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Ewige Treue

Ewige Treue

Titel: Ewige Treue
Autoren: Sandra Brown
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    D
    as ist alles?«
    »Das ist alles.« Griff Burkett warf eine kleine Reisetasche auf den Rücksitz und setzte sich dann auf den Beifahrersitz. »Ich hatte nicht viel dabei. Und ich nehme hundertprozentig keine Souvenirs mit.« Er wollte garantiert keine Erinnerungsstücke an seinen Aufenthalt im BIG – dem offiziellen Kürzel für die Bundesjustizvollzugsanstalt in Big Spring, Texas.
    Er sank in die weichen Lederpolster, richtete die Düse der Aircondition auf seinen Bauch, merkte, dass sie nicht losfuhren, und sah daraufhin den Fahrer an.
    »Der Gurt.«
    »Ach so. Stimmt.« Griff zog den Gurt über seinen Bauch und ließ ihn einrasten. Dann meinte er viel sagend: »Wir wollen doch keine Gesetze brechen.«
    Für einen Anwalt war Wyatt Turner ganz in Ordnung. Aber falls er auch nur einen Funken Humor besaß, ließ er sich das nicht anmerken. Griffs trockene Bemerkung entlockte ihm nicht einmal ein Lächeln.
    »Mann, Turner, was soll die Leichenmiene?«, fragte Griff. »Heute ist ein Feiertag.«
    »Leider sind wir nicht die Einzigen, die ihn begehen.«
    Turner lenkte Griffs Blick auf einen hässlichen, olivgrünen Wagen, der auf einem Behindertenparkplatz stand. Unberechtigt, wie es aussah, denn am Rückspiegel hing kein Behindertenzeichen. Griff erkannte weder Marke noch Modell, weil der Wagen noch keine fünf Jahre alt war. Die langweilige Limousine hob sich allein dadurch hervor, dass ein Mann am Lenkrad saß.
    Griff fluchte leise. »Was will der denn hier?«
    »Dass Sie heute entlassen werden, war in allen Zeitungen zu lesen, ich glaube nicht, dass er Champagner mitgebracht hat.«
    »Warum ist er dann so weit gefahren, um mich zu sehen?«
    »Ich nehme an, er will dort anknüpfen, wo Sie beide aufgehört haben.«
    »Aha.«
    Der Gegenstand ihrer Unterhaltung, Stanley Rodarte, hatte so geparkt, dass er nicht zu übersehen war. Griff sollte ihn bemerken. Und Griff hätte ihn überall erkannt, weil Stanley Rodarte ein echt hässlicher Hurensohn war. Sein Gesicht sah aus wie mit einer Kettensäge aus einer alten Eiche geschnitzt, ohne dass sich der Schnitzer die Zeit genommen hätte, die Kanten abzuschmirgeln. Die Wangenknochen waren scharf wie Messerschneiden und legten strenge Schatten auf seine gerötete, aknenarbige Haut. Seine Haare hatten Farbe und Fasson von staubigem Stroh. Hinter den Gläsern seiner verspiegelten Sonnenbrille waren die – gelblichen, wie Griff sich erinnerte – Augen mit einer Feindseligkeit auf Griff gerichtet, die selbst nach fünf Jahren kein bisschen verblasst war.
    Griff zuckte scheinbar gleichgültig mit den Achseln. »Wenn er unbedingt seine Zeit vergeuden will.«
    Woraufhin Turner mit Weltuntergangsstimme entgegnete: »Er sieht das offensichtlich anders.«
    Als sie an dem anderen Wagen vorbeirollten, grinste Griff Rodarte feixend an und zeigte ihm den Mittelfinger.
    »Mann, Griff.« Turner beschleunigte auf das Gefängnistor zu. »Was ist mit Ihnen nur los?«
    »Mir macht er keine Angst.«
    »Das sollte er aber. Falls Sie nur einen Funken Verstand hätten, würden Sie sich vor Angst in die Hose machen. Ganz offensichtlich hat er Bandy nicht vergessen. Halten Sie sich von ihm fern. Im Ernst. Haben Sie verstanden? Legen Sie sich nicht mit ihm an.«
    »Schicken Sie mir für diesen unerbetenen Rat eine Rechnung?«
    »Nein, dieser Rat geht aufs Haus. Damit versuche ich nicht nur Sie zu schützen, sondern auch mich.«
    Trotz der blasenden Aircondition ließ Griff das Fenster herunter, als Turner durch das Tor der Bundesstrafanstalt fuhr, die während der letzten fünf Jahre sein Heim gewesen war. Der Bereich, in dem er eingesessen hatte, war als gelockerter Vollzug eingestuft, aber es war trotz alledem ein Gefängnis.
    »Nichts gegen die Bewohner von Big Spring, aber mir kann dieses Kaff ein für alle Mal gestohlen bleiben«, bemerkte er, als sie den Ort im Westen von Texas hinter sich ließen und auf der Interstate 20 nach Osten fuhren.
    Die Luft war heiß, trocken und staubig, und sie roch nach den Diesel- und Benzinabgasen auf der viel befahrenen Autobahn, aber es war freie Luft, die erste, die Griff seit eintausendachthundertundfünfundzwanzig Tagen schmeckte. Er saugte sie tief in die Lunge.
    »Ein gutes Gefühl, wieder draußen zu sein?«, fragte der Anwalt.
    »Sie haben gar keine Ahnung.«
    Nach kurzem Schweigen bemerkte Turner: »Das mit Rodarte war mein Ernst.«
    Der sandige Wind peitschte über Griffs Gesicht und drückte die Haare an seinen Kopf. »Entspannen Sie sich,
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