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Im Dunkeln der Tod

Titel: Im Dunkeln der Tod
Autoren: Mari Jungstedt
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ihm auch schon die erste Kamera aufblitzte. Wütend fuhr er herum, und weitere Blitze wurden abgefeuert.
    Er erkannte die Fotografin von Gotlands Allehanda zusammen mit einem der aufdringlichsten Reporter dieser Zeitung. Hochrot im Gesicht packte er ihren Arm.
    »Was zum Teufel soll das denn hier? Das ist womöglich ein Selbstmord, bisher wissen wir noch gar nichts. Absolut gar nichts! Wir haben noch nicht einmal die Angehörigen verständigt. Er ist doch gerade erst gefunden worden.«
    »Wisst ihr, wer es ist?«, fragte sie pikiert und zog ihren Arm zurück, ohne auf Knutas’ Erregung einzugehen. »Ich finde, der sieht aus wie Egon Wallin, der Kunsthändler.«
    »Hört ihr denn nicht? Es steht durchaus nicht fest, dass wir es hier mit einem Verbrechen zu tun haben. Macht, dass ihr wegkommt, und lasst uns in Ruhe arbeiten!«
    Selbstmord war immerhin etwas, das die Presseleute respektierten und worüber sie in der Regel nicht berichteten. Bisher zumindest. Aber so, wie sich die Medien entwickelten, würde es wohl nicht mehr lange dauern, bis sie sich auch darin suhlten.
    Knutas hatte Egon Wallin gekannt und geschätzt. Sie hatten zwar keinen direkten Kontakt gehabt, waren sich einander aber im Laufe der Jahre immer wieder über den Weg gelaufen, und Knutas hatte der andere immer gefallen. Er hatte etwas Offenes und Redliches. Ein gerader Mensch, der mit beiden Füßen auf dem Boden stand und mit seinem Leben zufrieden war. Anders als so viele andere, die sich immer nur beklagten. Sie waren ungefähr im selben Alter, und Knutas hatte Egon Wallin immer bewundert. Wallin hatte eine positive Ausstrahlung gehabt, die dafür sorgte, dass man mit ihm befreundet sein wollte. Und jetzt hing er hier – tot.
    Jede Minute, die verging, ohne dass sie den Leichnam herunterholen konnten, wurde zur Qual. Knutas grauste es schon vor der Aufgabe, Wallins Frau über dieses tragische Ereignis informieren zu müssen.
    Mehrere Journalisten drängten sich auf der anderen Seite der blauweißen Bänder zusammen. Irgendwie verstand er ja auch, dass sie ihre Arbeit tun mussten. Und wenn der Fall sich als Mord herausstellte, würde die Polizei eine Pressekonferenz einberufen müssen. Knutas war dankbar dafür, dass zumindest noch kein Fernsehteam aufgetaucht war. Aber gleich darauf entdeckte er Pia Lilja, die eifrigste Kamerafrau, die ihm jemals über den Weg gelaufen war. Sie arbeitete zusammen mit Johan Berg für das Schwedische Fernsehen. Im Moment war sie allein, aber das hinderte sie nicht daran, Bilder zu machen. Und so lange sie hinter den Absperrungen blieb, konnte er es ihr nicht verbieten.
    Knutas seufzte, warf einen letzten Blick auf die Leiche und verließ dann mit Karin den Fundort.
    Vor ihm lag ein hektischer Tag.

AN NORMALEN SONNTAGEN herrschte Stille in der Redaktion der Regionalnachrichten im Funkhaus auf Gärdet, und an diesem Tag war es nicht anders. Johan Berg saß verkatert und müde an seinem Schreibtisch und überflog lustlos die Tageszeitungen. Absolut nichts passierte. Weder in Stockholm noch auf Gotland oder in Uppsala, den Gegenden, für die die Redaktion zuständig war.
    Der gestrige Abend war später und feuchter ausgefallen als geplant. Johan hatte mit seinem besten Freund Andreas, der ebenfalls Journalist war, Bier getrunken. Sie waren im Kvarnen gelandet und blöderweise dann noch mit einigen Kollegen vom Radio auf ein Fest draußen in Hammarbyhöjden gegangen. Erst gegen vier Uhr morgens war Johan über die Schwelle seiner Zweizimmerwohnung in der Heleneborgsgata gestolpert.
    Die Redakteurin, eine Vertretung, der er nur begrenztes Vertrauen entgegenbrachte, gab ihm den Rest. Er hatte kaum die Jacke ausgezogen, als sie auch schon enthusiastisch ein hoffnungsloses Thema nach dem anderen vorschlug. Sie schien nervös zu sein und nach jedem Strohhalm zu greifen. Herrgott, sie hatten noch zehn Stunden, ehe es Zeit für die armselige Fünfminutensendung wurde, die sie sonntags liefern mussten. Und außerdem hatten sie eine vorproduzierte Reportage. Reg dich ab, verdammt noch mal, dachte er sauer. Ihr bloßer Anblick machte ihn müde. Sie war auch die Programmleiterin, und deshalb außer ihm die Einzige in der Redaktion. Sonntags waren die Mittel so knapp bemessen, dass ein und dieselbe Person die Redaktion und das Programm betreuen musste.
    Er ließ sich an seinem Schreibtisch nieder und sah sich die verschiedenen Pressemeldungen an, die während des Wochenendes bei der Redaktion eingelaufen waren. Fünfundneunzig
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