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Im falschen Film 1

Im falschen Film 1

Titel: Im falschen Film 1
Autoren: Vanessa Mansini
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den Wahnsinn treiben. Geschehen in einem hippen Klamottenladen in Mitte, in dem sie mich trotz Weihnachtsshoppingüberfüllung am späten Nachmittag Millionen Sachen anprobieren ließ, bei allem an der Qualität der Klamotten rummäkelte, dann der Verkäuferin die Schamröte ins Gesicht trieb, weil diese bei der Frage nach etwas mehr „Sex“ einen Rock angeschleppt hatte, der in Lunas Augen „kitzlerkurz“ war. Was sie unmöglich fand, denn es war schließlich Winter!
    „Junge Frau, muss man Klamottenverkäuferin eigentlich lernen oder kann das jeder machen?“, fragte Luna die nicht mehr ganz so junge Frau, die sich nun auch noch als Besitzerin des Ladens entpuppte und wahrscheinlich zum ersten Mal in ihrem Leben jemanden aus dem Geschäft warf.
    Ich fand derweil noch ein paar Überreste des Arschstocks, für den Luna mich früher gehalten hatte, und war vor peinlicher Berührung schweißgebadet, als wir wieder draußen in der kalten Winternacht standen. Luna sah es und lachte herzlich.
    „Mensch, Trixi, das war doch nur zum Aufwärmen. Im Leben hätte ich dich da nix kaufen lassen. Aber ich weiß jetzt, was dir steht. Komm!“
    Und was soll ich sagen? Luna wusste es wirklich. Sie schleppte mich gezielt in eine Handvoll Läden, die ich ganz sicher nicht kannte – auch wenn ich meine Erinnerung noch gehabt hätte. Und stellte mir ein richtig cooles, gar nicht so teures Ensemble zusammen. Ihr eigener Kleidungsstil mochte eigen bis exzentrisch sein, aber das war nun einmal ihr Stil. Meinen Stil erfand sie neu und er gefiel mir. Wir fanden extrem schöne wadenhohe Stiefel, die ich mit einem lässigen, kurzen Wollkleid kombinierte, einer blickdichten Strumpfhose und einem Flechtgürtel, der meine Hüften zur Geltung brachte. Ich war zufrieden. Mehr als das. Ich nahm Luna nach dem letzten Geschäft beladen mit fünf Tüten mitten auf der Straße in den Arm und sagte aus vollem Herzen: „Danke!“
    Sie schien plötzlich gerührt.
    „Was ist?“, fragte ich sie.
    „Das passiert mir nicht oft“, sagte sie seufzend und wirkte für einen Moment tieftraurig. Mir fiel auf, dass ich nicht besonders viel über sie wusste. Wahrscheinlich auch früher nicht viel über sie gewusst hatte. Aber dass hier ein Mensch mindestens genauso einsam war wie ich, erschien nun offensichtlich.
    „Dann lassen wir das doch in Zukunft öfter passieren“, sagte ich gut gelaunt. „Du bist ab sofort meine beste Freundin!“
    „Ich bin deine einzige Freundin!“
    Wir lachten.
    „Komm, wir gehen Prosecco trinken“, sagte sie und hakte sich bei mir ein. „Und du erzählst mir endlich mal, wieso dieser Kreuzberger Brad Pitt dich zum Kaffeetrinken einlädt.“
    Okay, sie hatte es also doch mitbekommen. Und offensichtlich genau gewusst, was das Ziel unserer Mission war.
    „Ich weiß es nicht! Mitleid?“
    Sie schaute mich amüsiert an.
    „Nein, ehrlich“, insistierte ich. „Ich kann mir echt nicht vorstellen, dass er irgendwas anderes von mir will als … einen Kaffee trinken.“
    „Aber einen frischen Schlüpfer ziehst du trotzdem an, ja!?“
    „Luna!“
    Sie schaute mich mit einem Was-denn?-Blick an.
    „Ich bin verheiratet! Er ist verheiratet!“
    „Okay, sie ist ein Problem. Aber dein Mann? Den hab ich ein paar Mal im Laden gesehen. Ganz ehrlich? Keinen blassen Schimmer, was du an dem findest.“
    „Ebenfalls ganz ehrlich? Ich auch nicht!“
    Lachend zogen wir weiter und machten unsere private After-Work-Party mit Sushi und Prosecco. Es war wunderbar.
    „Seit wann isst du Sushi?“
    Christian wirkte sichtlich irritiert, als ich ihm am Abend von dem Ausflug mit meiner neuen Freundin berichtete. Er war gerade damit beschäftigt „Suchanzeigen“ auszudrucken: „Haben Sie dieses Auto gesehen?“ stand neben einem Foto von unserem Auto in großen Buchstaben. Darunter diverse Male unsere Kontaktdaten zum Abreißen.
    „Wieso nicht?“, fragte ich keck und etwas angeheitert.
    „Du magst keinen rohen Fisch!“
    „Echt?“
    Einmal mehr war ich enttäuscht von mir selbst.
    „Dann sollte ich es aber mal probieren. Ist saulecker!“
    „Bist du betrunken?“
    Er schaute mich kritisch an. Überhaupt schaute er mich in den letzten Tagen sehr oft kritisch an. Es gefiel ihm offensichtlich nicht, dass ich mich mehr oder weniger komplett ins Wohnzimmer zurückgezogen hatte. Wobei mir noch nicht ganz klar war, ob er mich im Schlafzimmer vermisste oder es doof fand, dass er nicht die halbe Nacht mit der Xbox spielen konnte, die an den
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