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Im falschen Film 1

Im falschen Film 1

Titel: Im falschen Film 1
Autoren: Vanessa Mansini
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überdimensionalen Fernseher angeschlossen war.
    „Was haste denn da eingekauft?“
    Er deutete auf die zahllosen hübschen Tüten, die ich mit mir herumschleppte und die mir einen Hauch von Carrie aus „Sex and the City“ verliehen. Eine Serie, die wir nach Christians Aussage beide albern fanden. Nur komisch, dass ich mich an jede Folge davon erinnerte.
    „Mh, du, ich … Ich brauchte einfach ein paar Sachen.“
    „Und wer bezahlt die?“
    „Ich geh’ doch arbeiten.“
    Er lachte verächtlich. Ich schluckte. Natürlich hatte ich noch überhaupt keinen Überblick über meine oder unsere Finanzen. Ich hatte eine Kreditkarte in meinem Portemonnaie gefunden und sie einfach benutzt. Dabei war meine Hauptsorge gewesen, ob ich die Unterschrift richtig hinbekommen würde – aber das ging erstaunlicherweise gut. Wahrscheinlich war es wirklich doof von mir gewesen, das Geld auszugeben.
    „Dafür musst du mir nichts zu Weihnachten schenken“, sagte ich versöhnlich.
    Er sagte nichts. Ich deutete auf die immer weiter aus dem Drucker quellenden Zettel mit dem Bild unseres Autos.
    „Noch kein Glück bei der Suche?“
    Ich lächelte ihn süß an.
    „Nein“, sagte er leicht genervt.
    „Ich kann ja auch ein paar aufhängen.“
    „Das wäre nett.“
    „Du, es tut mir echt leid, dass ich nicht mehr weiß, wo das Auto steht.“
    „Schon okay.“
    Er war schon fast wieder freundlich. Ich nahm ein paar von den Zetteln und verzog mich mit der Beute des Tages ins Wohnzimmer. Nach einem ausgiebigen Bad und einigen notwendigen Arbeiten an meinem Körper schlief ich an diesem Abend zum ersten Mal seit meinem Erwachen schnell ein – ohne endloses Grübeln darüber, wie mein Leben früher ausgesehen hatte und wie es nun weitergehen könnte. Es waren nicht nur der Prosecco und das warme Wasser, die mir einen tiefen Schlaf schenkten, es war eine neue Erfahrung: Glücklichsein.

11
    Am nächsten Morgen war ich eine halbe Stunde zu früh im Barcomi’s – dem mit Kaffeeduft durchzogenen Café, in dem ich mit Tom verabredet war. Ich war schon seit halb sieben wach. Ausgeschlafen und aufgeregt. Und obwohl ich schon am Vorabend ein persönliches Wellnessprogramm durchlaufen hatte, war es auch am Morgen wieder mehr als eine Stunde, die ich im Bad zugebracht hatte. Endlich hatte ich auch das Pflaster an der Stirn entfernen können. Bei der verbliebenen kleinen Wunde unter meinem Scheitel musste ich zunächst an Harry Potter denken. Ich fand aber letztlich, dass es mir stand und mir einen etwas verwegenen Look verlieh. Vor allem hatte ich endlich einmal eine richtige Frisur. Als Christian mich in meinem neuen Outfit sah und tatsächlich beeindruckt war, hatte ich doch ein wenig Sorge, dass mein Vorhaben zu offensichtlich war. Aber Christian schien nicht so weit zu denken und wurde Gott sei Dank auch schnell durch einen Anruf seiner Assistentin abgelenkt, die ihn – mit dem Bus – zum heutigen Drehort rief. Es gab wieder einmal irgendeine Krise.
    Brav hatte ich unterwegs einige Autosuchmeldungen an Laternenpfähle geklebt und wartete nun nervös im gut besuchten Café auf meinen Retter.
    Als er kam, machte er mir ein wunderschönes Kompliment. Es bestand nicht aus Worten, sondern aus seinem Gesichtsausdruck, der wirklich und ehrlich nach „Wow“ aussah, als ich aufstand, um ihn zu begrüßen. Gut, bisher hatte er mich vor allem mit dem Bademantel von Frau Pohl und in dem Video-2000-T-Shirt gesehen. Trotzdem reagierte er mehr als erstaunt auf mein heutiges Erscheinen.
    „Guten Morgen“, sagte er mit seiner warmen Stimme.
    „Guten Morgen“, sagte ich und lächelte verlegen.
    Er initiierte eine Begrüßung mit Küsschen links und Küsschen rechts, die mich so nah an ihn heranbrachte, wie ich es noch nie gewesen war. Er roch unfassbar gut. Und ich vermutete, dass es nicht einmal ein Herrenduft war. Der Mann roch einfach von Natur aus gut. Ich kostete den Moment so lange aus, wie es ging, ohne dass ich wie ein Groupie rüberkam. Obwohl ich das natürlich längst war. Nervös setzte ich mich zurück an den Tisch am Fenster, den ich ausgewählt hatte. Und freute mich, dass Tom auch nervös wirkte. Er konnte sein Blick gar nicht von meinem Kleid nehmen, versank sogar kurz in meinem Ausschnitt. Es erregte mich. Er sah, dass ich gesehen hatte, wo er hingeschaut hatte. Er lächelte verschmitzt. Ich grinste keck. Wir waren mitten in einem heißen Flirt. Dabei hatten wir noch nicht mehr als „Guten Morgen“ gesagt. Konnte das überhaupt
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