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Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall

Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall

Titel: Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall
Autoren: Granger Ann
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konnte bis zum Kastanienbaum sehen; dahinter senkte sich das Land, und die tieferen Gegenden entzogen sich ihrem Blick. Sie sah das Rechteck aus frisch aufgeworfener Erde, denn es befand sich weiter vorn, auf der dem Haus zugewandten Seite des Hügels, vor der Kastanie. Hinter dem Kamm verschwand die Landschaft in malvenfarbenem Dunst, in dem sie nichts mehr erkennen konnte. Dort irgendwo lag das Dorf, voll von Menschen, deren Alltagsleben ein einziges Durcheinander von Trivialitäten war, von ununterbrochenen Aktivitäten, die das Leben mit sich brachte. Mrs Smeaton hatte nichts mehr damit zu tun. Sie hatte sich vor Jahren davon losgelöst und verbrachte nun ihre Zeit damit, hier zu sitzen und zu warten.
    Firefly hatte sein Grab, doch Mrs Smeaton, die Besitzerin, würde niemals in der Erde ruhen, denn sie hatte spezifische Anweisungen hinterlassen, in denen sie die Verbrennung ihrer sterblichen Überreste anordnete. Sie hatte es Behrens gesagt, ihrem Anwalt, und hinzugefügt, dass sie so wenig Feierlichkeiten wollte wie nur irgend möglich. Sie wusste nicht einmal genau, ob sie überhaupt einen Priester dabeihaben wollte, obwohl sie eine Frau christlichen Glaubens war. Die moderne Kirche sagte ihr nichts mehr; trotzdem hatte sie die Gemeinde in ihrem Testament bedacht, was sie als ihre Pflicht betrachtete, obwohl der Kirchenvorstand es fertig gebracht hatte, so viel Geld zu verlieren. Die Kirchengemeinde von St. Johns sammelte Mittel für die Restauration der Kirche, und es war ein schönes altes Bauwerk. Es wäre schade, es einfach verkommen zu lassen.
    Mr Behrens, der selbst der orthodoxen Religionsgemeinschaft angehörte, hatte sehr unbehaglich reagiert angesichts der Beiläufigkeit, mit der sie ihren Abschied aus dieser Welt begehen wollte. Keine Versammlung alter Freunde und Verwandter, die über ihrem Tod zusammensitzen und trauern würden, keine Gebete, kein Respekt vor der Tradition.

    »Wirklich, Mrs Smeaton, sind Sie sich dessen auch ganz sicher? Hören Sie, meine Liebe, ich suche Ihnen gerne einen netten, altmodischen Geistlichen, wenn die Zeit gekommen ist – Gott bewahre, so weit ist es noch lange nicht. Vielleicht einen Geistlichen im Ruhestand? Meine Schwester lebt an der Küste, und sie sagt, dass ihr Dorf voll ist mit Kirchenleuten aller Glaubensrichtungen im Ruhestand …«

    »Also schön, Mr Behrens, meinetwegen. Wenn Sie jemanden finden können, der wenigstens siebzig ist und das Gebetbuch der anglikanischen Kirche benutzt. Sagen Sie ihm, er soll keine Zeit mit einer Gedenkrede verschwenden. Es wird niemanden geben, der ihm zuhören wird. Ich will keine Trauernden.«
    Olivia kicherte leise beim Gedanken an Behrens’ ernste Ergebenheit. Das Kichern erstarb ihr in der Kehle, als ihr Blick durch das Fenster auf die Koppel zurückkehrte. Es war sehr anständig von Armitage gewesen, die Männer für das Begräbnis zu organisieren. Sie hatte ihn durch das Fenster beobachtet; er hatte selbst mit angepackt, zusammen mit Berry und seinem Jungen. Später war noch ein vierter Mann hinzugekommen, dessen Namen sie nicht kannte. Crombie hatte ihn geschickt, mit einer großen Maschine, die das Loch ausgehoben hatte.
    Crombie war ebenfalls ein anständiger Mann, unbestreitbar ein ungeschliffener Diamant. Genau wie Ernie Berry ein ungeschliffener …
    Olivia Smeatons Verstand stockte beim Wort
    »Diamant« im Zusammenhang mit Ernie Berry, denn Diamant legte den Gedanken an etwas Reines, Strahlendes nahe. Doch ihr wollte kein passender Ersatz einfallen, und so beließ sie es dabei, Berry einfach nur als
    »ungeschliffen« zu bezeichnen. Doch er war ein guter Arbeiter. Ja, das war es. Ein guter Arbeiter – selbstverständlich nur unter Aufsicht.
    Sie hätte sich eigentlich müde fühlen müssen. Es war spät, der Tag war lang und voller Anstrengungen gewesen, und sie war in weit fortgeschrittenem Alter. Doch sie fühlte sich hellwach. Zorn brannte in ihr und vertrieb die Müdigkeit.
    Sie war zornig, weil sie Firefly nicht mehr von diesem Fenster aus beobachten würde können, wie er auf der Koppel graste oder unter dem Kastanienbaum döste, während sein Schwanz träge von einer Seite zur anderen wedelte oder er hin und wieder den Kopf schüttelte, um die Fliegen abzuschütteln, die sich auf seinen langen Wimpern niedergelassen hatten.
    Sie war wütend, weil Firefly nicht hätte tot sein dürfen. Sie war wütend wegen der im Dorf kursierenden Lüge, ihr Pony hätte giftige Kräuter gefressen und wäre daran
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