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Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall

Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall

Titel: Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall
Autoren: Granger Ann
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Grinsen, das unter den Umständen kaum angemessen gewesen wäre, und drehte das Gesicht in die kühlende Brise. Sie waren auf dem höchsten Hügel der Umgebung, der Wind und Wetter ungeschützt ausgesetzt war, was er durch eine wahrhaft überwältigende Aussicht wettmachte. Rorys Blick schweifte abwesend über die rollende Hügellandschaft, während er überlegte, welch eine Schande es war, dass Charles Darwin keine Gelegenheit gehabt hatte, Ernie Berry kennen zu lernen. Der große Naturforscher hätte in Berry ohne Mühe das Missing Link seiner Evolutionstheorie gefunden, die fehlende Übergangsform zwischen Affen und Menschen.
    Der Veterinär rief sich ins Gedächtnis, dass Berry ein zuverlässiger Arbeiter war. Er kümmerte sich gewissenhaft um Mrs Smeatons Garten und erledigte kompetent sämtliche Aufgaben, auch die unangenehmen. Rory wusste, dass er sich anstrengen musste, um seine natürliche Abneigung zu überwinden, und dieses Wissen ärgerte ihn. Offen gestanden mochte er Ernie nicht, weil er ihm nicht traute. Der ausweichende Blick des Mannes, die Art und Weise, wie er einen von der Seite her musterte, wenn er glaubte, dass man es nicht merkte – alles Warnzeichen, die Rory von Pferden her kannte. Pass auf vor gemeinen Tritten und hinterhältigen Bissen, sagten diese Zeichen. Das ständige ausdruckslose Halbgrinsen um Ernies Mund herum machte alles nur noch schlimmer.
    Neben Ernie stand der Junge, eine Studie in Gegensätzen: bleich, schweigsam, mit stumpfen Augen. Er stand dort und wartete darauf, dass man ihm sagte, was als Nächstes zu tun war. Das war normal. Sein eigentlicher Name war Kevin, doch in der gesamten Gemeinde sprachen sie nur von
    »Berrys Jungem«. Soweit Rory wusste, war er mehr zufällig Ernies Lenden entsprungen. Er arbeitete für und mit Ernie und schien kein eigenes Leben zu führen. Rory wandte den Blick von ihm ab und konzentrierte sich mit Nachdruck auf die weit drängendere Aufgabe, die er zu erledigen hatte. Dorfpolitik, wie seine Frau Gill es nannte, überließ man am besten den Dörflern.
    Rory wohnte seit zwanzig Jahren im Dorf. Er hatte eine Vertrauensposition inne, und er hatte allen Grund zu der Annahme, dass er respektiert wurde. Doch er wusste auch, dass man ihn nicht als Dörfler betrachtete. Die wahren Dorfbewohner mit ihren verschlungenen Stammbäumen lebten seit undenklichen Zeiten hier. Sie waren in einem subtilen Gewirr sich ständig ändernder Allianzen miteinander verbunden, die dem mittelalterlichen Italien oder dem alten Byzanz zur Ehre gereicht hätten, so kompliziert und undurchschaubar waren sie für Außenseiter.
    Demografisch war das Dorf in vier Lager gespalten, insgesamt genug Junge und Alte, um die Schule, zwei oder drei Läden und ein Pub zu unterhalten. Abgesehen von dem bereits erwähnten inneren Kreis der Einheimischen gab es die Bewohner der sich ausbreitenden städtischen Wohnsiedlung, eine kunterbunte Truppe, zum Teil mit den Dorfbewohnern verwandt, zum anderen Teil aus den verschiedensten Gründen hergezogen. Das soziale Spektrum wurde nach oben hin abgeschlossen durch eine kleine Schar von Akademikern, aktiv oder im Ruhestand, zu denen Rory gehörte.
    Die vierte Gruppe waren die verachteten Bewohner der neuen Häuser, die sich jenseits der Grenzen des Erlaubten bewegten. Sie wurden von allen mit Geringschätzung bedacht; arme Seelen, nicht weil sie nicht respektabel gewesen wären, sondern, im Gegenteil, weil sie nach der Logik der Dörfler nicht den geringsten sichtbaren Grund für ihr Hiersein hatten. Sie arbeiteten nicht hier, sondern pendelten tagaus, tagein in großen, lauten Wagen von ihren Vierzimmerhäusern mit den doppelt verglasten Fenstern und den Doppelgaragen in die Stadt. Sie besaßen keine Verwandten in der Gemeinde. Sie waren ganz gewiss nicht das, was Einheimische als Sippschaft bezeichneten. Sie waren ehemalige Yuppies in den Dreißigern, die es für schick hielten, auf dem Land zu leben, gesünder für ihre Kinder und sicherer als im Stadtzentrum.
    Derart ängstliche, verzagte Gedankengänge brachten das Eis bei den Dorfbewohnern nicht zum Schmelzen, auch wenn der Rektor der Grundschule die Kinder willkommen hieß, um seine Klassen aufzufüllen, obwohl er wusste, dass sie das staatliche System nur vorübergehend durchliefen auf ihrem Weg zu unabhängigen privaten Schulen irgendwo sonst im Land, sobald sie das dazu notwendige Alter erreicht hatten.
    Wenn die einheimischen Bewohner von Parsloe St. John irgendetwas gemeinsam
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