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Ihr schafft mich

Ihr schafft mich

Titel: Ihr schafft mich
Autoren: Nikolaus Nuetzel
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Touristenattraktion. Und solche Attraktionen sind wertvoll. Besonders wertvoll waren die Nackerten , weil anfangs auch viele junge Leute dabei waren. Mancher bekleidete Besucher des Englischen Gartens schaute sich ganz gern mal an, wie da 18- oder 20-jährige Frauen und Männer unbekleidet herumlagen oder vielleicht Federball oder Frisbee spielten. Das hat was, dachte sich der eine oder andere, der selbst nie die Kleider ablegen würde.

    Allerdings hat die Sache irgendwann ihren Höhepunkt überschritten. Seitdem geht es bergab mit dem Nackertsein als Lebensgefühl. Schon im Jahr 2002 konnte man lesen, dass der Parkdirektor des Englischen Gartens in großer Sorge war. Denn die Zahl der Nackerten war schon zu diesem Zeitpunkt um gut 90 Prozent abgesackt, hatte er ausgerechnet. Gerade die jungen Leute seien nicht mehr bereit, sich auszuziehen, beklagte der Parkdirektor. Es gibt zwar keine aktuellen Nackten-Zählungen in München. Aber man darf vermuten, der Trend hat sich weiter fortgesetzt. Und wenn sich heute jemand im Englischen Garten nackt in die Sonne legt, dann sind es eher die 70-Jährigen als die 17-Jährigen. Von denen, die 1968 jung und nackt waren, sind auch heute noch einige nackt. Aber jung sind sie nicht mehr.
    Ã„hnliches gilt für die einst große und selbstbewusste Nackt-Freizeitbewegung in Ostdeutschland. Sicher gibt es auch heute noch in Mecklenburg oder Brandenburg große Reservate für die Freunde der Freikörperkultur. Aber es ist kein Vergleich mehr zu den 70er- oder 80er-Jahren. Es kann also kein Zweifel bestehen: Wer sich in der Öffentlichkeit auszieht, sollte vorher ganz genau nachsehen, ob er gerade an einem Ort ist, wo das in Ordnung geht – in den letzten Nackerten -Gebieten des Englischen Gartens in München zum Beispiel. Ansonsten gilt: Wer nackt herumläuft, könnte Schwierigkeiten bekommen. Wobei sich die Frage stellt: Ist das eigentlich immer so? Und warum ist das so?
    Wann geht oben ohne – wann geht sogar unten ohne?
    Ein Blick ins Internet muss nicht immer lehrreich sein, manchmal ist er es aber durchaus. Zum Thema »nackt sein in der Öffentlichkeit« kann man in den gängigen Foren Fragen wie diese finden:
    Darf man nackt Auto fahren?
    Darf ich jemandem die Haustür öffnen, wenn ich nackt bin?
    Darf man nackt im Garten herumlaufen?
    Darf man eigentlich nackt in der Öffentlichkeit spazieren?
    Zunächst einmal klingen solche Fragen erstaunlich. Bei etwas Nachdenken klingen sie dann allerdings nicht mehr so erstaunlich. Vielmehr kommt man bald zu dem Ergebnis: Gute Frage, eigentlich. Auf die Frage, ob man nackt in der Öffentlichkeit spazieren darf, wird zwar jeder sofort antworten: »Natürlich nicht!« Bei der Frage, ob man nackt im eigenen Garten sein darf, wird die Antwort schon schwieriger. Und vor allem stellt sich irgendwann die Frage: Warum darf man eigentlich nicht nackt spazieren gehen?
    Die Antwort lautet: Es gibt den Paragraphen 183 im Strafgesetzbuch, der Männern »exhibitionistische Handlungen« verbietet. Daneben gibt es eine Vorschrift im Ordnungswidrigkeitengesetz, die die »Belästigung der Allgemeinheit« verbietet. Das Wort »nackt« oder »unbekleidet« taucht in diesen Regelwerken zwar nicht auf. Aber wer nackt in der Gegend herumspaziert und deswegen später Post von der Staatsanwaltschaft bekommt, der wird wahrscheinlich auf eine dieser Vorschriften hingewiesen werden. Denn nackt in der Gegend herumzulaufen, gilt in den meisten Teilen der Welt – so auch in Deutschland – als Belästigung anderer.
    Das Strafgesetzbuch ist aber an manchen Stellen etwas deutlicher, wenn es um Dinge geht, die – zumindest indirekt – etwas mit Nacktheit zu tun haben. Im Paragraphen 183a heißt es: »Wer öffentlich sexuelle Handlungen vornimmt und dadurch absichtlich oder wissentlich ein Ärgernis erregt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.« Auf die Frage, »Why don’t we do it in the road?«, die sich die Beatles schon im Jahr 1968 in dem gleichnamigen Song stellten, gibt es also eine klare Antwort: Weil es verboten ist.
    Auf die Frage, warum man nicht öffentlich nackt herumlaufen oder gar sich lieben sollte, gibt es somit zwei einfache Antworten. Erstens: So etwas gehört sich nicht. Und zweitens: Weil es sich nicht gehört, ist es auch verboten. Auf die Frage, warum sich so etwas nicht gehört ,
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