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Im Bann der Leidenschaften

Im Bann der Leidenschaften

Titel: Im Bann der Leidenschaften
Autoren: Natalie Nimou
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macht. Aber nein, das geht nicht. Wegen einer Tussi aus dem Imbiss liegt ja mein Selbstbewusstsein in Trümmern. Außerdem kann ich wirklich nicht glauben, dass ich fotogen sein soll. Mir fällt nur ein einziges Foto ein, auf dem ich mir gefalle. Darauf bin ich drei Monate alt und trage ein Mützchen mit zwei Hasenohren auf dem runden Kopf.
    Fragend zieht er eine Augenbraue in die Höhe.
    „Na ja“, erkläre ich in der Hoffnung, den idiotischen Eindruck, den ich bisher vermittele, ein wenig zu retten, „übermorgen beginnt die Landwirtschaftsmesse. Landwirtschaft – Traktor. Sie verstehen.“
    Jetzt lächelte er jungenhaft. Das Lächeln wirkt jedoch derart aufgesetzt, dass es mir einen Schauder über den Rücken jagt. Da ist nichts mehr, das mich an Windelwechseln und sexy Papi erinnert. Obwohl ich nur ein einfaches Mädel aus der Provinz bin, ist mir klar, dass sich hinter Monsieur Duvalls harmlosem Lächeln eine ganze Welt verbirgt. Schnell vergrabe ich meinen Blick wieder in den Zimmer-Kalender, hoffe aber, dass er mir nun endlich verrät, was er fotografiert. Insgeheim tippe ich auf Luxuskarossen, doch er bleibt stumm und ich reiße mich so gut es geht zusammen.
    „ Wir sind ausgebucht, bis auf die Hochzeitssuite, die könnte ich Ihnen für eine Nacht überlassen“, verkünde ich geistesgegenwärtig. Die meiner Familie eigene Geschäftstüchtigkeit hat mich noch nicht verlassen. Wenigstens Mom und Dad wären stolz auf mich.
    „Die Hoch -zeits-suite?“ Jetzt schaut Monsieur Duvall irritiert aus der Wäsche, beziehungsweise aus dem dunkelblauen T-Shirt, das sich über seiner durchtrainierten Brust spannt.
    „Keine Angst“, erkläre ich in einem plötzlichen Anflug von Übermut. „Die Hochseitssuite ist ein ganz normales Zimmer, das manchmal von jungen Paaren aus der Gegend für eine Nacht gebucht wird.“
    Das Gesicht meines hübschen Gastes nimmt einen immer verwirrteren Ausdruck an und ich fühle mich dumm und dümmer.
    „Alles ist gut“, fasele ich. „Wir sind ein ganz normales, kleines, anständiges Hotel. Kein Stundenhotel.“
    Am liebsten würde ich mich knebeln. Doch dazu ist es zu spät. Ich habe all den Mist, den ich gern zurücknehmen würde, bereits von mir gegeben. Irgendwie muss ich die Kurve kriegen, muss diesen Kerl so schnell wie möglich auf sein Zimmer schicken, damit das Niveau nicht ganz auf Bodenhöhe absinkt. Doch stattdessen frage ich ihn, ob er noch einen Schlummertrunk will, bevor er ins Bett geht. Ich stöhne innerlich auf. Entweder kriege ich den Mund nicht auf, oder ich rede Schwachsinn. Ich kenne mich selbst nicht wieder. Normalerweise verweise ich unsere Gäste um diese nachtschlafende Zeit auf den Getränkeautomaten, der neben dem Aufzug steht.
    „ Schl … Schl …?“ Fragend sieht Philippe Duvall mich an. Er kennt das Wort Schlummertrunk nicht. Natürlich nicht. Er ist ja Franzose. Und so gut ist sein Amerikanisch nun auch wieder nicht.
    „ Schlum-mer-trunk“, wiederholte ich langsam und füge auf Französisch hinzu: „Ein letztes Getränk vor dem Zubettgehen.“
    Jetzt klappt ihm die Kinnlade runter. Er konnte ja nicht ahnen, dass er in der tiefsten amerikanischen Provinz, auf eine ausgebildete Übersetzerin treffen würde. Wenn auch auf eine, die seit einem Jahr kein Wort Französisch mehr gesprochen, sondern nur geschrieben hat.
    Einen Augenblick lang scheint er nachzudenken. Dann verzieht er seine sanft geschwungenen Lippen zu einem perfekten Lächeln (rechts und links neben seinen Lippen entstehen entzückende Grübchen), zeigt seine blitzweißen Zähne und sagt: „Nur wenn Sie auch ein Glas von diesem Schlum-mer-trunk nehmen.“
    Ich schlu cke hart. Hat er die weibliche Dienstleistungsfachkraft gerade eingeladen, etwas mit ihm zu trinken? Am liebsten würde ich im Erdboden versinken, doch gleichzeitig schreit alles in mir: Nimm einen Schlummertrunk! Zusätzlich ertönt Janes Aufforderung in meinen Ohren. Schnapp ihn dir! Als ich den Schlüssel zur Suite vom Brett nehme, sehe ich mich im Geiste mit Philippe Duvall in eben dieser Suite verschwinden. Himmel, Herrgott … Sofort schäme ich mich für meine Gedanken. Außerdem schäme ich mich für unser Hotel. Das Cherry Hill Hotel ist zwar sauber, aber das ist auch schon alles. Was meine Eltern Suite nennen, ist ein Siebzehn-Quadratmeter-Zimmer mit Bad. Darin befinden sich ein altbackenes Holzdoppelbett, neben dem auf jeder Seite ein Nachttisch steht, ein Frisiertisch, ein zweitüriger Kleiderschrank und eine
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