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Im Jenseits ist die Hölle los

Titel: Im Jenseits ist die Hölle los
Autoren: Arto Paasilinna
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die ganze Sache glaubten? Wie kann so etwas möglich sein?«
    Der Papst erklärte ganz ruhig:
    »Die Sache ist die: Hätte ich an all das geglaubt, was ich verkündete, hätte ich dann wohl ein solches Ding losgetreten? Ich war, als ich noch lebte, schließlich ein vorsichtiger Mensch und hätte mich niemals erkühnt, mich zum irdischen Vertreter eines allmächtigen Gottes auszurufen, an dessen Existenz ich wirklich glaubte. Als ich jedoch zu dem Ergebnis gekommen war, dass es wohl doch keinen Himmel und auch keinen Gott im Sinne der Religion gibt, fiel mir die Entscheidung leicht: Ich riskierte überhaupt nichts, ich musste nur meine persönlichen Zweifel für mich behalten. Wäre es etwa besser gewesen, ich hätte vom Vatikan aus Gottlosigkei­ ten in die Welt posaunt? Hätte ich mich vielleicht öffent­ lich zum Atheisten erklären sollen? Das hätte den Zu­ sammenbruch der päpstlichen Macht bedeutet und die politischen Verhältnisse in ganz Europa erschüttert. Und das wollte ich auf keinen Fall. Ich dachte mir, ich verwalte die Angelegenheiten der römisch-katholischen Kirche auf meine Art, und wenn ich dann sterbe, schaue ich, wie es mir ergeht. Wie ihr seht, ist es mir durchaus nicht übel ergangen. Ich bin auch unter hiesigen Bedin­ gungen noch eine angesehene Persönlichkeit, und dar­ über bin ich natürlich nicht böse. Ich fühle mich wohl. Der Mensch muss es verstehen, für sich selbst alles zum Besten zu regeln, ob er nun lebendig ist oder tot.«
    Der Papst saß lange schweigend da. Hinnermäki war völlig verwirrt. Er grübelte heftig über die päpstlichen Worte nach. Was mich anging, war ich durch dieses Gespräch nicht gerade frommer geworden.
    Ich musste jedoch zugeben, dass der Papst auf seine Art Recht hatte. Zumindest war er ehrlich und nicht durch und durch schlecht. Er sah mir in die Augen und sagte:
    »Solche Gespräche habe ich schon tausende Male ge­ führt, und es war garantiert nicht das letzte. Du kannst sicher sein, dass ich mich lieber über andere Dinge mit dir unterhalten würde. Möchtest du mir nicht, da ich schon mal hier bin, gemeinsam mit dem Propst deine Heimatstadt zeigen? Leider spreche ich kein Finnisch und brauche daher einen Fremdenführer. Ich habe gehört, dass ihr Finnen eine Reinigungsanstalt habt, die Sauna genannt wird und in der man scharenweise nackte Frauen treffen kann. Könnten wir nicht mal einen Blick riskieren? Man sagt, dass eure Frauen sehr schön sind.«
    Ich sagte, dass es jetzt im Winter schwer sein dürfte, in Scharen saunierende Frauen zu finden. Hinnermäki erklärte jedoch sofort, das sei sicher kein Problem. Was die Schönheit der finnischen Frauen betraf, hielt ich der Wahrheit halber eine nähere Erläuterung für ange­ bracht: »Wer Blondinen schön findet, dem gefallen viel­ leicht die finnischen Frauen. Aber ich warne vor zu großen Erwartungen. Die Finninnen haben, im Verhält­ nis zum Rücken, auffallend kurze Beine, und zu allem Überfluss haben viele noch knotige Knie.«
    »Das macht nichts, Hauptsache, sie sind blond«, sagte der Papst friedfertig.
    29
    Propst Hinnermäki flüsterte mir nervös zu: »Wenn ich gewusst hätte, dass der Papst Helsinki kennen lernen will, hätte ich für ihn ein repräsentatives Besuchspro­ gramm organisiert… Jetzt müssen wir notgedrungen improvisieren. Zum Glück kann ich Latein, sodass Eminenz nicht die ganze Zeit Englisch sprechen muss.«
    Hinnermäki begann dem Papst das Viertel am Se­ natsplatz zu erklären. Er erzählte von der viereckigen Anlage der Altstadt und von deren genialem Architekten Engel. Dann zeigte er auf das Sederholm’sche Haus an der Ecke:
    »Das dort ist das älteste Steinhaus in Helsinki. Man plant, den finnischen Schriftstellern darin Räume zur Verfügung zu stellen; wir haben ja immer noch kein Literaturhaus in der Stadt.«
    »Ich finde es ausgezeichnet, dass sich eure Stadtver­ waltung der Bedeutung eines solchen Hauses bewusst ist. Die nationale Kultur braucht Taten, nicht Worte. Auch im Vatikan sammeln sich Kunstschätze aus der ganzen Welt; die Bedeutung der Kirche als Ort für Kunst wächst im gleichen Maße, in dem die päpstliche Macht bröckelt.«
    Wir gingen die Aleksanterinkatu hinunter zur Skulp­ tur der drei Schmiede. Hinnermäki gestattete sich, eine kleine Anekdote darüber zu erzählen:
    »Diese drei Schmiede beginnen den Sockel mit ihren Hämmern zu bearbeiten, sowie ein Mädchen vorbeigeht, das älter als siebzehn und noch Jungfrau ist.«
    Der Papst
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