Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Dutzend phantastischer

Im Dutzend phantastischer

Titel: Im Dutzend phantastischer
Autoren: Nicole Rensmann
Vom Netzwerk:
beinahe erregt von ihren leuchtenden Augen.
    » Doch. Du bist Diavola. Ich erkenne es an deinen Augen! «
    Der Mann hatte einen leichten Akzent, italienisch oder spanisch.
    » Lassen Sie mich vorbei!«, bat Tanja.
    Angst verspürte Tanja keine – im Gegenteil, sie wurde jetzt böse, teuflisch böse.
    » Ja! Mach weiter so! «
    Der Mann schien in Ekstase zu gelangen, wenn er in Tanjas Augen sah.
    » Wer sind Sie? «
    » Nun, ich bin nicht dein Vater.«
    » Dachte ich mir. Wer dann?«
    » Dein Liebhaber!«
    Tanjas Mund öffnete sich vor Überraschung, doch sie fand schnell ihre Sprache wieder:
    »Tja, mein Guter, da steckst du aber im falschen Anzug. Mein Vater hat dir wohl das Gehirn verkohlt.«
    Ihr Vater.
    Ihr Unterbewusstsein hatte sie dazu gebracht, diese Tatsache zu glauben. Doch das wollte Tanja nicht.
    » Du kannst nicht mein Liebhaber werden!«
    » Warum nicht? Du wirst dich an mich gewöhnen. Wir werden Spaß haben. Teuflischen Spaß! Viele kleine, feurige Nachkommen zeugen.«
    Er lachte. Sein Adamsapfel hüpfte auf und ab und ließ ein humorvolles, wohlklingendes, männliches Lachen aus seinem Mund ertönen. Doch genau das war sein Problem.
    » Du bist ein Mann!«
    » Ich verstehe nicht?«
    »Ich stehe nicht auf Männer. Ich liebe Frauen!«
    » Frauen? Du bist doch selbst eine Frau!«
    » So ist es. Lesbisch nennen wir das hier auf Erden. Sag das meinem Vater. Er muss noch einmal 643 Jahre warten und von vorne anfangen. Ich werde ihm keine Enkel mit seinen teuflischen Gesandten schenken.«
    Mit diesen Worten ließ sie den ihr zugedachten Liebhaber stehen, drehte sich um und schritt stolz davon.
    Am Abend erzählte Tanja ihrer Freundin Sandra von der Begegnung. Sie lachten und küssten sich. Nur das Funkeln in Tanjas Augen erinnerte beide an ihre Herkunft. Dagegen konnte sie nicht ankämpfen, aber das störte beide nicht im Geringsten. Hatten sie doch dem Teufel mit ihrem Heiligtum – ihrer Liebe – ein paar lange Jahrhunderte des Wartens in den Weg gelegt, bevor er die Macht erlangte, die er sich wünschte.

Was einmal ausgesprochen wird
    (1999)
     
    »Was machst du eigentlich?«
    Überrascht drehte ich mich um. Die Stimme kam mir entfernt bekannt vor. Aber sie hatte sich   verändert, sie war tiefer geworden. Zwanzig Jahre. Eine lange Zeit. Da waren nicht nur die Stimmlagen gereift, auch das Äußerliche hatte sich dem Lauf der Jahre angepasst. Als ich dem Mann ins Gesicht schaute, der mir diese Frage gestellt hatte, erkannt ich ihn dennoch sofort. Es war Peter. Der Spargelpeter, so hatten wir ihn genannt. Aber er hatte anscheinend in den vergangenen Jahren weniger Gemüse als mehr die mit Butter angerührte Soße verzehrt, denn er pflegte einen dicken Bauch und seine Haut wirkte ungesund. Er trug einen schwarzen Anzug, der teuer gewesen sein musste. Für ein Klassentreffen unpassend, obwohl sich viele der alten Kameraden und Kameradinnen mit ihrem Können und erworbenen Statussymbolen brüsteten. Peter war also kein Einzelfall. Er war aber der Einzige, den ich früher bescheuert fand. Heute würde ich meine Meinung höchstens in einer förmlicheren Vokabel ausdrücken. Er grinste mich an und klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter. Was wollte Peter von mir? Er wollte wissen, was ich machte. Ging ihn das etwas an?   Vielleicht war er einer meiner Fans und wollte ein Autogramm? Aber er sah nicht aus, als läse er zweitklassige Krimis.
    »Hallo, Peter. Schicker Anzug.«
    »Ja, so was leistet man sich als Anlageberater!«
    Er streckte seinen aufgeblasenen Körper und wirkte wie der Zwillingsbruder eines ehemaligen Bundeskanzlers.
    Oha, daher wehte der Wind. Er wollte also doch ein Autogramm, aber unter irgendeiner unsinnigen Versicherung, die er mir aufschwatzen wollte. Aber da war er bei mir falsch gewickelt.
    »Anlageberater? Bei mir gibt’s nichts anzulegen«, antwortete ich und hoffte ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen. Ich wandte mich an Susanne, die mir gegenübersaß und mit der ich mich zuvor unterhalten hatte. Aber Peter war hartnäckig, musste er wohl sein, bei seinem Beruf.
    Wieder klopfte er mir auf die Schulter. Dieses Antatschen nervte mich.
    »Ich hab da was anderes gehört.«
    »Ach ja?«
    »Na ja, als erfolgreiche Schriftstellerin hast du bestimmt den ein oder anderen Batzen Geld unterm Kopfkissen liegen. Ich könnte dir ein paar gute Tipps liefern und dich noch reicher machen!«
    Aha, er hatte seine Frage also nur gestellt, um an mich ranzukommen. Nun, ich war in der Tat nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher