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Im Informationszeitalter

Im Informationszeitalter

Titel: Im Informationszeitalter
Autoren: Stanislaw Lem
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Tonart geschrieben, da es andernfalls wie ein Requiem für die Technologie klingen würde, wie ein pompe fünebre, wie ein MENETEKEL.
    IV - Die zwei Hälften der Zukunft
    Zum Schluß muß ich noch etwas bekennen. Ich war keineswegs ein allwissender Prophet der kreativen technischen Explosion mit einem wunderbar sonnigen Avers und einem schwarzen und düsteren Revers. Ich habe mich keineswegs vor fast fünfzig Jahren hingesetzt und überlegt, wie ich der Menschheit sage, was sie im Guten und im Bösen in den unvermeidlich kommenden Zeiten erwartet. Ich habe nicht das Gute vom Bösen schlau so getrennt, daß die guten Nachrichten seriös, mit vollem Ernst, in den sogenannten Sachbüchern mitgeteilt werden, während ich die schlechten, fatalen Prognosen dagegen mit dem Zuckerguß der Spielerei überzog, sie mit einem Zwinkern so erzählte, wie man verrückte Witze erzählt. So war es überhaupt nicht. Als ich mit dem Schreiben begann, gab es in meinem Kopf keine bewußt auf die Zweiteilung meines Schreibens gerichteten Gedanken - in meinem Bewußtsein, sage ich vorsichtig.
    Diese Aufteilung ergab sich irgendwie von selbst, und erst jetzt, am Ende meiner schriftstellerischen Arbeit, kann ich dieses aus zwei Hälften zusammengesetztes Ganzes erkennen, das beinahe zufällig, fast instinktiv, als ob mich etwas geführt hätte, woran ich gleichzeitig nicht glaube, entstanden ist. Es war vielleicht ein genius temporis. Ganz einfach, ICH WEISS ES NICHT. Fragen Sie mich nicht mehr nach diesen Ursprüngen meines gesamten Schreibens. Wenn ich noch etwas dazu als Erklärung
    bemerken könnte, würde ich dies bereits jetzt gern tun, aber ich kann es nicht.
    Informationsbarriere?
    Stanislaw Lem 03.01.1997
    Über die Informations sintflut wird allerorten geklagt. Einen Weg zurück gibt es nicht mehr. Träumen die einen von intelligenten Agenten, also schlauen Dienern, die einem die Qual der Wahl abnehmen sollen, machen die anderen dicht oder lassen sich von unsinnigen Informationsmengen überschwemmen. Stanislaw Lem überlegt, ob die gezündete “Megabitbombe” nicht nur auf Grenzen der menschlichen Kapazität, sondern auch auf eine technische Barriere stößt. Die allmähliche Ersetzung der menschlichen Kognition durch intelligente Systeme hat für ihn jedenfalls eine Folge - die mögliche Frühpensionierung der meisten Menschen.
    In dem Buch Summa Technologiae , das jetzt bereits gute dreißig Jahre zählt, habe ich die metaphorischen Begriffe Megabitbombe und Informationsbarriere eingeführt. Der Schlüssel zu Erkenntnisressourcen ist, so schrieb ich damals, die Information. Der rasante Anstieg der Anzahl der Wissenschaftler seit der industriellen Revolution hat das bekannte Phänomen verursacht, daß die Informationsmenge, die durch einen der Kanäle der Wissenschaft gesendet werden kann, begrenzt ist. Die Wissenschaft stellt einen Kanal dar, der die Zivilisation mit der nichtmenschlichen und der menschlichen Welt verbindet. Der Anstieg der Anzahl der Wissenschaftler bedeutet eine Erweiterung der Kapazität dieses Kanals. Dieser Prozeß kann jedoch, wie jedes exponentielle Wachstum, nicht über eine beliebig lange Zeit weitergehen. Wenn es an Kandidaten für die Wissenschaft mangelt, wird die
    Grenzen der Informationsverarbeitung
    Hat sich an diesem Bild nach dreißig Jahren etwas geändert? Zuerst möchte ich bemerken, daß mehrmals Versuche unternommen wurden, die absolute Leistungsfähigkeit der “Endgeneration” des Computers entsprechend der in der Physik bekannten absoluten Geschwindigkeit, d. h. der Lichtgeschwindigkeit, wie man heute annimmt, zu berechnen. Die Ergebnisse der Schätzungen wichen jedoch substantiell voneinander ab.
    Man hat mit der Annahme von Werten, die für die Physik spezifisch sind, also mittels der Lichtgeschwindigkeit und der Unbestimmtheitsrelation gemäß der Planckschen Konstante, berechnet, daß der leistungsfähigste Computer, der die Daten mit der maximal erreichbaren Geschwindigkeit verarbeitet, ein Würfel mit einer Kantenlänge von drei Zentimeter wäre. Eine bei diesen Annahmen unausgesprochene Prämisse war jedoch eine ausschließlich iterative Weise der Berechnung, die in ihrer einfachsten Form den Turing-Automat charakterisiert, der nur einen der beiden Zustände annehmen kann: Null oder Eins. Man kann jede Berechnung jedes linear prozessierenden Computers mit dem einfachsten Turing-Automaten ausführen, nur benötigt ein Turing-Automat dafür eine Ewigkeit, was ein Cray in einem
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