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Im Koenigreich der Traeume

Titel: Im Koenigreich der Traeume
Autoren: Judith McNaught
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Gelübde noch nicht abgelegt hatten. Was für Männer, dachte Jenny rasend vor Zorn, mußten das sein, wenn sie Hand an Nonnen oder Novizinnen legten, ohne Bedenken oder Angst vor den möglichen göttlichen oder menschlichen Vergeltungsmaßnahmen? Kein normaler Mann würde das wagen - nur ein Teufel und seine Helfershelfer waren zu einer solchen Tat fähig.
    »Die zweite ist immer noch bewußtlos«, sagte Thomas mit boshaftem Lachen. »Schade, daß wir keine Zeit haben, unsere Beute auszuprobieren. Obwohl - wenn ich die Wahl hätte, würde ich den kleinen Leckerbissen vorziehen, den du so gut verpackt hast, Stefan.«
    »Deine ist die schönere von beiden«, erwiderte Stefan kalt, »und du probierst gar nichts aus, bis Royce entschieden hat, was mit den Mädchen wird.«
    Jenny erstickte fast an ihrer Angst und gab einen leisen Laut des Entsetzens von sich, aber niemand hörte sie. Sie flehte Gott an, ihre Entführer mit einem Blitz zu erschlagen, doch auch Gott schien sie nicht zu hören, und die Pferde trotteten endlos weiter und bereiteten ihr bei jeder Bewegung böse Schmerzen. Sie betete darum, daß ihr ein Fluchtplan einfallen möge, aber ihre Gedanken waren viel zu beschäftigt mit den unheimlichen Geschichten über den Schwarzen Wolf, die ihr jetzt die reinsten Höllenqualen bereiteten. Er macht keine Gefangenen, es sei denn, er hat vor, sie zu foltern. Er lacht, wenn seine Opfer vor Schmerzen schreien. Er trinkt ihr Blut...
    Bittere Galle stieg in Jennys Kehle auf, aber sie betete weiter- nicht mehr um eine Gelegenheit zur Flucht, denn sie wußte im Grunde ihres Herzens, daß es kein Entrinnen gab. Statt dessen wünschte sie sich einen schnellen Tod und daß sie dem stolzen Namen ihrer Familie keine Schande machte. Die Stimme ihres Vaters dröhnte noch in ihren Ohren: Während einer Zusammenkunft in der Halle hatte er einmal seinen Stiefsöhnen, als sie noch sehr jung waren, klargemacht: Wenn es Gottes Wille ist, daß ihr in der Gewalt des Feindes sterben müßt, dann seht eurem Schicksal tapfer entgegen. Sterbt kämpfend wie die Krieger. Wie echte Merricks! Sterbt im Kampf...
    Diese Worte hallten in ihrem Kopf wider, und als die Pferde langsamer wurden und Jenny in der Feme die Geräusche eines großen Heerlagers hörte, wich die Angst rasendem Zorn. Ich bin viel zu jung, um zu sterben, dachte sie, das ist nicht gerecht! Und die liebe, sanftmütige Brenna sollte dem Tod ebenfalls ins Auge sehen. Auch das war wohl ihre, Jennys, Schuld. Sie mußte dem lieben Gott mit schwer belastetem Gewissen gegenübertreten. Und all das nur, weil sich ein blutrünstiges Ungeheuer in diesem Land herumtrieb und alles, was seinen Weg kreuzte, zerstörte.
    Ihr Herz schlug noch wilder, als die Pferde plötzlich stehen blieben. Metall klirrte, Leute liefen herum, und dann hörte sie die Stimmen der Gefangenen - Männer, die um Gnade flehten. »Hab Erbarmen, Wolf - Gnade, Wolf...« Das schreckliche Winseln wurde zu lautem Geschrei, als Jenny ohne viel Aufhebens vom Pferderücken gezerrt wurde.
    »Royce«, rief Stefan, »komm her - wir haben dir was mitgebracht!«
    Immer noch mit dem Umhang über dem Kopf und festgebundenen Armen, wurde Jenny über die Schulter ihres Entführers geworfen. Sie hörte, wie Brenna neben ihr ihren Namen schrie, als man sie beide wegschleppte.
    »Sei tapfer, Brenna«, beschwor Jenny ihre Schwester, aber ihre Stimme wurde von dem Umhang erstickt, und sie wußte, daß Brenna kein Wort verstehen konnte.
    Jenny wurde unsanft auf den Boden gestellt und weiter geschubst. Ihre Beine waren taub. Sie taumelte und fiel hart auf die Knie. Stirb wie eine Merrick. Bleib mutig bis zum Tod. Stirb im Kampf , schwirrte es ihr durch den Kopf, als sie vergeblich versuchte, auf die Füße zu kommen. Über ihr ergriff zum erstenmal der Wolf das Wort - Jenny wußte sofort, daß diese rauhe, hitzige Stimme nur zu ihm gehören konnte - eine Stimme, die aus dem Mittelpunkt der Hölle zu kommen schien. »Was ist das? Hoffentlich was zu futtern.«
    Man sagt, er ißt das Fleisch der Menschen, die er getötet hat ... Der junge Thomas hatte das berichtet, und jetzt, als Brenna kreischte und die Gefangenen jammerten, erinnerte sich Jenny wieder daran. Der Strick, mit dem sie gefesselt war, wurde aufgeschnitten. Von den beiden Dämonen Furcht und Wut getrieben, stand sie schwankend auf, und ihre Arme kämpften verbissen mit dem Umhang. Sie sah aus wie ein außer Rand und Band geratenes Gespenst, das sein Totenhemd loswerden wollte. Im
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