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Im Koenigreich der Traeume

Titel: Im Koenigreich der Traeume
Autoren: Judith McNaught
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seit ihr Stiefbruder diese schrecklichen Schauermärchen über sie in Umlauf gebracht hatte.
    Sie schickte die Kinder voraus und gab ihnen den strikten Befehl, ohne zu trödeln ins Kloster zu gehen, dann wartete Jenny mitten auf der Straße. Es erschien ihr wie eine Ewigkeit, bis der Reitertrupp endlich die Pferde vor ihr zum Stehen brachte.
    Ihr Vater, der augenscheinlich im Kloster haltgemacht hatte, um Brenna, Jennys Stiefschwester, abzuholen, schwang sich aus dem Sattel und hob auch Brenna vom Pferd. Jenny ärgerte sich über diese Verzögerung, aber dieses ausgesucht höfliche und würdige Benehmen war so typisch für den großen Mann, daß ein schiefes Lächeln über ihr Gesicht huschte. Endlich wandte er sich ihr zu und breitete die Arme aus. Jenny warf sich an seine Brust, umschlang ihn und plapperte aufgeregt: »Vater, du hast mir so sehr gefehlt. Es ist beinahe zwei Jahre her, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe. Bist du auch ganz gesund? Geht es dir gut? Du siehst blendend aus. Du hast dich in der langen Zeit kaum verändert.«
    Lord Merrick löste sanft ihre Arme von seinem Hals und hielt seine Tochter ein wenig von sich, um ihre leicht zerzauste Haarmähne, ihre rosigen Wangen und das schlimm verknitterte Gewand zu betrachten. Jenny wand sich innerlich bei dieser eingehenden Prüfung und betete im stillen, daß er nichts fand, was zu beanstanden war, und daß die Äbtissin ihm bei seinem Besuch im Kloster nur Dinge berichtet hatte, die ihn erfreuten.
    Vor zwei Jahren hatte ihr Verhalten dazu geführt, daß sie ins Kloster geschickt wurde; ein Jahr später war Brenna ihr gefolgt, weil sie dort sicher war, während der Laird in den Krieg zog. Dank der Erziehung der Äbtissin hatte Jenny gelernt, ihre Stärken richtig einzuschätzen und sich zu bemühen, die Charaktermängel zu überwinden. Aber jetzt, da ihr Vater sie von Kopf bis zu den Zehen musterte, fragte sie sich unwillkürlich, ob er die junge Lady sah, die aus ihr geworden war, oder das ungestüme Mädchen von vor zwei Jahren. Seine blauen Augen richteten sich schließlich wieder auf ihr Gesicht, und sie lächelten. »Du bist eine richtige Frau geworden, Jenny.«
    Jennys Herz wurde mit einemmal ganz leicht. Von einem so wortkargen, verschlossenen Vater war eine derartige Bemerkung ein großes Lob. »Ich habe mich auch in anderer Hinsicht verändert, Vater«, versicherte sie, und ihre Augen schimmerten. »Sogar sehr.«
    »So sehr nun auch wieder nicht, mein Mädchen.« Er zog seine struppigen weißen Augenbrauen hoch und warf einen bedeutsamen Blick auf die Haube und den Schleier, die sie noch immer in der Hand hielt.
    »Oh!« Jenny lachte unsicher und erklärte eifrig: »Ich habe Blindekuh gespielt... äh ... mit den Kindern, und die Haube hat gestört, als ich die Augenbinde aufsetzen mußte. Hast du mit der Äbtissin gesprochen? Was hat Mutter Ambrose dir erzählt?«
    Seine dunklen Augen blitzten vor Lachen. »Sie meinte«, erwiderte er ernst, »du hättest die Gewohnheit, dich auf den Hügel zu setzen und verträumt in die Luft zu gucken - das klingt mir sehr vertraut, Kleines. Und du würdest dazu neigen, während der Messe einzunicken, wenn dir die Predigt des Priesters zu lange dauert. Auch das kommt mir bekannt vor.«
    Jennys Mut sank - die Äbtissin, die sie so sehr bewunderte, hatte einen Verrat an ihr begangen. In gewissem Sinne war Mutter Ambrose Laird ihres eigenen Grundbesitzes - sie überprüfte die Steuerabgaben, die für die klostereigenen Ländereien und Viehbestände geleistet werden mußten, führte den Vorsitz bei Tisch, wenn Gäste bewirtet wurden, und regelte alle Angelegenheiten der Laien und Arbeiter, die auf dem Land der herrlichen Abtei ihre Pflicht taten, und auch die der Nonnen, die hinter den hohen Mauern in Abgeschiedenheit lebten.
    Brenna fürchtete sich vor der gestrengen Frau, aber Jenny liebte sie, deshalb traf sie der Verrat schwer.
    Die nächsten Worte ihres Vaters milderten jedoch ihre Enttäuschung. »Mutter Ambrose hat mir auch berichtet«, erklärte er mit unübersehbarem Stolz, »daß du genügend Verstand hast, um selbst Äbtissin sein zu können. Sie sagte, du seist eine Merrick durch und durch und hättest so viel Mut, daß du deinen eigenen Clan anführen könntest. Aber das wirst du nicht«, dämpfte er rasch Jennys Hoffnungen - es war ihr sehnlichster Wunsch, diese Aufgabe eines Tages zu übernehmen.
    Mit Mühe behielt sie das Lächeln bei, um nicht zu zeigen, wie sehr es sie verletzte, dieses
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