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Ihr Freund, der Ghoul

Ihr Freund, der Ghoul

Titel: Ihr Freund, der Ghoul
Autoren: Jason Dark
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Der Mann deutete mit dem Finger auf seine sich bewegenden Wangen. Als ich seine Bude betrat, hatte er sich gerade den letzten Sandwichbissen in den Mund geschoben. Aus der Thermoskanne schenkte er sich jetzt noch einen Schluck Kaffee ein und spülte den Rest weg.
    Ich hatte auf einem Klappstuhl meinen Platz gefunden und schaute ihm dabei zu. Er hieß Ziegler, trug feste graue Drillichkleidung, und am Haken hinter ihm hing eine gefütterte Gummijacke. Er war ungefähr in meinem Alter. Den größten Teil seiner dunklen Haare hatte er unter einer Mütze verborgen.
    »So«, sagte er, beugte sich vor und griff nach den Zigaretten. Das Licht der Deckenlampe streifte jetzt sein Gesicht. Auf den Wangen sah ich dunkle Bartschatten. »Wissen Sie, ich muss etwas essen, bevor ich Ihnen das zeige. Hinterher schmeckt es mir nicht mehr.«
    »Ist es so schlimm?«
    Er schüttelte sich und winkte gleichzeitig ab. »Noch schlimmer, Mister. Aber Sie als Polizist sind ja einiges gewöhnt. Oder sind Sie nicht Oberinspektor John Sinclair?«
    »Doch, der bin ich.« Ich holte meinen Ausweis hervor, um ihm das Dokument zu zeigen.
    »Nein, nein, lassen Sie mal stecken. Bei diesem Wetter wagen sich nur Polizisten und Verrückte auf die Straße.«
    Ich lächelte. »Danke, dass Sie mich nicht in die zweite Kategorie eingestuft haben.«
    Er wischte seine Hände an einem grauen Handtuch ab. »Ich sage mir immer, Ziegler, sage ich, die Welt ist voll mit Verrückten. Sorg du dafür, dass sie noch voller wird.« Er lachte breit, stand auf und griff nach seiner Gummijacke.
    Ich hatte meinen Burberry erst gar nicht ausgezogen. Er war feucht, aber gut imprägniert, so dass das Wasser daran abperlte. Es herrschte scheußliches Wetter. Da jagte man keinen Hund raus. Ziegler knöpfte seine Jacke zu. Bevor er die Tür öffnete, drehte er sich noch einmal um. »Werkzeuge brauchen wir nicht mitzunehmen. Die liegen draußen.«
    »Sie sind der Chef.«
    Er lachte kratzig. »Das wäre was. Dann würde ich nicht in dieser kalten Bude sitzen, sondern meinen Hintern auf einem gepolsterten Bürostuhl wärmen und mich freuen, als städtischer Angestellter unkündbar zu sein. So aber bin ich nur ein Schleusenwärter und passe auf, dass unser gutes Londoner Trinkwasser nicht verschmutzt wird und die Leute am Leben bleiben.«
    »Ist doch auch eine Aufgabe - oder?«
    »Klar, sie hat sogar Ähnlichkeit mit Ihrem Job. Ich jage vierbeinige Ratten, Sie zweibeinige.«
    »Wobei die zweibeinigen gefährlicher sind.«
    »Das glaube ich Ihnen.« Ziegler hantierte an der Tür. »Die klemmt noch immer!« beschwerte er sich. Gleichzeitig drückte auch der Wind dagegen, der uns den kalten Novemberregen ins Gesicht peitschte.
    Ich stellte den Kragen hoch. Da ich keine Hüte trage, bekam ich natürlich den Segen auf die Haare.
    Wir wandten uns nach links.
    Es war noch nicht völlig dunkel geworden, aber die Wolken hingen tief. Hinter dieser grauen Wand entdeckte ich den letzten Rest der allmählich verschwindenden Helligkeit.
    Über einen Steg aus Metallplatten schritten wir hinweg. Rechts von uns lagen die großen Bassins, wo das Schmutzwasser gereinigt wurde. Es waren gewaltige Becken, und sie standen miteinander durch Schotts in Verbindung. Die Wasserflächen sahen dunkel aus. Schräg fuhr der Regen über sie hinweg.
    Mir gefiel es auch nicht, hier draußen herumzuturnen, aber was sollte ich machen? Der Anruf war gekommen, und Sir James, mein Chef, hatte beschlossen, dass mein Kollege Suko und ich die Sache in die Hand nahmen.
    Ziegler ging vor. Einmal drehte er sich kurz um. »Geben sie acht, die Platten sind oft rutschig.«
    »Meine Schuhe haben Gummisohlen.«
    »Das ist gut.« Auch er trug Gummistiefel.
    Im feinen Sprüh war nicht viel zu erkennen, doch am Ende des Metallstegs wuchs etwas in die Höhe. Ein viereckiger Schatten, der sich beim Näherkommen als Haus hervorkristallisierte, das heißt, es war mehr eine kleine Plattform mit einem Schutzdach.
    Dort wartete Ziegler auf mich. An einer Seite lehnten die Geräte. Stangen, Haken und dünne Metallnetze. »Damit holen wir all das Zeug aus dem Wasser, das irgendwelche Typen hineinwerfen. Die schaffen das immer, obwohl unser Gelände eingezäunt ist.«
    »Wer es darauf anlegt, etwas zu zerstören, erreicht es auch meistens«, fügte ich hinzu. »Da haben Sie recht.«
    Die Plattform besaß eine hüfthohe Brüstung. Zu den Becken war ein kleines Metalltor eingelassen. Ziegler hob eine Kette an, löste einen Verschluss und öffnete
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