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Im Jenseits ist die Hölle los

Titel: Im Jenseits ist die Hölle los
Autoren: Arto Paasilinna
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nicht mehr so heftig gegen das kleine Mütterchen wetterte, wie er es vorher getan hatte. Reue war von ihm wohl nicht zu erwarten, sodass ich diese verstockte Seele schließlich in Ruhe ließ.
    Ich beschloss, für eine Weile nach Helsinki zurückzu­ kehren, denn die ständige Nachtarbeit hatte mich er­ schöpft. Man sollte nicht glauben, dass das bei einem Toten möglich ist, aber auch geistige Arbeit zehrt an den Kräften. Außerdem erforderte diese Tätigkeit Konzentra­ tion. Die menschliche Psyche zu beeinflussen bedingt Sorgfalt und Verantwortungsgefühl, und in übermüde­ tem Zustand begeht man leicht Fehler. Beschert man einem empfindsamen, sorgenbeladenen Menschen einen schlecht vorbereiteten Traum, kann das für lange Zeit dessen Seelenfrieden erschüttern.
    Ich hatte also Grund, mir ein wenig Erholung zu gön­ nen. Außerdem wollte ich wissen, ob Propst Hinnermäki etwas von Elsa gehört hatte. Ich sehnte mich wirklich sehr nach ihr.
    28
    Hinnermäki stand verdrießlich auf dem Friedhof von Malmi. Als ich mich erkundigte, was ihn bedrückte, sagte er niedergeschlagen:
    »Das war ein schlechter Herbst… so gut wie keine To­ desfälle… Möglicherweise kommt es daher, dass den Menschen beim geringsten Anlass Penicillin verabreicht wird; sie erkälten sich nicht mehr so leicht wie früher. Die übliche Grippeepidemie ist in diesem Herbst aus­ geblieben, sodass hier in Malmi nur wenige Begräbnisse stattfanden. Ich habe schon erwogen, nach Honkanum­ mi zu gehen, vielleicht ist dort mehr Betrieb, angeblich ist es der Friedhof der armen Leute.«
    Aber er hatte auch eine erfreuliche Nachricht: »Der Papst ist wieder in der Stadt, er hat gestern nach
    dir gefragt. Ich konnte ihm nicht sagen, wo er dich finden kann, und so bat ich ihn, auf dich zu warten.«
    Papst Pius IX. war also in Helsinki. Ich beschloss, ihn sofort zu treffen. Hinnermäki wollte gern mitkommen, er fand die Aussicht großartig, sich mit dem Papst unter­ halten zu können. Mir war es recht, ein Propst würde bei dem Treffen gewiss nicht stören. Allerdings untersag­ te ich ihm, sich in unser Gespräch einzumischen. Ich hatte dem Papst nämlich einiges zu sagen, da mich der Fall Hemminki Läntsä immer noch sehr beschäftigte. Propst Hinnermäki versprach, sich im Hintergrund zu halten.
    Der Papst saß auf dem Senatsplatz, auf dem Sockel des Denkmals von Alexander II. und beobachtete die Helsinkier, die vorbeikamen. Er wirkte munter und keineswegs ungnädig, obwohl ein strammer Wind blies und es dazu heftig schneite. Als er mich sah, erhob er sich würdevoll, um mich zu begrüßen.
    »Sieh da, mein Sohn, du erinnerst dich also noch an deinen alten Bekannten aus dem heißen Süden! Ich habe diese Stadt mehrmals besucht, um dich zu treffen, aber jedes Mal sagte der Propst, du seiest ›unterwegs‹.«
    Wir setzten uns auf die Domtreppe, der Papst und ich nebeneinander, Propst Hinnermäki ein paar Stufen weiter unten. Erst plauderten wir ein wenig, tauschten uns über unser Befinden aus, und dann kam ich zur Sache.
    Ich erzählte meine Erlebnisse aus dem Norden: dass ich gelernt hatte, den Menschen Träume zu bringen, und dass ich ein nettes altes Mütterchen kennen gelernt hatte, das vorläufig noch lebte und dessen Situation mir zu Herzen ging. Ich berichtete dem Papst, dass diese liebe alte Frau roh aus ihrer religiösen Gemeinschaft ausgestoßen worden war und dass sie darunter sehr litt.
    »Sind die Bewohner Lapplands katholisch?«, fragte der Papst interessiert.
    »Nein, sind sie nicht«, musste ich zugeben. »Und sie sind eigentlich auch nicht im rein lutherischen Sinne gläubig, sondern sie gehören einer selbstständigen religiösen Sekte an, die unter dem Mantel der Kirche tätig ist. Man nennt sie Altlaestadianer, nach einem Prediger namens Lars Levi Laestadius, der im vergange­ nen Jahrhundert in Lappland gewirkt hat.«
    Der Papst stutzte: Was gingen ihn die Angelegenhei­ ten der Lutheraner, geschweige denn die von irgendwel­ chen Sektenmitgliedern an? Er war schließlich, als zweiter Mann gleich nach Jesus, geistiger Führer einer ganz anderen Kirche, nämlich der römisch-katholischen gewesen.
    Ich wies darauf hin, dass alle Christen an denselben Gott glaubten. Erregt beklagte ich, dass der Papst und auch alle anderen Geistlichen verweltlicht, dass sie machtgierig und ungerecht seien und sich um ihre menschliche Verantwortung drückten, sogar noch nach dem Tod.
    Propst Hinnermäki fühlte sich als Zeuge meiner Attacke
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