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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation
Autoren: Jan Guillou
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daß die Geräte, ausschließlich der Marke IBM, für ein auf einfachere Buchhaltungsprogramme und Beratungsaufträge spezialisiertes Unternehmen reichlich teuer und kompliziert waren.
    Es war Carl Gustav Gilbert Hamiltons neuer Arbeitsplatz. Man hatte ihn vor kurzem zum Korvettenkapitän befördert, aber er trug niemals Uniform. Das tat auch keiner seiner Kollegen beim SSI, dem geheimsten Teil des militärischen Nachrichtendienstes Schwedens.
    Nach außen war er Chef des Unternehmens, was auch kein Wunder war, da er juristisch dessen Eigentümer war und die Firma seinen Namen trug. Das Arrangement war außerordentlich praktisch. Er hatte persönlich etwa sechs Millionen Kronen investiert, die von den Streitkräften dann mit entsprechender Genehmigung der sogenannten »Nachrichtendienst-Revision« an ihn zurückgezahlt worden waren. Hingegen gab es nichts, was die Streitkräfte des Landes sichtbar mit dem Unternehmen in Verbindung brachte. Es erschien vielmehr als eine völlig logische Konsequenz aus Carls ziviler Ausbildung an der University of California in San Diego sowie seinen guten finanziellen Verhältnissen.
    Die möglichen Verluste des Unternehmens auf dem kommerziellen Markt sowie Carls persönliches Gehalt wurden auf dem gleichen Weg erstattet wie die Investitionskosten. Dabei war beabsichtigt, daß das Unternehmen sich zu gegebener Zeit selbst tragen sollte. Über die Verwendung eines eventuellen Gewinns hatte man noch nicht entschieden, und Carls Vorschlag, ihn als Gratifikation an die Angestellten auszuzahlen - sowohl an die Zivilangestellten als auch an das rein militärische Personal -, war auf grundsätzliche Einwände gewerkschaftlicher Art gestoßen. Andererseits war diese Frage nicht sonderlich dringend, da ein Gewinn im Lauf der nächsten Jahre undenkbar erschien.
    Man hatte zivile Bürozeiten eingeführt. Die Arbeit begann folglich um Punkt 9 Uhr. Carl fand sich regelmäßig um 8.55 Uhr ein, so auch an diesem Freitagmorgen, als er in seiner Eigenschaft als Chef durch die äußeren Teile des Büros spazierte, um in dem Moment zum Untergebenen zu werden, in dem er durch die codegesicherte und getarnte Tür trat, die zu seinem eigentlichen Arbeitsplatz führte. Sein Chef war Kapitän zur See; in dieser neuen Sektion des schwedischen Nachrichtendienstes hatten Marineoffiziere ein deutliches Übergewicht.
    Bei oberflächlicher Betrachtung schien Carl sich in seiner neuen Arbeit wohl zu fühlen, und seine periodisch auftretenden Depressionen kämpfte er mit hartem Willen und noch mehr Arbeit nieder. Seinem Chef, dem Kapitän zur See, war es nicht entgangen, daß Carl von Zeit zu Zeit mehrere Tage hintereinander stumm dasaß, in seine Arbeit versunken. Jedoch erschien es nicht unnatürlich, daß ein Mann, dessen Ausbildung sich hauptsächlich auf die Feldarbeit konzentriert hatte, Datenanalyse und -Verarbeitung langweilig fand. Das war jedoch ein Mißverständnis, das auf völliger Verkennung von Carls Gefühlen beruhte. Carl hatte unangenehme Erinnerungen an seine Feldarbeit, und das, womit er sich jetzt beschäftigte, erschien sowohl ihm selbst als auch seinem speziell abkommandierten Psychiater als Balsam für die Seele.
    Jedenfalls war er jetzt zu Hause. Er war dem Irrenhaus oben auf Kungsholmen entronnen, der Sicherheitspolizei, für die er aus mancherlei Gründen drei Jahre hatte arbeiten müssen. Jetzt war er das, was er von Anfang an hätte sein sollen, von dem Moment an, als der Alte ihn während der Marinetaucherausbildung in Karlskrona buchstäblich aus dem Wasser gefischt hatte. Jetzt war er Offizier beim militärischen Nachrichtendienst und der künftige Chef der besonderen Operationsabteilung. In einigen Jahren würde diese Operationsabteilung mit ihrer Arbeit beginnen können. Dann würde er vermutlich zum Fregattenkapitän befördert werden. So schien alles aufs beste geordnet zu sein.
    Als der Alte zum erstenmal vorgeschlagen hatte, man solle Carl einen Psychiater besorgen, hatte sich Carl heftig gewehrt. Doch der Alte nahm sich einen Abend lang Zeit, und am Ende gelang es ihm, Carl zu überzeugen.
    Sie saßen auf der Apfelplantage in Kivik am Kamin; es war Carls dritter Besuch innerhalb kurzer Zeit. Beiden fiel es leicht zu verstehen, warum ihr Verhältnis einer Vater-Sohn-Beziehung immer ähnlicher geworden war. Denn erstens war Carl sozusagen die Schöpfung des Alten, die Umsetzung einer Idee, die der frühere Chef schon zu einer Zeit gehegt hatte, in der das SSI noch IB geheißen
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