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Illusion - das Zeichen der Nacht

Illusion - das Zeichen der Nacht

Titel: Illusion - das Zeichen der Nacht
Autoren: Arena , Javier Pelegrin
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perlte über Janas ganzen Körper und folgte den unsichtbaren Spuren der Tattoos, die in ihre Haut geritzt waren.
    Als sie sich voneinander lösten, zitterte sie am ganzen Leib, bebend wie ein Vogel, der sich gleich in die Luft schwingen wird.

Epilog
    I n der Krypta herrschte eine feuchte Kälte, die sich durch die Kleider zwängte und in die Knochen kroch, wenn man lange still stand. Yadia wartete stumm darauf, die heilige Kerze endlich in Empfang zu nehmen, das Zeichen, sich in den Trauerzug einzureihen.
    Den Anfang der Prozession bildeten die Iriden-Priester in ihren smaragdgrünen Tuniken. Zwei von ihnen trugen das Chamäleon-Banner. Anschließend kamen die Drakul, die am zahlreichsten vertreten waren: Männer und Frauen mit kahl geschorenen Schädeln und einem silbernen Drachen-Tattoo im Nacken. Ihre Tuniken hatten verschiedene Rottöne, purpur- bis scharlachrot, je nach der komplexen Hierarchie, die im Klan herrschte. Und den Abschluss bildete eine kleine Abordnung von Varulf, ein halbes Dutzend alter Männer und Frauen in ihren gelben zeremoniellen Tuniken. Zwischen ihnen lief Garos Geist umher, nahm nervös Witterung auf. Vielleicht spürte er, dass sein Herr in der Nähe war, oder vielleicht irritierte ihn der Geruch nach geschmolzenem Wachs, der die Krypta erfüllte.
    Als es so weit war, ergriff Yadia die Kerze, die Harold ihm reichte, und schloss sich der Reihe der Klanführer an. Rechts von ihm ging Harold, den Kopf gesenkt, den Blick nach unten gerichtet. Links von ihm trug Eilat, der Prinz der Iriden, seine feierlichste Maske, auch wenn Yadia ihn gut genug kannte, um das zufriedene Funkeln in seinen Augen zu bemerken. Diese schlecht verhohlene Freude brachte Yadia dazu, die linke Faust zu ballen, bis sie ihm wehtat. Wie schlecht ihn dieser alte Mann kannte! War er wirklich so naiv zu glauben, seine Beziehung zu den Iriden würde ihm irgendeinen Vorteil einbringen?
    Neben Eilat trug Glaukos die Tattoos seines Klans an seinen mächtigen Armen zur Schau. Er wirkte zerstreut, als ginge ihn die feierliche Trauerstimmung um ihn herum nichts an, nur hin und wieder hielt er mit einer gewissen Besorgnis nach Garo Ausschau. Sobald der Geist des Wolfs wieder einmal in seine Nähe kam, mischte sich seltsame Unruhe in seinen Blick.
    Als sie bei Eriks Grab angelangt waren, blieben die drei Klanführer und Yadia stehen. Die Drakul-Priester stimmten ihre Gesänge an, eine hypnotische Litanei, die so gleichförmig dahinplätscherte wie ein Bach über sein steinernes Bett.
    Alle knieten nieder, auch Yadia. Aber anders als die anderen senkte er während der rituellen Formeln, mit denen die Mitglieder des Königshauses begrüßt wurden, nicht den Kopf. Seine Augen blieben die ganze Zeit auf Eriks starren, reglosen Körper gerichtet, der nicht wie ein Leichnam aussah, sondern wie der eines Schlafenden.
    Doch sein Herz schlug nicht. Unter seinem silbrigen Schuppenpanzer blieb die Brust von Obers Sohn absolut ruhig. Nicht die leiseste Regung ließ darauf schließen, dass er atmete, dass sein Organismus wieder funktionierte. Und sein friedlicher Gesichtsausdruck wirkte nach wie vor wie in Marmor gehauen, schneeweißer Marmor, in dem sich das Strahlen der Lichtkrone, die er auf dem Kopf trug, spiegelte.
    Seine Lider waren geschlossen.
    Eine Träne rollte über Yadias Wange. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit hatte er gehofft, das Wunder könne immer noch geschehen. Er hatte sich den Moment sogar in allen Einzelheiten ausgemalt. Er hatte geträumt, Erik würde ihn von seinem Totenschlaf aus erkennen und für ihn wieder lebendig werden … Doch nichts davon war bislang eingetreten. Die Enttäuschung, die den Drakul ins Gesicht geschrieben stand, zeigte, inwieweit sie ihre Hoffnungen hatten fahren lassen.
    Als die Priester ihr Ritual beendet hatten, erhob sich Harold. Zitternd streckte er eine Hand aus, berührte ehrfürchtig die Klinge von Aranox, dem Schwert, das Erik am Griff hielt. »Majestät, die Prophezeiung ist in Erfüllung gegangen«, sagte er mit bebender Stimme. »Das Buch der Schöpfung ist gefunden worden. Euer Volk wartet auf Euch. Bitte kehrt zurück.«
    Auf die Bitte des alten Priesters folgte Totenstille.
    »Gibt es denn wirklich nichts, das ihn aufwecken kann?«, rief Harold verzweifelt. »Sie haben uns angelogen! Die Prophezeiung war eine Falle, eine plumpe Lüge!« Aus der Kehle des alten Mannes drang ein Schluchzen, das seine bittere Klage abwürgte.
    Langsam setzte sich die Prozession wieder in Bewegung, um
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