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Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Titel: Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi
Autoren: Jesper Bengtsson
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in Unfreiheit lebt und nicht an einem gerechten System teilhaben kann.«
    Aung San Suu Kyi hob in ihrer Rede auch die ethnischen Konflikte in Burma hervor – ein entscheidender Punkt, wenn es um die Möglichkeiten des Landes geht, einen echten Prozess für mehr Demokratie und Offenheit einzuleiten. Einige der ethnischen Gruppen, die früher Krieg mit der Militärjunta geführt hatten, saßen nun in Verhandlungen mit der »zivilen« Regierung, die nach der Wahl 2010 die Geschäfte übernommen hatte. In großen Teilen des Landes hingegen hatte sich der Konflikt intensiviert. Nach einer 15-jährigen Waffenruhe hatte das Kachin-Volk im Norden Burmas kurz nach der Wahl wieder zu den Waffen gegriffen, und Zehntausende von Zivilisten waren von der Offensive des burmesischen Militärs zur Unterdrückung des Aufstands hart getroffen worden. Im Westen des Landes hatte sich der Konflikt mit der muslimischen Volksgruppe der Rohingya verschärft, deren Menschenrechte vom Militär seit langer Zeit missachtet wurden.
    »Die Regierung von Präsident U Thein Sein kann nur überleben, wenn es ihr gelingt, eine intelligente und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen allen internen Kräften aufzubauen: dem Militär, den ethnischen Gruppen, den politischen Parteien, den Medien, der Zivilgesellschaft und, am wichtigsten, der breiten Allgemeinheit«, sagte Aung San Suu Kyi während ihrer Rede im Osloer Rathaus.
    Nach dem Besuch in Oslo reiste sie in ihre alte Heimat Oxford, wo sie Studentin, Mutter und Ehefrau gewesen war und eine akademische Karriere begonnen hatte, um an der dortigen Universität eine Ehrenprofessur entgegenzunehmen.
    Ihre Reise war ein bemerkenswerter Siegeszug. Sicher kein Siegeszug in dem Sinne, dass Burma so geworden war, wie sie es sich wünschte. Bis dahin war es noch ein langer Weg. Aber ein Siegeszug, weil sie als Staatsfrau unterwegs war und als solche empfangen wurde. Ihr langer Kampf, die Jahre im Hausarrest sowie all die Opfer, die ihre Parteikollegen erbracht hatten, um für ein offenes, demokratisches Burma zu arbeiten, schienen nach zwei Jahrzehnten tatsächlich zum ersten Mal ein Ergebnis zu zeitigen. Sie war frei. Sie war imstande, zu arbeiten und sich politisch zu betätigen.
    Der Kampf konnte weitergehen.
    Als Aung San Suu Kyi ihre Rede in Oslo hielt, war ein gutes Jahr vergangen, seit ich sie zuletzt in Rangun getroffen hatte. Einige Wochen, nachdem man sie aus dem damaligen (und hoffentlich letzten) Hausarrest entlassen hatte, war ich von Stockholm nach Burma gereist.
    Mein erster Besuch in Burma lag 15 Jahre zurück. Im Flugzeug dachte ich darüber nach, warum mich dieses Land ursprünglich so fasziniert hatte, warum ich so oft dorthin zurückgekehrt war und Artikel, Bücher und Essays über die Entwicklung des Landes und die dort lebenden Menschen geschrieben hatte.
    Als ich auf meine erste Reise zurückblickte, wurde mir klar, dass sie nur aus einem Zufall heraus zustande gekommen war. Meine damalige Freundin hatte sich ein Jahr zuvor in Burma aufgehalten, um ein Hilfsprojekt zu starten, und redete danach mehr oder weniger ununterbrochen über das Land. Sie hatte erzählt, wie schön es dort sei, gleichzeitig aber auch über die große Armut und die brutale Diktatur berichtet. Einmal war sie mit ihrer Begleitung zur Universität in Rangun gekommen, dem Schauplatz vieler Volksaufstände und Studentenproteste gegen die Unterdrückung. Als sie einen der Speisesäle betraten, standen die dort anwesenden Studenten auf und verließen das Gebäude. Zu groß war die Angst, dass sie irgendjemand im Gespräch mit zwei westlichen Ausländern beobachten könnte. Nur ein einzelner Mann war sitzen geblieben: Er trug ein weißes Hemd und eine dunkle Sonnenbrille, das Wort »Sicherheitsdienst« war ihm förmlich auf die Stirn geschrieben. Ein anderes Mal hatten sie ein Taxi zu Aung San Suu Kyis Haus in der University Avenue 54 genommen, um eine ihrer Ansprachen zu hören, die sie jeden Samstag an der Pforte zu ihrem Grundstück hielt. Hunderte von Burmesen hatten sich auf der Straße versammelt. Wie Habichte umkreisten die Vertreter der Sicherheitspolizei die Versammelten und fotografierten mit in die Höhe gestreckten Kameras jeden Einzelnen, der so seine Unterstützung für die Demokratiebewegung und ihre Anführer signalisierte.
    Nachdem ich diese Berichte gehört hatte, traf ich eine Entscheidung. Es war an der Zeit, dem Land auf eigene Faust einen Besuch abzustatten. Damals arbeitete ich zeitweilig als
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