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Im Bann des Kindes

Im Bann des Kindes

Titel: Im Bann des Kindes
Autoren: Vampira VA
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träumten. Von Dingen, die in Erfahrung gebracht werden mußten.
    Was nicht ganz einfach war. Zwar verfügte man hier über Mittel und Kräfte, sich in diese Träume »einzuklinken«. Doch die Ergebnis-se dieses »Traumlesens« bedurften noch der Übersetzung, des Deutens und Erkennens. Und darin lag das eigentliche Probleme.
    Zwar hatten die Männer gezeichnete als auch schriftliche Traumprotokolle. Was sie indes wirklich beinhalteten, wußten sie noch nicht .
    »Die Ergebnisse einer weiteren Befragung wären keine anderen«, erklärte der Schwarze.
    Salvat nickte, widerwillig zwar, aber er wußte, daß es so war, wie Elias sagte.
    Während ihrer kurzen Unterhaltung waren die beiden Männer ein Stück in den Saal hineingegangen. An einer der Staffeleien blieben sie stehen. Salvat sah dem Maler über die Schulter.
    Blau war die dominierende Farbe auf der Leinwand, das tiefe Blau eines Himmels, das nach unten hin blasser wurde und schließlich in weißes Gewölk überging, das über den Gipfeln schneebedeckter Berge lag. Und davor stand eine nackte Frau, die sich an die Schulter eines - Mannes lehnte .
    Salvat zögerte selbst in Gedanken, die zweite Gestalt auf dem Bild als »Mann« zu bezeichnen, denn er hatte nur den Körper mit einem solchen gemein .
    »Was mag das bedeuten?« murmelte er, fasziniert und angewidert in einem.
    Elias hob die Schultern. »Ich bin nicht sicher. Aber der Schädel scheint mir ein Zeichen zu sein, daß .«
    »Ich kenne das Bild!«
    Die Stimme klang hinter ihnen an der Tür auf. Hastige Schritte näherten sich. Und noch bevor sie sich nach dem Sprecher umwenden konnten, stand er zwischen Salvat und Elias.
    Salvat faßte ihn an den Schultern, hart und fordernd.
    »Was sagst du da?« wollte er in beinahe bestürztem Ton wissen.
    »Ich kenne das Bild«, wiederholte der junge Mann, dem das dunkle Haar in Wellen bis auf die Schultern seines schwarzen Man-tels reichte. Er löste sich aus Salvats Griff und trat direkt an das noch unfertige Gemälde heran.
    »Ich habe es schon gesehen. Es ist die Spur, der ich zu folgen habe«, erklärte Raphael Baldacci. Er drehte sich zu Salvat um. »Ich allein.«
    *
    Es dauerte lange, bis Clarence Mirvish sein Ziel erreichte.
    Zwar hing über ihm am Firmament der Mond in vollem Rund, doch verschlangen schwarze Wolkenberge sein Licht. Nur hin und wieder schufen sie eine Lücke, ließen silbrigen Schimmer hindurch, aber stets nur genug, um Clarence den Bergpfad ein paar Schritte weit erkennen zu lassen. Wenn er den Blick hob, um nach dem trutzigen Castle Ausschau zu halten, schoben die Wolken sich wieder vor den Mond und hüllten den nächtlichen Wanderer in Finsternis.
    Vom Weg kam Mirvish trotzdem nicht ab. Er hatte McLaughlin gegenüber nicht geprahlt, als er gesagt hatte, er fände den Weg auch blind.
    Die Anstrengung und der kühle Wind, der das ganze Jahr über unablässig vom Atlantik heranwehte und die Felsen der Cape Breton Highlands schliff, hatten Clarence Mirvish auch noch das letzte bißchen Taubheit aus den Gliedern gesogen, das der Whisky darin hinterlassen hatte. Ebenso hatte sich sein Geist vollends ernüchtert. Aber umgekehrt war es deswegen nicht. Im Gegenteil, klaren Verstandes wollte er erst recht wissen, was in Kilchrenan Castle vorging. Zwar war mit der Ernüchterung auch die Erinnerung an die Furcht, die er am Abend verspürt hatte, als er das Kind oben auf dem Turm gesehen hatte, wieder in wirkliche Angst umgeschlagen, doch er hielt sie mit eisernem Willen im Zaum.
    Etwas ging hier vor. In der Gegend, die seine Heimat war. Und es war sein Recht ebenso wie seine Pflicht, in Erfahrung zu bringen,
    was es war.
    Schweratmend hielt Mirvish inne.
    »Nur eine halbe Minute Rast«, keuchte er und grinste unwillkürlich, als ihm bewußt wurde, daß er sich gerade gönnte, was er den Fremden bei den Touren durchs Hochland nicht zugestand.
    Der Atem stockte ihm nach drei Zügen. Als der Mond ein weiteres Mal zwischen den Wolken hervortrat.
    Kilchrenan Castle tauchte vor ihm auf, als hätte die Nacht das monströse Bauwerk ausgespien. So nahe, daß Mirvish fast glaubte, nur den Arm ausstrecken zu müssen, um die schwarzen Mauern zu berühren.
    Trotzdem brauchte er noch eine gute Viertelstunde, bis er endlich vor dem gewaltigen Tor in der Mauer stand. Auf der anderen Seite leuchtete silbernes Licht den schuttübersäten Innenhof aus, doch direkt unter dem steinernen Torbogen nistete schattige Schwärze, in die Mirvish hineinzutreten zögerte.
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