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Im Dreieck des Drachen

Im Dreieck des Drachen

Titel: Im Dreieck des Drachen
Autoren: James Rollins
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und entsetzt ließ sie ihren Tränen freien Lauf.
    Der Anführer blieb vor ihr stehen.
    Mit verheulten Augen hob sie das Gesicht und wollte ihm schon dafür danken, dass er so gnädig gewesen war – und sah in die Mündung einer Pistole! Der Anführer schrie in Richtung des geplünderten Geschäfts: »Nehmt Ersatzmunition mit! Und vergesst nicht die Gasbrenner und das Butan!« Ohne auch nur einen Blick auf sie hinabzuwerfen, drückte er den Abzug.
    Doreen vernahm den Knall der Waffe und spürte, wie ihr Körper zurückgeschleudert wurde. Dann war die Welt verschwunden.
    20.15 Uhr PST (18.15 Uhr Ortszeit)
Aleuten, Alaska
    Die Nacht brach an, und der Totempfahl mit den Bildern der Götter von Jimmys Vorfahren, der einmal stolz an ebendieser Stelle auf den Höhen des Glacial Point gestanden hatte, trieb jetzt auf- und niedertauchend im Meer. Jimmy klammerte sich verzweifelt daran und versuchte mit allen Mitteln, sich über Wasser zu halten, doch die Wellen wollten ihn immerzu herunterspülen.
    Vor Stunden, als das Wasser an der Steilwand des Glacial Point immer höher gestiegen war, hatte er den Totempfahl aus seiner Zementverankerung gelöst. Die Insel war überraschend glatt versunken, sodass ihm genügend Zeit geblieben war, ihn mit einer Handaxt aus der Schutzhütte loszuhacken. Sobald das Wasser fast den Gipfel erreicht hatte, hatte er den Balken über den Rand geworfen. Zu diesem Zeitpunkt waren die drei Engländer längst den Pfad hinab nach Port Royson geflüchtet. Jimmy hatte versucht, sie zurückzuhalten, aber sie hatten nicht auf ihn hören wollen. Die Panik hatte sie taub gemacht.
    Also war er allein ins Wasser gesprungen und zu dem treibenden Totempfahl hinausgeschwommen. Nur Nanook, der große Malamute, war am Rand des Felsens zurückgeblieben. Er hatte nicht so recht gewusst, was er tun sollte, und war hin und her stolziert. Jimmy hatte seinen alten Hund nicht retten können. Das eigene Überleben zu sichern wäre schon keine einfache Sache.
    Schweren Herzens hatte er sich breitbeinig auf den Totempfahl gesetzt und sich darangemacht, auf das ferne Festland zuzupaddeln. Nanooks Gebell hatte über das Wasser geschallt, bis die Insel völlig hinter ihm verschwunden war.
    Als wollte ihn sein Schuldgefühl erneut plagen, hörte er jetzt wiederum das Gebell. Aber es war kein Geist. Er drehte sich um und sah in mehreren Metern Entfernung etwas platschend auf sich zukommen. Schwarz-weißes Fell blitzte auf.
    Freude und Besorgnis mischten sich in Jimmys Herzen. Der alte Hund hatte einfach nicht aufgeben wollen, und obwohl er einerseits realistisch bleiben wollte, wusste er andererseits auch, dass er alles zur Rettung des Tieres unternehmen würde. »Komm schon, Nanook!«, schrie er mit klappernden Zähnen. »Beweg deinen nassen Arsch hier rüber!«
    Seine blau gewordenen Lippen teilten sich zu einem Lächeln, als ein Gebell ihm Antwort gab.
    Dann sah er hinter seinem paddelnden Hund etwas aus den Wellen steigen. Eine lange schwarze Rückenflosse, zu groß für einen Hai. Ein Orca . Ein Killerwal.
    Jimmy drückte es das Herz ab. Er streckte Nanook eine Hand entgegen, aber es war zwecklos. Die Rückenflosse sank ins Wasser. Er hielt den Atem an und betete zu den alten Göttern, sie sollten seinen Gefährten verschonen.
    Plötzlich schäumte weiße Gischt auf. Nanook, der das drohende Verhängnis spürte, winselte. Dann verschwand der prächtige Hund in einer Woge blutigen Schaums. Kurz hob sich die schwarze Rückenflosse und sank dann wieder hinab.
    Reglos trieb Jimmy auf seinem von Menschenhand gefertigten Holzscheit dahin. Seine Finger klammerten sich an Bilder der Götter seiner Vorfahren: Bär, Seeadler und Orca. Ein Schweigen hing bedrohlich über dem Meer. Der Ozean hatte sich rasch beruhigt, kein Anzeichen für den wilden Angriff war mehr zu erkennen.
    Jimmy spürte heiße Tränen seine erstarrte Wange hinabfließen. Voller Trauer legte er die Stirn auf das Holz.
    Da veränderte sich irgendwie das Licht. Er hob den Kopf. Der dunkler werdende Himmel glühte jetzt in einem unnatürlichen Rot. Jimmy reckte den Hals und entdeckte links von sich dessen Quelle. Eine Leuchtkugel. Und in der gleißenden Helligkeit sah er einen Kutter der Küstenwache durch das Wasser gleiten.
    Er setzte sich auf, winkte mit einem Arm und schrie: »Hilfe!« Er kämpfte darum, auf dem schaukelnden Holz das Gleichgewicht zu wahren.
    Das kurze Tuten einer Schiffssirene antwortete ihm. Dann erreichten ihn schwach einige durch ein Megafon
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