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Im Feuer der Begierde: Roman (German Edition)

Im Feuer der Begierde: Roman (German Edition)

Titel: Im Feuer der Begierde: Roman (German Edition)
Autoren: Jeaniene Frost
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Gehen quietschte, hätte ich mir durchaus vorstellen können, den Anzug häufiger zu tragen. Seit meinem vierzehnten Lebensjahr hatte ich mich nicht mehr unter Leute wagen können, ohne befürchten zu müssen, dass ich ihnen versehentlich wehtat. Hätte ich damit nicht zu viel Aufsehen erregt, hätte ich womöglich noch irgendeinen Fremden umarmt, nur weil ich das sonst nicht konnte.
    Die Sache hatte allerdings einen entscheidenden Haken. Meinen Blutdurst. Überall um mich herum pulsierte in unzähligen Adern der köstliche Nektar, nach dem ich jetzt gierte wie nach einer Droge. Unter normalen Umständen hätte ich mich allmählich wieder an den Kontakt mit Menschen gewöhnt, bis ich meine Gier ganz unter Kontrolle hatte. Zur Rushhour eine Metrostation zu besuchen, war also ein gewagter Sprung ins kalte Wasser für mich. Mehr als einmal kamen meine Fänge abrupt hervorgeschossen, und ich musste mir hastig einen Trinkbecher vor die Lippen halten, um sie zu verbergen. Wie gut, dass Vlad den Trick mit dem Kaffee vorgeschlagen hatte.
    Das unangenehme Odeur, das mich umgab, dämpfte meinen Appetit zumindest ein wenig. Die Menschenmassen und verschiedenen Abschnitte der Gänge brachten die unterschiedlichsten Gerüche mit sich. In einigen Bereichen des Bahnhofes duftete es nur wenig besser als in Vlads Kerker. Als ich das erste Mal an einer öffentlichen Toilette vorbeikam, hätte ich fast gekotzt.
    Mit einem Quietschen kam ein Zug der Linie M1 zum Stehen. Ich nippte an meinem Kaffee und sah zu, wie die Menschenmassen ein- und ausstiegen, besonders die Frauen. Keine Spur von üppigem walnussbraunem Haar oder verräterisch milchig weißer Haut, und die einzigen Vibrationen, die ich spürte, kamen von den Stromschienen. Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Achtzehn Uhr neunundfünfzig. Zeit, mir die Station Basarab vorzunehmen.
    Ja, nach Vlad war eine Metro-Station benannt worden. Kein Wunder, dass er im Voraus gewusst hatte, wo Cynthiana sich mit Shrapnel würde treffen wollen. Auf der Seite der Linie M1 war der Bahnhof in schlichten Weiß- und Grautönen gehalten, aber die Seite, auf der die M4 fuhr, hatte orangefarbene Wände, schwarzen Granitboden und gelbe Neonlichter.
    Irgendetwas sagte mir, dass ich Cynthiana in dem Teil mit den grelleren Farben finden würde. Wenn ihre Leuchtkraft mich an Vlad erinnerte, würde ihr das vermutlich genauso gehen.
    Die Leidenschaft für diesen Mann hatten wir immerhin gemeinsam.
    Mit einem weiteren ohrenbetäubenden Kreischen fuhr ein Zug der Linie M4 ein. Ich lehnte mich an eine der breiten Säulen, sodass mein Haar einen Teil meines Gesichts verdeckte, und studierte die Pendler. War es die Brünette da drüben? Nein, die hatte einen entzündeten Pickel, so etwas bekamen Vampire nicht. Vielleicht die Frau mit der Baseballkappe … Nein, nicht mit dieser vom schnellen Laufen köstlich pochenden Ader am Hals.
    Ich schimpfte leise, als meine Fänge wieder hervorgeschossen kamen. Jetzt wusste ich, wie sich Jungs im Teenageralter fühlten, wenn sich ihr bestes Stück ungefragt bemerkbar machte. Ich tat, als würde ich einen langen Schluck aus meinem Kaffeebecher nehmen, während ich mich stumm bemühte, meine Fänge wieder einzufahren, und da spürte ich es … eine Machtaura, unsichtbar und doch stark, wie eine Parfumwolke, und sie kam direkt auf mich zu.
    Mir weiter den Kaffeebecher vors Gesicht haltend, versuchte ich, die Quelle der Vibrationen auszumachen. Nicht dort, da auch nicht … da . Oh ja, diesen üppigen walnussbraunen Haarschopf würde ich überall erkennen, ganz zu schweigen von dieser gleitenden Anmut, die diese Frau wie eine Ballerina aus einer Rinderherde hervorstechen ließ.
    Mit meiner behandschuhten Hand drückte ich einen Knopf an meiner unter meinem Schal verborgenen Verkabelung und flüsterte drei Worte ins Mikrophon.
    »Sie ist da.«
    Dann starrte ich einfach nur noch die Frau an, die mein Leben so auf den Kopf gestellt hatte, und die ich jetzt zum ersten Mal wirklich in Augenschein nehmen konnte. Eigentlich war sie alles andere als attraktiv. Ihr Mund war zu breit, die Nase eine Spur zu lang; ihre Wangenknochen lagen so hoch, dass es aussah, als hätte ein Schönheitschirurg nachgeholfen. Alles zusammen allerdings ergab eine Schönheit, die schwer zu vergessen war, weil sie nichts im landläufigen Sinne Hübsches an sich hatte, eher etwas Stolzes und Markantes, von dem man nur schwer den Blick abwenden konnte.
    Und genau daran erkannte ich sie, obwohl wir
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