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Im Bus ganz hinten

Im Bus ganz hinten

Titel: Im Bus ganz hinten
Autoren: Fler
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Verantwortung dafür übernehmen.« Und wieder war es still im Raum.
    Aber diesmal nicht lange. Ich tat wenig beeindruckt – schließlich hatte ich von Leuten wie denen ohnehin nichts anderes erwartet – und nickte emotionslos. Dann stand ich auf und zog meine Jacke an.
    »Alles klar, Alter«, sagte ich zum Abschied.
    »Dann werden wir die Sache jetzt anders regeln. Und zwar in Berlin auf der Straße!« Drohend zeigte ich mit dem Finger auf sie und ging zur Tür hinaus. Ich schlug sie mit so einer Wucht hinter mir zu, dass die Bilderrahmen in der Kanzlei zu wackeln anfingen.
    Ich hatte natürlich ziemlich hoch gepokert. Schließlich hatte ich ja niemanden, der die Sache mit mir auf der Straße hätte klären können. Ich hatte nicht mal selbst Bock auf eine ernsthafte Prügelei mit diesen Pfeifen. Ich hatte keine Ahnung, wie ich wirklich aus dem Vertrag herauskommen sollte. Ich brauchte Hilfe, so viel war klar – nur von wem? Wer würde mich aus dieser Scheiße ziehen können? Und wer würde so etwas überhaupt für mich tun wollen? Viele Freunde hatte ich schließlich nicht. Auf dem Weg zurück nach Berlin zerbrach ich mir fast den Kopf.
Der Bürgermeister von Tempelhof
    Zu Hause angekommen, hatte ich noch immer keine Lösung gefunden. Wie sollte ich es schaffen, mich von Aggro Berlin zu verabschieden?
    Im Kopf ging ich die Liste all jener Menschen durch, die mir vielleicht bei der Sache unter die Arme greifen konnten. Doch nach und nach strich ich die meisten wieder: unbrauchbar. Nicht hilfsbereit. Kein echter Freund. Nicht vertrauenswürdig. Am Ende blieb nur ein Name stehen: Beko! Und plötzlich wurde mir klar: Er war mein Mann – der Einzige, der mir helfen konnte.
    Sie nannten ihn den »Bürgermeister von Tempelhof«. In seinem Viertel war er der King, die Respektsperson schlechthin. Wenn er etwas sagte, dann hörten alle auf ihn. Dieser Typ war Rocker und hatte Gang-Geschichte in Berlin geschrieben. Ja, er hatte einen Namen auf der Straße. Er trug eine Glatze, war richtig breit und sein Grinsen extrem sympathisch. Ich kannte ihn schon seit den Anfangszeiten von Aggro. Er war bei sehr vielen Videodrehs mit am Start gewesen. Jeder kannte und mochte ihn, weil er immer loyal zum Label gewesen war und immer ein Auge auf die Jüngeren gehabt hatte.
    Aber so nett er auch sein konnte, genauso gefährlich war er. Wer Beko ärgerte, hatte definitiv ein Problem, denn wenn er richtig ausrastete, dann kam er auch schon mal mit einer Axt oder einer Schrotflinte um die Ecke. Und das war nicht witzig! Deshalb wussten die Leute einfach, dass sie mit ihm lieber keine Faxen machen sollten.
    Ich saß mit Beko oft draußen in der Makara-Bar in Tempelhof. Dort quatschten wir stundenlang und rauchten zusammen Shisha. Ich liebte es, auf der Straße abzuhängen, besonders im Sommer. In Bekos Nähe fühlte ich mich einfach sicher, vor allem weil ich wusste, dass ich ihm alles anvertrauen konnte – er würde es dann für sich behalten.
    Ich rief ihn an und machte sofort ein Treffen mit ihm klar. Dabei erzählte ich ihm, was bei Aggro abging. Er war geschockt, als er erfuhr, wie die Aggro-Bosse mit ihren Künstlern wirklich umgingen und dass ich ihnen in Wahrheit scheißegal war.
    »Wieso sind die denn so krass drauf?«, fragte er mich entsetzt, als ich ihn mit der ganzen Wahrheit konfrontierte.
    »Geld verändert alles«, war meine einzige Erklärung.
    »Wenn du Hilfe brauchst, dann sag mir Bescheid«, sagte Beko – und das war meine Chance. Ich nahm sein Angebot, ohne zu zögern, an und fragte: »Würdest du bitte mit mir ins Aggro-Büro kommen? Die Spinner wollen mich nicht aus dem Vertrag lassen!« Beko schlug sofort ein:
    »Kein Problem, Dicka!« Auf ihn war eben Verlass! Und ich wusste, dass sie ihm ein offenes Ohr schenken würden. Immerhin kannte er die Aggro-Leute schon länger und wurde seit Jahren respektiert. Ich war mir sicher, er würde eine Lösung finden.
    Zwei Tage später saßen wir im Konferenzraum des Labels. Ich guckte böse. Beko auch. Als die Chefs reinkamen, guckten sie ziemlich blöd aus der Wäsche. Den Bürgermeister von Tempelhof hätten sie nicht erwartet! Nicht an – und vor allem nicht auf meiner Seite! Ich hatte sie extra nicht vorgewarnt, dass ich ihn zu unserem Treffen mitbringen würde. Beko war das Ass in meinem Ärmel, und damit hatte ich sie überrumpeln wollen. Das schien ganz gut funktioniert zu haben. Die Stimmung war extrem merkwürdig. Unangenehme Stille. Man hätte eine Stecknadel
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