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Im Dutzend phantastischer

Im Dutzend phantastischer

Titel: Im Dutzend phantastischer
Autoren: Nicole Rensmann
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umarmten mich. Wir sagten uns noch nette Worte, wünschten uns alles Gute, dann war ich froh, aus dem Raum heraus und in mein Auto zu kommen, nach Hause zu fahren und mein Schicksal in die Hand zu nehmen. Stefan würde ich schneller wiedersehen, als es mir lieb war.
    Zuerst knipste ich überall das Licht an, dann klappte ich den Laptop auf und tippte wild auf die Tastatur ein, in der Hoffnung, das Schlimmste verhindern zu können. Ich musste die Umgebung, den Ort des Geschehens schaffen. Jetzt wurde mir auch schlagartig klar, was das Licht im Hintergrund der als ich selbst identifizierten Person bedeutete – es war der erleuchtete Monitor. Hier also sollte Stefan auf mich treffen, er würde in mein Haus, mein Heiligtum, mein »Castle« einbrechen. Vielleicht war er schon drin. Aber es nützte nichts, wenn ich ihn aufspürte, das hinderte mein Schicksal nicht daran, den für mich vorgesehenen Tod zu besiegeln.
    Es fiel mir nicht schwer, meine eigene Umgebung zu beschreiben, die Geschichte bis hierhin zu erzählen. Dann aber hatte ich Schwierigkeiten.
    Wie sollte ich Stefan aus meinem Haus herausbefördern, ohne dass er mir etwas anhaben konnte? Er würde immer wieder kommen. Die Worte formten sich von selbst, so war es immer, wenn mein Hirn übersprudelte. Aber es gefiel mir nicht, was dort geschah, es nahm einen Verlauf, den ich nicht wollte, der aber der einzige, für einen Krimi ziemlich langweilige Ausweg zu sein schien. Dann war ich fertig, ja! Ich würde weiterleben und das Leben anderer retten.
    »Oh Mann, was für ein Gefühl, sein Leben zu verändern, nicht wahr?«
    Ich fuhr herum. Wieso war er schon hier oben? So weit hätte er gar nicht sein dürfen! Ich hatte ihn erschossen, weil ich dachte, er wäre ein Einbrecher. Aber im Flur, nicht hier. So hatte ich es erdacht.   Konnte ich meinem eigenen Schicksal nicht einen anderen Drall geben? Nicht dieses eine Mal?
    Ich hatte alle Worte verloren, nicht ein einziges brachte ich nun über meine Lippen, alle befanden sich vor mir auf dem Bildschirm.
    Ich hatte noch nicht abgespeichert!
    Meine Hand fuhr in Richtung Maus, ich erreichte sie problemlos und führte den Mauszeiger langsam auf den Speicher-Button, doch zum Drücken kam ich nicht mehr. Stefan riss meinen Arm herum, zog mich weg von meiner eigenen Geschichte, er drückte mir die Luft ab. Ich kämpfte, ich trat um mich, zog an seinen Haaren und zerkratzte ihm das Gesicht.
    Aber trotz allem, das wusste ich, sollte mein Schicksal der Tod sein. Es sei denn, es gelang mir, diese blöde Speichertaste zu drücken. Ich erschlaffte unter seinen brutalen Händen, die einst so weiblich gewesen waren. Noch glaubte Stefan nicht, gewonnen zu haben, er ließ nicht los, aber er lockerte seinen Griff. Nur ein kurzer Augenblick, in dem ich mich ruckartig aus seiner tödlichen Umklammerung wand, den Mauszeiger dirigierte und klickte.
    Die Textverarbeitung speicherte das Dokument. Ich war noch nicht tot.
    Stefan war kurzzeitig verblüfft, dann war er weg.
    Nun war ich an der Reihe, erstaunt zu sein. Ich spürte ein Gewicht in meiner rechten Hand. Eine Schwere, die vorher nicht da gewesen war. Ich schaute darauf. Es war eine Pistole, die ich zu einer Recherche angeschafft hatte, um sie in allen Einzelheiten beschreiben zu können. Sogar einen Waffenschein hatte ich dafür beantragt. Es hatte sich nur eine Patrone darin befunden. Jetzt war auch diese verschwunden. Mit schweren Schritten schlurfte ich in den Flur.
    Mir war schlecht. Ich hatte einen Menschen getötet.
    Sonst hätte er dich getötet.
    Stefan lag ausgestreckt auf dem Rücken. Sein Gesicht war entstellt. Ich hatte ihm in den Kopf geschossen. Jetzt übergab ich mich. Eine reale Geschichte durchs Schreiben zu verändern war das eine, sie selbst zu erleben eine andere Sache.
    Ich ging zum Telefon und rief die Polizei, erzählte die schwachsinnige Geschichte vom Einbrecher, erwähnte, dass wir gekämpft hatten, dass ich an meine Waffe gekommen war und irgendwohin geschossen hatte. Die Polizei glaubte mir. So hatte ich es vorgesehen.
     
    Mein nächster Bestseller hieß »Mein Leben« und erzählte die Geschichte, von Stefanie, der Guten, die zu Stefan, dem Bösen geworden war. Vielleicht war er auch schon immer böse gewesen, wer wusste das schon. Die Geschichte endete, als Stefan tot in meinem Flur lag. Die Leser liebten dieses Buch, erzählte es doch von Liebe und Freundschaft genauso wie von Hass und Tod. Sie liebten Stefanie, aber sie hassten Stefan, den Mann, der
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