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Im Auftrag des Tigers

Im Auftrag des Tigers

Titel: Im Auftrag des Tigers
Autoren: Heinz G. Konsalik
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waren. Die ungezählten Tiefstrahler der Werft zogen inzwischen einen hellen, breiten Streifen auf dem Wasser vor den Piers.
    »Gefällt mir nicht.«
    »Meinst du mir?«
    »Wo steht dein Wagen?«
    »Weiter im Süden. Auf dem Parkplatz des Three Roses. Das ist eines der Cafés, die zum Yachthafen an der East Wharf gehören.«
    »Fahren wir dorthin.«
    Er nickte. Die Hafenanlage mit ihren Kränen und Gebäuden glitt an ihnen vorüber. Die Nacht schien so friedlich. Der Mond brachte es fertig, selbst die rostigen Schrottberge dort zu verzaubern … Sie dachte an den Sampan und den Schrank. Hatte sie ihn noch abgeschlossen? Womöglich etwas dort gelassen? Und wenn, was änderte es? Es hatte geklappt, sie hatten Erfolg gehabt, die Kassette steckte in ihrer Tasche, und morgen vormittag hatte sie Singapur hinter sich. Schließlich kam's allein darauf an … Aber dieser Typ mit den Tätowierungen? »To Yan schläft heute mit Sicherheit nicht an Bord«, hatten sie ihr in Geytang Serai, im Malaien-Viertel, gesagt. Auf ihre Informationen hatte sie sich bisher immer verlassen können. Ihr Nachrichten-Dienst funktionierte: »To Yan ist heute nicht auf seinem Sampan. Er hat ein Tauffest am Boat Quay in China-Town.«
    Sie kannte ihn nicht, diesen To Yan. Sie wußte nur: Der Tigerprodukt-Händler war weit über fünfzig. Und immens reich … Wer war der Kerl, der lautlos an Bord gekommen war? Und war er allein? Oder gehörte er zu einer Gruppe? Hatte man sie bereits beobachtet, als sie ablegten? Wurden sie vielleicht auch jetzt beobachtet?
    »Dort drüben.«
    Tan hob den Arm.
    Ein Nest farbiger Lichter. Sie nickte erleichtert. Das Boot fuhr langsamer. Die Luft, kühler jetzt, schien ihr angenehm trocken.
    »Der Wagen steht auf dem Parkplatz. Und der ist hinter dem Café«, sagte er.
    Alles schien reglos und still. Aus einigen der Segel-Yachten im Hafenbecken schimmerte Licht. Die Masten klangen metallisch, wenn sie sich berührten.
    Tan schob das Persenning über den Steuerstand und zog den Reißverschluß zu.
    »Was macht der Kopf?« fragte sie.
    »Frag mich nicht danach. Brummt.«
    Er half ihr hoch, und sie standen auf dem Zementstreifen, der das Hafenbecken umschloß. Aus den geöffneten Fenstern des Cafés drangen Stimmen. Schien ein Fernseher zu sein. Nun erkannte sie auch den Parkplatz. Von dem erhöhten Damm der Keppel-Road und des Express-Ways kam das ferne Rauschen des Verkehrs.
    Sie umrundeten das Café. Sie blieb immer wieder stehen, wenn Tan sich stöhnend den Kopf betastete oder seine blutverklebten Finger betrachtete.
    »Mach zu«, wollte sie sagen, »schneller!« Sie sagte es nicht … Um die Ecke des Cafés bogen Schatten. Drei Männer. Noch schlenderten sie zum Parkplatz … Jetzt begann der erste zu laufen.
    Sie riß Tan am Arm. Er warf einen Blick zurück, begriff sofort und hetzte neben ihr her.
    »Der dritte Wagen«, keuchte er. »Der rote Colt.«
    »Laß mich fahren. Mit deinem verdammten Schädel ist das besser. Gib mir den Schlüssel.«
    Er drückte ihn ihr wortlos in die Hand.
    Sie hatten Glück, der Wagen war nicht verschlossen. Sie riß die Tür auf, warf sich hinters Steuer und startete. Neben ihr schlug Tan die Tür zu. »Sie müssen uns mit Nachtgläsern beobachtet haben«, stieß sie hervor. »Oder der Typ mit dem Prügel hatte ein Funkgerät.«
    Sie warf den Rückwärtsgang ein, um aus der Parkbucht herauszukommen. Es krachte. Sie hatte zuviel Gas gegeben und war mit dem Heck gegen einen der parkenden Wagen geknallt.
    Die Kassette, dachte sie …
    Die Reifen quietschten, als sie den Colt um die Zementpfosten des Parkplatz-Einganges zog.
    Der Wagen schleuderte, sie fing ihn ab. Der Colt war brandneu, die Straßenlage in Ordnung.
    »Da hinten …«
    Richtig, da hinten. Sie hatte die beiden gleißenden Rechtecke der Scheinwerfer im Rückspiegel.
    »Verdammte Huren-Bastarde!«
    »Die kriegen uns nicht, Tan.«
    Aber der Wagen holte noch mehr auf …
    Tan fluchte wieder. Und dann fiel ein Schuß. Es konnte keine Fehlzündung gewesen sein, der Motor lief fantastisch. Es war wirklich ein Schuß.
    »Die schießen!« schrie Tan.
    »Na, was denn sonst? Hab ich auch schon bemerkt.« Sie sah die Rampe, eine Sonder-, eine Luxus-Ausgabe von Rampe, extra in dieser Nacht für sie herbeigezaubert, eine Rampe, die schräg nach oben zum Keppel-Express-Way führte. Und dort genau wollte sie hin. Auf der Autobahn waren sie in Sicherheit. Auf den vier Fahrspuren dort oben würden sie sich nicht trauen, herumzuballern. Wenn
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