Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Koenigreich der Traeume

Titel: Im Koenigreich der Traeume
Autoren: Judith McNaught
Vom Netzwerk:
Aussicht, von einem Bären zerfleischt zu werden, ziemlich verlockend - ihr zukünftiges Leben sicher nur von Düsternis und Versagungen bestimmt, schreckte sie weit mehr. Doch trotz der Tatsache, daß sie im Freien bleiben wollte - ja, fast mußte um ihre wirren Gedanken zu ordnen, schüttelte Jenny den Kopf. Sie wußte, Brenna würde später Todesängste ausstehen, wenn sie der Äbtissin unter die Augen treten mußten. »Nein, wir gehen beide ins Kloster zurück.«
    Ohne auf Jennys Einwand zu achten, nahm Brenna ihre Hand und wandte sich nach links zum Abhang des Hügels, von dem aus man Ausblick auf das Kloster hatte. Zum erstenmal in ihrem Leben übernahm Brenna die Führung, und Jenny folgte ihr.
    Im Wald neben der Straße huschten verstohlen zwei Schatten durch das Dämmerlicht. Sie hielten sich parallel zu dem Pfad, den die Mädchen einschlugen.
    Als sie den steilen Abhang etwa zur Hälfte überwunden hatten, war Jenny es schon ziemlich satt, sich in Selbstmitleid zu baden, und unternahm einen heroischen Versuch, ihren guten Willen zu zeigen und die neu erwachten Lebensgeister weiter zu lüpfen. »Wenn man genauer darüber nachdenkt«, meinte sie und warf einen Blick auf Brenna, »ist es eine großartige und noble Tat, die ich vollbringen darf - ich heirate diesen alten MacPherson, um mein Volk zu retten.«
    »Du bist genau wie Jeanne d'Arc«, stimmte Brenna ihr eifrig zu. »Die hat ihre Gefolgsleute auch heldenhaft zum Sieg geführt.«
    »Ja, nur ich führe niemanden in die Schlacht, ich heirate Edric MacPherson.«
    »Und«, ergänzte Brenna aufgeregt, »du erleidest damit ein viel schlimmeres Schicksal als sie.«
    Ein Lachen blitzte in Jennys Augen auf bei dieser bedrückenden Bemerkung, die ihre gutmeinende Schwester mit solchem Enthusiasmus von sich gab.
    Ermutigt durch Jennys neugewonnene Fröhlichkeit suchte Brenna nach etwas anderem, womit sie die Stiefschwester ablenken und noch mehr aufheitern konnte. Als sie sich dem Gipfel des Hügels näherten, der von dichtem Wald bestanden war, sagte sie plötzlich: »Was hat Vater gemeint, als er sagte, du würdest aussehen wie deine Mutter?«
    »Keine Ahnung«, murmelte Jenny geistesabwesend. Plötzlich fühlte sie sich unbehaglich, als würden sie in der zunehmenden Dunkelheit beobachtet. Sie drehte sich um und ging ein Stück rückwärts, spähte hinunter zum Brunnen und sah, daß sich die Dorfbewohner alle an ihre wärmenden Kochfeuer zurückgezogen hatten. Sie zog schaudernd in dem beißenden Wind ihren Umhang fester um sich und fuhr ohne großes Interesse fort: »Mutter Ambrose sagt, daß meine äußere Erscheinung ein wenig schamlos sei und daß ich auf die Wirkung aufpassen müsse, die ich auf Männer ausübe, wenn ich einmal das Kloster verlasse.«
    »Was hat das alles zu bedeuten?«
    Jenny zuckte sorglos mit den Schultern. »Ich weiß auch nicht.« Sie wandte sich wieder um und ging normal. Erst jetzt erinnerte sie sich an ihre Haube und den Schleier in ihrer Hand und setzte sie auf. »Wie sehe ich eigentlich aus?« erkundigte sie sich, während sie Brenna verwirrt anschaute. »Ich habe mein Gesicht seit zwei Jahren nicht mehr gesehen - nur ein paarmal die Spiegelung in der Wasseroberfläche. Habe ich mich sehr verändert?«
    »O ja.« Brenna lachte. »Selbst Alexander könnte dich jetzt nicht mehr dürr nennen oder behaupten, daß dein Haar dieselbe Farbe wie eine Karotte hat.«
    »Brenna!« fiel ihr Jenny entsetzt über ihre Gefühllosigkeit ins Wort. »Bist du denn nicht traurig über Alexanders Tod? Er war dein Bruder und ...«
    »Sprich nicht darüber«, bat Brenna zitternd. »Ich habe geweint,' als Vater es mir erzählte, aber nur ein paar Tränen. Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich Alexander nicht so gern hatte, wie ich sollte. Früher nicht, und jetzt auch nicht. Ich konnte es nicht. Er war so gemein und niederträchtig. Es ist falsch, schlecht über Tote zu reden, das weiß ich, aber mir fällt nichts Gutes ein, was es über ihn zu sagen gäbe.« Ihre Stimme erstarb, und sie wickelte sich fester in ihren Umhang, um sich gegen die feuchte Kälte zu schützen. Mit einem flehenden Blick forderte sie Jenny auf, das Thema zu wechseln.
    »Sag mir, wie ich aussehe«, verlangte Jenny erneut zu wissen, nachdem sie ihre Schwester kurz und fest umarmt hatte.
    Sie blieben vor dem dichten Wald, der ihren Weg zum Gipfel blockierte, stehen. Ein träges, nachdenkliches Lächeln erhellte Brennas schöne Züge, als sie ihre Stiefschwester eingehend
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher