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Ihr Freund, der Ghoul

Ihr Freund, der Ghoul

Titel: Ihr Freund, der Ghoul
Autoren: Jason Dark
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Handarbeit, Madam!« Eve nahm die Katze vorsichtig aus der Verkaufstruhe und hielt sie zwischen zwei Fingern. »Sie gefällt mir auch sehr gut.«
    »Das ist mir egal«, erklärte die Frau. »Ich will nur, dass sie mir gefällt.«
    Sie nahm die schwarzweiße Holzkatze zwischen die Finger. »Wieviel soll sie denn kosten?«
    Eve nannte den Preis.
    »Zu teuer.« Die Kundin stellte die kleine Katze wieder weg. »Viel zu teuer.«
    Eve Bennett hob bedauernd die Schultern. »Ich kann Ihnen leider nichts herunterlassen, Madam. Wir verdienen kaum etwas daran.«
    Die Kundin grinste böse. »Das sagen sie alle und machen das große Geschäft. Tut mir leid, nicht mit mir.« Sie nickte Eve zu und schritt an ihr vorbei.
    Trotzdem war die Verkäuferin schneller. Am Ausgang hatte sie die Kundin eingeholt und öffnete ihr die Tür.
    Die Frau blieb auf der Schwelle stehen. »Ich habe es Ihnen gesagt, Miss, und bleibe dabei. Sie riechen nach Moder!«
    Eve schluckte. »Wie Sie meinen, Madam.«
    Die Kundin ging. Hastig spannte sie ihren Regenschirm auf und überquerte die Straße. Gegenüber befand sich ein Laden, in dem Körbe verkauft wurden. Den beehrte sie jetzt mit ihrem Besuch. Eve atmete auf. Die war sie los, aber wieder einmal hatte ein Kunde nicht gekauft. Das Geschäft lief immer schlechter. Eve fragte sich, wann Carruthers den Laden schließen musste. So konnte das nicht weitergehen. Oder sie mussten von vorn anfangen.. Mit einem Umbau, anderer Ware und so.
    Eve drehte sich um - und erschrak.
    Mr. Carruthers stand vor ihr. Sie hatte ihn nicht kommen hören. Er konnte schleichen wie ein Indianer. Wahrscheinlich hatte er alles mitbekommen. Auf seinem breiten Gesicht mit der gelblichen Haut lag ein lauerndes Grinsen. Das schüttere, rötlichblonde Haar konnte die Glatze kaum noch verdecken. Er war klein, wirkte gedrungen und hatte viele Sommersprossen im Gesicht. Dazwischen wirkten die Augen wie zwei farblose Seen. Er trug eine grüne Strickjacke und seine alte Hose mit den unmodernen schmalen Hosenträgern. Auch sein Hemd hatte schon bessere Zeiten erlebt.
    »Tut mir leid«, sagte Eve.
    Carruthers spielte mit einem Ohrläppchen. »Sie ist also wieder gegangen.«
    »Ja.«
    »Sie haben die Frau nicht halten können?«
    »Leider nein.«
    Er spielte noch immer mit dem Ohrläppchen, und sein Mund wurde noch breiter. »Das ist natürlich nicht gut.« Dann hob er die Schultern. »Es gibt nun mal Kundinnen, die sind mehr als schwierig. Ist auch mir schon passiert.«
    Das Mädchen bekam große Augen und schüttelte den Kopf. Diese Worte zu hören, das war für sie kaum zu fassen. Sonst hatte ihr Chef immer getobt, aber diesmal zeigte er Verständnis, drehte sich um und ging zurück in sein Büro, ohne auch nur ein weiteres Wort zu verlieren. Eve Bennett war baff, denn sie hatte geglaubt, ihren Chef zu kennen. Achselzuckend ging sie dorthin, wo sich »ihre« Abteilung befand. Kunstgewerbe liebte sie, und sie hätte selbst gern einen kleinen Laden gehabt, doch sie fand den Mut nicht dazu.
    Eve gehörte zu den Personen, die bei vielen Menschen beliebt waren. Man schätzte sie zwar als ein wenig naiv ein und nicht gerade sehr intelligent, aber das störte sie nicht. Vielleicht war es in dieser Welt sogar besser, wenn man nicht zu intelligent war und zuviel wusste. Dann kam man oft so durchs Leben, wie andere es sich gern gewünscht hätten. Es kam noch eine Kundin. Ein Mädchen, vielleicht zehn Jahre alt. Sie wollte ein kleines Geschenk für ihre Mutter kaufen, hatte aber nicht viel Geld dabei und entschied sich schließlich für einen bunten Fingerhut.
    »Das ist toll, Miss!« rief sie noch an der Tür, und Eve freute sich darüber.
    Dann hörte sie Mr. Carruthers Stimme. »Können Sie mal zu mir kommen, Eve.«
    »Gern.« Sie betrat das Büro und ließ den Vorhang offen.
    Dagegen hatte ihr Chef etwas. »Ziehen Sie ihn zu!«
    »Und wenn Kunden kommen?«
    Der Mann lachte fett. »Zu uns Kunden? Kaum, aber wenn jemand kommt, hören wir ihn auch so.«
    »Natürlich.«
    »Setz dich.« Carruthers deutete auf einen Stuhl, und Eve ließ sich vorsichtig nieder. Sie überlegte verzweifelt, was der Mann von ihr wollte. Bei solchen Gesprächen, die im Büro geführt wurden, ging es meist um entscheidende Dinge. Vielleicht war jetzt der Zeitpunkt gekommen, wo sie entlassen werden sollte. Das wäre natürlich mehr als fatal gewesen, aber noch tat sich nichts.
    Carruthers schaute sie nur an, und sie war tatsächlich ein Mädchen, nach dem man zweimal
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