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Im falschen Film 1

Im falschen Film 1

Titel: Im falschen Film 1
Autoren: Vanessa Mansini
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heiße nicht Trixi! Ich … Das ist nicht mein Mann. Der andere … der … Da war doch eben einer.“
    Hilflos zeigte ich immer wieder in Richtung Flur.
    „Sie meinen Herrn Richter?“, fragte die Krankenschwester. „Den Ehemann der anderen Unfallbeteiligten? Er hat sich erkundigt, wie es Ihnen geht.“
    „Trixi, mach mal keinen Scheiß! Du verarschst uns, oder?“
    Der Mann, der sich als mein Mann ausgab, war ziemlich fassungslos. Konnte er wirklich mein Mann sein? Er war unfassbar alt und so unsympathisch und …
    „Wissen Sie, welcher Tag heute ist?“, fragte die Krankenschwester. „Welches Jahr?“
    Ich dachte nach. Tag? Jahr? Ich suchte. In meinem Kopf. In dem es leer war. Sehr, sehr leer. Es war, wie wenn man auf diesen einen bestimmten Namen eines Prominenten nicht kommt, nur dass ich auf gar nichts kam.
    „Es ist Dezember 2013. Der 13. Dezember 2013“, sagte der Alte.
    „Doch, 2013, ja … Doch. Winter.“
    Das passte. Das stimmte. Gott sei Dank! Ich erinnerte mich an etwas.
    „Wissen Sie, wer Bundeskanzler ist?“
    „Angela Merkel.“
    Der Alte strahlte. Dabei wirkte er eigentlich gar nicht so, als ob er sich über Merkel als Kanzlerin freuen würde.
    „Doch noch alles da! Hey, Mann, du hast mir voll den Schreck eingejagt! Pass auf, ganz kurz eine Frage, echt wichtig …“
    Er schaute auch die Krankenschwester an, unterstrich mit einer Geste die enorme Bedeutung dessen, was er nun fragen würde. Ich schaute ihn an – hatte aber immer noch keinen blassen Schimmer, wer er war. Und war in Gedanken noch bei dem anderen Mann. Was für eine Unfallbeteiligte? Wieso war das ihr Mann?
    „Also … Hörst du mir zu?“
    Er hatte gesehen, dass ich abgedriftet war. Ich nickte. Er fixierte mich mit seinem Blick und fragte dann mit tiefem Ernst:
    „Versuch dich bitte zu erinnern: Wo hast du das Auto geparkt?“
    „Was?“
    „Das Auto. Ich hab’s gestern den ganzen Abend gesucht! Und, ey, ich brauche es echt. Ich bin mitten im Dreh!“
    Ich schaute ihn ungläubig an.
    „Es ist echt wichtig!“
    „Hören Sie, ich weiß nicht, wo ‚das Auto‘ steht. Ich weiß nicht mal, von was für einem Auto wir hier reden. Ich weiß nicht, wer Sie sind. Und ich weiß auch nicht, wer ich bin. Ich …“
    Ich war plötzlich sehr aufgewühlt. Mir war das alles zu viel. Flehend schaute ich die Krankenschwester an.
    „Machen Sie doch was!“
    Das hatte ich fast geschrien. Die Frau wurde nun professionell ruhig.
    „Okay, passen Sie auf! Sie hatten einen Autounfall … mit Schädel-Hirn-Trauma. Eigentlich nichts Schlimmes, aber natürlich kann dies zu Gedächtnisverlust führen. Das erleben wir immer wieder. Kein Grund zur Panik. In den nächsten Tagen wird alles zurückkommen.“
    Sie lächelte mich verbindlich an. Das Lächeln beruhigte mich.
    „Also das mit dem Auto? Keine Chance?“, fragte der Alte die Krankenschwester. „Ich brauche es echt dringend.“
    „Gönnen Sie Ihrer Frau ein bisschen Ruhe! Ich hole jetzt die Frau Doktor.“
    Mit diesen Worten und einem sanften Druck meiner Hand eilte sie aus dem Zimmer. Der Alte sah mich unglücklich an.
    „Du erinnerst dich an gar nichts?“
    Ich schüttelte kaum sichtbar den Kopf.
    „Fuck! Das ist ja krass!“
    Bedauerte er mich? Oder bedauerte er, dass ich ihm bei der Autofrage nicht helfen konnte? In den nächsten Tagen sollte alles zurückkommen, hatte sie gesagt. Okay. Ein paar Tage. Mehr nicht. Dann würde dieser Alptraum ein Ende haben.

2
    „Du weißt nicht mal mehr, wie du aussiehst?“
    Der Alte stand direkt hinter mir, während ich mich in dem kleinen Bad des Krankenzimmers im Spiegel betrachtete. Es war mir unangenehm, dass er mir so nah war. Er hatte die Infusion hinter mir hergeschoben, wich nicht von meiner Seite. Ich trug nur dieses unsägliche Leibchen, darunter nichts. Wobei ich nicht einmal wusste, wie es unter dem Leibchen aussah. Ich kannte diesen Körper genauso wenig wie das Gesicht im Spiegel. Es war, als ob ich in ein Schaufenster blickte. Wie konnte das sein?
    „Das ist so abgefahren! Krassestens!“
    Ich wünschte, er würde endlich aufhören zu reden. Vor allem in dieser merkwürdigen Jugendsprache, die überhaupt nicht zu ihm passte. Genauso wenig wie ich zu ihm passte.
    „Wie alt bin ich?“, fragte ich ihn.
    „Gerade dreißig geworden. Wir haben im Grill Royal gefeiert. Super Abend. Bestes Filet. … Alles weg?“
    „Und wie alt sind Sie … bist du?“
    Er war mein Mann. Es machte also durchaus Sinn, dass ich ihn
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