Antrag auf Repatriierung gestellt hast. Du bist ein praktischer Bursche. Es freut mich, daß wir uns einmal nützlich unterhalten haben. Es wird nicht das letztemal sein."
    „Ganz zu Ihren Diensten, Herr Zellenleiter."
    Nachdem Papke weggefahren war, ließ sich Johann erschöpft auf das Bett sinken, das Gesicht mit den Handflächen reibend, ganz so, als wolle er aus ihm den Ausdruck kriecherischer Unterwürfigkeit reiben, mit dem er den Zellenleiter bis ans Werkstattor begleitet hatte.
    Nachlässig schob er mit dem Fuß den Stapel Bücher beiseite und setzte sich an den aus Brettern zusammengefügten kleinen Tisch. Aus der Werkstatt hörte man Schritte. Johann erhob sich schnell und ging hinaus. Vor ihm stand ein alter Mann in schwarzem Regenmantel, der Besitzer eines kürzlich in Reparatur gegebenen Fahrrads.
    Johann bat ihn, das Fahrrad am nächsten Tag zu holen. Doch der Mann ging nicht fort. Er musterte Johann aufmerksam und sagte:
    "Ich habe Ihren Vater gekannt, war er nicht Arzt?"
    „Ja, Feldscher. Er ist 1926 gestorben."
    „Wo liegt er begraben?"
    „Er ist an Typhus gestorben. Die Regierungskrankenhäuser haben damals die Leichen der Verstorbenen verbrannt."
    „Ich erinnere mich seiner noch ziemlich gut. Er war ein leidenschaftlicher Raucher. Nur das eine habe ich vergessen: Rauchte er Pfeife oder Zigarre? Was rauchte doch Ihr Vater?"
    Weiß stand verwirrt da. Er erinnerte sich all der ihm gezeigten Fotografien des Feldschers Max Weiß, doch auf keiner war dieser mit einer Pfeife oder einer Zigarre abgebildet.
    Der Mann sagte rauh:
    „Jetzt erinnere ich mich: Er rauchte eine große Pfeife."
    „Sie irren sich, mein Vater war Arzt und hat mich stets ermahnt, daß Tabak schädlich für die Gesundheit sei."
    „Sicher haben Sie recht. Entschuldigen Sie. Also bis morgen." Weiß brachte ihn zur Tür, schloß die Werkstatt und trat auf die Straße hinaus. Er lenkte seine Schritte dem Hafen zu. Der Regen wurde stärker. Das dunkle Wasser schlug schwer gegen die Betonpfeiler der Anlegeplätze. Fischer in Ölzeug und Südwestern verluden beim Schein von Öllampen ihren Fang in große, flache Körbe. Weiß suchte vor dem Regen unter einem Dach Schutz.
    Ein nicht allzu groß gewachsener Mann in einem alten Tirolerhut trat zu ihm und erkundigte sich höflich nach der Uhrzeit. Weiß antwortete, ohne auf die Uhr zu schauen!
    „Sieben Minuten vor."
    Der Mann, der ebenfalls nicht auf die Uhr sah, rief erstaunt:
    „Stellen Sie sich vor, auf meiner ist es auch so spät. Was für eine Genauigkeit!" Er zog Weiß mit sich und sagte bedauernd: „Typisches Grippewetter. Gewöhnlich nehme ich an solchen Tagen Kalziumtabletten. Nennen Sie mich einfach Bruno." Dann sagte er streng: „Ich glaube, ich brauche Sie nicht daran zu erinnern, daß Sie meiner verstorbenen Tochter den Hof gemacht haben und daß ich bereit war, Sie als meinen Schwiegersohn anzusehen ..."
    „Beabsichtigen Sie, mit mir eine Prüfung abzuhalten?" fragte Weiß unfreundlich. „Eine habe ich heute schon so gut wie hinter mir." „Keineswegs", protestierte Bruno.
    Weiß fragte
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