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Illusion - das Zeichen der Nacht

Illusion - das Zeichen der Nacht

Titel: Illusion - das Zeichen der Nacht
Autoren: Arena , Javier Pelegrin
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hinaufstiegen, konnte Jana ganz deutlich das Echo ihrer Schritte an den Wänden hören, an denen nun keine Gemälde und Prunkstücke mehr hingen. Sie fürchtete schon, dass alle geflüchtet wären, als sie hörte, wie eine Tür aufging. Wenige Sekunden später tauchte Nieve auf dem Treppenabsatz im ersten Stock auf. Beim Anblick von Jana und Alex leuchtete ihr müdes Gesicht in einem Lächeln auf. »Jana, du hast es geschafft!«
    Corvino und Heru kamen von rechts durch den Flur auf sie zu. In ihren Gesichtern spiegelte sich neben Freude auch tiefe Besorgnis.
    Yadia hielt sich abseits, während die anderen sich begrüßten und umarmten.
    »Der Nosferatu ist endgültig tot«, erklärte Jana hastig. »Ich dachte, ich hätte auch die Quelle des Übels zerstört, das die Stadt heimsucht, aber da habe ich mich offensichtlich geirrt.«
    »Der Dunkelheitszauber ging von der Waage aus«, sagte Alex, »aber hier ist noch etwas anderes.«
    Jana sah beklommen den Flur hinunter. »Was ist mit meinem Bruder?«, fragte sie. »Geht es ihm besser?«
    Nieve und Corvino tauschten einen schnellen Blick.
    »Ich würde jetzt so gern Ja sagen, Jana, aber das wäre gelogen«, erklärte Nieve. »Es ist, als würde diese Seuche auch ihn befallen. Wir haben alles Mögliche versucht, aber nichts scheint anzuschlagen.«
    Ihr Blick wanderte zu Herus Hand mit dem Handschuh. Jana bemerkte den schmerzvollen Zug, den der Bogenschütze um den Mund hatte. »Dir tut die Hand weh, Heru.« Sie sah ihm in die Augen. »Klar, in gewisser Weise ist sie ein Kunstwerk. Ein Werk von David.«
    Heru rang sich ein Lächeln ab. »Wie ich sehe, hast du einen meiner Pfeile abgeschossen.« Er deutete auf den Köcher, den Jana noch über der Schulter trug. »Ich habe dir ja gesagt, der Bogen würde dir eine Hilfe sein.«
    Jana erwiderte sein Lächeln und reichte ihm Bogen und Köcher. »Wenn du nicht gewesen wärst, hätte ich Alex nicht retten können. Ich bin dir einen Gefallen schuldig.«
    Herus Miene war schon wieder ernst. »Du schuldest mir gar nichts, Jana. Ich schulde dir einen Gefallen. Wenn ich früher den Mund aufgemacht hätte, stünde es nicht so schlimm um David.«
    »Es geht ihm also wirklich so schlecht?«, fragte Jana ängstlich.
    »Er liegt im Sterben«, erwiderte Heru schonungslos. »Es ist nur noch eine Frage von Stunden oder vielleicht von Minuten.«
    Janas Knie knickten ein, als hätte jemand ihr einen Schlag versetzt. Alex griff ihr rasch um die Taille, um sie aufzufangen.
    »Warum musstest du denn so direkt sein?«, fragte Nieve Heru vorwurfsvoll. »Davon hat doch keiner was.«
    »Ich will ihn sofort sehen«, sagte Jana. »Bitte.«
    Corvino nickte. »Wir haben ihn in mein Zimmer verlegt, im obersten Stock«, erklärte er. »Die unteren Zimmer sind schwer beschädigt. Kommt, ich bringe euch hin. Und was Yadia angeht …«
    Der Wächter sprach den Satz nicht zu Ende. Er starrte in die Ecke neben der Treppe, wo Yadia gerade eben noch gestanden hatte.
    Der Iride war verschwunden.
    —
    In Corvinos Zimmer roch es nach Alkohol und Räucherstäbchen. Durchs Fenster war ein blauer, leicht bewölkter Himmel zu sehen. In diesem Winkel des Palasts schien die Seuche nicht so viel Schaden angerichtet zu haben: Corvinos einfache, funktionale Möbel hatten kaum gelitten und nur die japanischen Aquarelle, die die Wände zierten, sahen etwas verblichen aus.
    David lag mit geschlossenen Augen im Bett. Sein Atem ging so schwer, als müsse die Luft ein Nadelöhr passieren, um in seine Lunge zu gelangen.
    Auf der Bettdecke, dicht an seiner rechten Seite, lag die kranke Hand – ein schwarzes Loch, das ringsherum in ein feines Gespinst aus Schatten ausfranste.
    Das Übel war fortgeschritten, aber David schien zu erschöpft, um es zu bemerken.
    Bestürzt lief Jana zum Kopfende des Bettes, sank auf die Knie und legte ihre Hände und die Wange auf das Kopfkissen, dicht an das Gesicht ihres Bruders.
    Aufgeschreckt durch die Bewegung an seiner Seite, schlug David mühsam die Augen auf und blickte Jana an. Sofort stiegen Tränen in ihr hoch. »Es tut mir so leid, David. Es war alles meine Schuld«, schluchzte sie.
    David wirkte wie betäubt, als falle es ihm schwer, das Bild zu fokussieren. Doch nach und nach kehrte Leben in seine grünen Augen zurück. »Du … du hast es geschafft«, stieß er hervor. »Das Licht ist wieder da.«
    »Ja.« Jana sah ihn fest an, die Tränen zurückdrängend, die ihre Augen überschwemmen wollten. »Alex ist hier. Ich habe ihn
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