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Im Dunkeln der Tod

Titel: Im Dunkeln der Tod
Autoren: Mari Jungstedt
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sich auf diesen Tag. Die Arbeitszeit an Sonntagen war kurz, nur von sieben bis zwölf, dann würde Lennart sie abholen und sie würden den fünften Geburtstag ihres einzigen Enkelkindes feiern. Die Tochter wohnte mit ihrer Familie in Slite im nördlichen Gotland, es war also ein Stück zu fahren. Siv hatte die Geschenke schön verpackt auf dem Dielentisch liegen. Lennart sollte sie mitnehmen, wenn er losfuhr, sie hatte einen Zettel geschrieben, um ihn daran zu erinnern.
    Nachdem sie den Kaffee getrunken hatte, putzte sie sich die Zähne und zog sich an. Sie gab der Katze Futter und frisches Wasser. Die Katze schien nicht nach draußen zu wollen, sie schaute nur vielsagend zu ihr hoch und rollte sich in ihrem Korb zusammen. Siv Eriksson warf einen Blick auf das Thermometer am Fenster und stellte fest, dass es wieder kälter geworden war, zehn Grad unter Null. Da nahm sie doch besser Mütze und Schal. Der Wollmantel war alt und ein wenig zu lang.
    Ihre Wohnung lag im oberen Stockwerk eines Hauses in der Polhemsgata, und man blickte von dort auf die Nordostseite der Stadtmauer.
    Als Siv Eriksson auf die Straße trat, war es noch immer ziemlich dunkel. Der Weg zu ihrem Arbeitsplatz im Hotel Wisby war zwei Kilometer lang, aber das machte ihr nichts aus. Sie lief gern, es war ohnehin die einzige Bewegung, die sie hatte. Ihre Arbeit in der Hotelküche gefiel ihr, zusammen mit einer Kollegin war sie für das Frühstück zuständig. So früh im Jahr waren nur wenige Gäste im Hotel, was ihr recht war, Stress war überhaupt nicht ihre Sache.
    Sie überquerte die Straße und folgte dem Fußweg am Fußballplatz, dessen Rasen mit einer dünnen Schneedecke bedeckt war. Auf dem Parkplatz vor dem Kulturund Freizeitamt wäre sie auf dem gefrorenen Asphalt beinahe ausgeglitten.
    Beim Übergang auf dem Kung Magnus väg, der parallel zur Ostseite der Stadtmauer verlief, blieb sie stehen und sah sich unnötigerweise in beide Richtungen um. Am Sonntagmorgen war nicht viel Verkehr, aber Siv Eriksson war ein vorsichtiger Mensch. Sie ging durch den Östergravar, einen kleineren Grünbereich hinter der Mauer. Gerade diese Strecke kam ihr im Dunkeln immer beängstigend einsam vor, aber bald würde sie die mittelalterliche Stadtmauer erreicht haben, die die Innenstadt umgab. Dort musste sie die Dalmansport durchqueren, um in die Stadt zu gelangen. Dieses Tor lag im siebzehn Meter hohen Dalmansturm, dem wuchtigsten Wehrturm der Stadt.
    Etwa dreißig Meter vor dem Tor blieb Siv Eriksson abrupt stehen. Zuerst traute sie ihren Augen nicht. Etwas baumelte da in der Öffnung. Einige verwirrende Sekunden lang glaubte sie, es sei ein Sack. Als sie näher kam, ging ihr zu ihrem Entsetzen auf, dass dort ein Mann an einem im Gitter oberhalb der Toröffnung befestigten Seil hing. Dem Fallgitter, das in alten Zeiten herabgelassen worden war, wenn der Feind anrückte.
    Der Nacken war gebogen, und die Arme hingen schlaff nach unten.
    Sie rutschte auf dem glatten Pflaster aus und wäre fast gestürzt, konnte aber in letzter Sekunde noch nach dem Geländer greifen. Ihr Blick fiel wieder auf den Mann. Er trug einen langen schwarzen Ledermantel und eine schwarze Hose, seine Füßen steckten in kurzen Stiefeln. Er hatte dunkle Haare und mochte um die fünfzig sein.
    Sein Gesicht konnte sie nur mit Mühe erkennen, sie machte einige unsichere Schritte vorwärts und schaute sich ängstlich um.
    Als sie nahe genug gekommen war, erstarrte alles in Siv Erikssons Kopf. Dieser Mann war ihr sehr wohl bekannt.
    Langsam zog sie ihr Mobiltelefon hervor und wählte die Nummer der Polizei.

KRIMINALKOMMISSAR ANDERS KNUTAS traf eine halbe Stunde darauf an der Dalmansport ein. Üblicherweise blieb er in der Zentrale, um die Aufgaben zu verteilen, aber das hier wollte er sehen. Einen Mann, der vermutlich ermordet und dann kaltblütig zur allgemeinen Ansicht mitten in einem der größten und protzigsten Tore der Stadtmauer gehisst worden war, das war einzigartig. Die Streife, die zuerst an der Fundstelle gewesen war, hatte sofort mitgeteilt, es sehe nicht nach Selbstmord aus, sondern hier müsse ein Verbrechen vorliegen. Der Leichnam hing mehrere Meter hoch in der Luft und war noch dazu von beiden Mauerseiten mindestens einen Meter entfernt. Es gab nichts, auf dem das Opfer gestanden oder auf das es geklettert sein könnte, um die Stelle zu erreichen, an der die Schlinge befestigt war.
    Als Knutas eintraf, waren Kriminalinspektorin Karin Jacobsson und Techniker Erik Sohlman schon
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