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Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Titel: Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi
Autoren: Jesper Bengtsson
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deutlichste Effekt ihrer neugewonnenen Freiheit war die Tatsache, dass die Demokratiebewegung einen Teil ihrer Kraft sowie die Fähigkeit zur Mobilisierung der Menschen zurückgewonnen hatte. Kurz vor meinem Treffen mit ihr hielt die NLD eine Konferenz mit dem Zentralkomitee der Partei ab. Nur Minuten später sollte Aung San Suu Kyi mit ein paar hundert Jugendlichen zusammentreffen, die aus allen Landesteilen gekommen waren, um neue Jugendgruppen zu organisieren.
    »Aufgrund meines Hausarrestes war ich natürlich nicht dabei und habe deshalb keine Vergleichsmöglichkeiten«, sagte sie, »aber ich glaube, dass es inzwischen mehr Aktivität gibt. Am Tag nach meiner Freilassung erklärte ich, dass es in erster Linie nun darum gehe, ein neues Netzwerk im Land aufzubauen. Und dazu ist es gekommen. Nicht alle sind der NLD beigetreten, aber es gibt viele kleine Gruppen in der Gesellschaft, die jetzt Kontakt zu uns suchen. Sie alle wollen zum Netzwerk der Demokratiebewegung dazugehören.«
    Aung San Suu Kyi schien voller Hoffnung, war aber dennoch vorsichtig mit ihren Analysen im Hinblick auf eine denkbare Zukunft. Diese Lektion haben alle Burmesen im Laufe des letzten Jahrzehntes gelernt. Es gab viele hoffnungsvolle Augenblicke, aber auch viele Enttäuschungen und geplatzte Träume.
    »Für die nahe Zukunft hege ich die Hoffnung, dass wir den Aufbau unserer Organisation fortsetzen und noch mehr Dinge verändern können, als uns bislang gelungen ist. Mit Sicherheit kann ich nur sagen, dass wir weiterhin hart arbeiten werden. Ich hoffe zudem, dass die Welt uns auch weiterhin unterstützt und sich nicht von äußerlichen Veränderungen auf der politischen Szene Burmas täuschen lässt.«
    Natürlich sind ihr die Gefahren des Prozesses durchaus bewusst. In diesem Augenblick ist sie frei, bekleidet ein öffentliches Amt und kann zum ersten Mal seit 1988 in der Welt umherreisen. Aber schon morgen kann sie wieder verhaftet werden.
    »Ich habe keine Angst«, sagte sie und strich mit der Hand über die Blume in ihrem Haar. »Zumindest nicht so weit, dass ich meine Handlungen von der möglichen Gefahr einer Verhaftung bestimmen lasse. Aber ich bin mir bewusst, dass ich wieder verhaftet werden kann. Das wünsche ich natürlich nicht. Im Hausarrest ist es äußerst schwierig, zu arbeiten und mit den Menschen zu kommunizieren.«
    Ob es irgendwann zu einem weiteren Hausarrest kommt oder nicht – einzig sicher kann sich das Militär nur darüber sein, dass Aung San Suu Kyi nicht zu ignorieren ist. Vielleicht erklärt dies auch, warum das Regime eine Öffnung des Landes für Reformen zugelassen und Suu Kyi größere Freiheit sowie eine formelle politische Rolle zuerkannt hat. Nicht einmal korrupte Generäle können auf längere Sicht die Augen vor der Tatsache verschließen, dass Suu Kyi für alle, die ein anderes Burma wollen, eine sammelnde Kraft ist und bleiben wird. Lange Zeit wurde ihre Person derart mit politischen Inhalten assoziiert, dass die Erwähnung ihres Namens ein absolutes Tabu war. Auf den Straßen Ranguns nannte man sie »die Lady«. In den vom Staat kontrollierten Zeitungen gab man ihr weniger schmeichelhafte Namen und bezeichnete sie oft als »Miss Michael Aris« oder »Die Frau, die früher mit einem Ausländer verheiratet war«.
    Aber Aung San Suu Kyis symbolische, ja geradezu ikonische Bedeutung erstreckt sich weit über die Grenzen Burmas hinaus. Das erste Mal wurde sie 1989 eingesperrt, nur wenige Monate, bevor die Berliner Mauer fiel und die Sowjetunion zusammenbrach. Und in der ganzen Zeit seit Zuerkennung des Friedensnobelpreises 1991 war sie ein Symbol des internationalen Kampfes für Freiheit und Menschenrechte.
    Sie nimmt denselben Status wie Nelson Mandela zur Zeit des Apartheid-Regimes in Südafrika ein. Beide sind die am stärksten leuchtenden politischen Sterne ihres Heimatlandes. Beide haben einen großen Teil ihres Lebens in Gefangenschaft verbracht. Beide sind darüber hinaus im Kampf für die Freiheit zu großen Aufopferungen gezwungen gewesen. Als Aung San Suu Kyi unter Hausarrest gestellt wurde, waren ihre Söhne Alexander und Kim 16 bzw. zwölf Jahre alt. Ihr Mann Michael Aris starb 1999 an Krebs, ohne dass sich die beiden voneinander verabschieden konnten. Mehrere Male wurde Aung San Suu Kyi angeboten, das Land zu verlassen, doch sie weigerte sich, weil sie genau wusste, dass sie niemals würde zurückkehren können, solange die Junta an den Hebeln der Macht saß. Nur zu gern hätte man sie zu
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