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Ihr Freund, der Ghoul

Ihr Freund, der Ghoul

Titel: Ihr Freund, der Ghoul
Autoren: Jason Dark
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die Tür. Direkt dahinter führte eine Treppe aus gitterartigen Metallstufen so weit in die Tiefe, bis sie am Rand eines der Becken auslief. Sie endete praktisch auf einem begehbaren Sims.
    »Ist es da unten?« fragte ich.
    »Richtig.« Ziegler nickte. »Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich vorgehe?«
    »Nein, ganz und gar nicht. Sie kennen sich hier aus.«
    »Das kann man wohl sagen. Bin lange genug in diesem Job.« Er war ein Mensch, der gern erzählte. Wahrscheinlich hatte er während seiner Arbeit nur wenig Abwechslung.
    An einem Geländer hielt ich mich fest. Dabei setzte ich meine Schritte sehr vorsichtig, denn die Stufen waren feucht und verflixt rutschig. Ziegler erwartete mich auf den Sims stehend. Noch sah ich nichts von dem großen Fund, nur die leere Wasserfläche lag vor mir. »Wo ist denn das Zeug?«
    Er deutete in eine Ecke. »Da müssen wir hin. Ich habe es bereits eingefangen, wissen Sie. Es gibt da extra für diese Sachen konstruierte Metallnetze. Das ist wie bei den Fischen. Die Dinger hängen jetzt drin.«
    Lange brauchte ich nicht mehr zu warten. Schon nach wenigen Schritten erkannte ich dicht über der Wasserfläche etwas Helles, Weißes. Und dann hatte ich das Ziel erreicht.
    Ziegler deutete schräg in die Tiefe. »Da, schauen Sie sich das Zeug genau an. Anschließend können Sie mir sagen, was das alles bedeuten soll. Ich komme da nicht mehr mit.«
    Sicherheitshalber ging ich in die Knie. Das Metallnetz mit seinem Inhalt schwebte zwischen Wasseroberfläche und Beckenrand. Es war an zwei Haken befestigt.
    Mich interessierte natürlich nicht das Netz, sondern der makabre Inhalt. Bleich, weiß und nass lagen in dem Netz menschliche Knochen… Ich war schon vorher über den Fund informiert worden, dennoch musste ich einmal schlucken, denn die Knochen waren zum Teil zersplittert oder zerhauen worden. Halbe Schädel lagen zwischen Arm-und Beinknochen. Manche Köpfe sahen aus wie durchgebissen, aber eines hatten alle gemeinsam.
    Sie waren glatt und völlig blank, als hätte sie jemand abgenagt oder abgewaschen.
    »Was sagen Sie?« fragte mich Ziegler.
    »Das sind Gebeine.«
    Er lachte glucksend. »Soviel weiß ich auch, aber wie kommen die in dieses Bassin?«
    »Keine Ahnung. Eigentlich müssten Sie das wissen, Mr. Ziegler.«
    »Wieso das denn?«
    »Weil Sie sich hier auskennen. Sie wissen doch, welchen Weg das Wasser nimmt, wie es fließt und…«
    »Die Schotts sind selten offen.«
    Ich richtete mich auf. »Das reicht ja auch schon.« Dann wechselte ich das Thema. »Können Sie das Netz hochhieven?«
    »Klar. Was haben Sie vor? Wollen Sie die Knochen herausholen?«
    »Liegenlassen kann ich sie ja wohl schlecht. Aber die Arbeit könnten andere übernehmen. Oder sind Sie dafür zuständig, Mr. Ziegler?«
    Er ging einen Schritt zurück und hob beide Hände. »Nein. Das kann auch niemand von mir verlangen. Ich treibe mich einmal in der Woche in der Kanalisation herum, das ist schon schlimm genug, und darüber beschwere ich mich auch nicht. Aber so etwas wie hier…«
    »Schon gut, Mr. Ziegler. Ich werde schon jemand finden, der die Arbeit übernimmt.«
    »Danke.«
    In meinem Job hatte es ich fast nur mit makabren Dingen zu tun. Natürlich auch mit Knochen. Ich hatte hier mit einem Blick festgestellt, dass es sich um Menschenknochen handelte. Dass die aber so blank und abgenagt aussahen, war schon seltsam.
    Wenn Ratten hungrig sind, machen sie sich über alles her. Sie durchwühlen im Laufe der Zeit sogar Beton, aber so hungrige Ratten gab es meines Erachtens nicht in London. Zudem war dieser Knochenfund auch nicht der erste. Fünfmal waren innerhalb der letzten drei Wochen in London menschliche Gebeine gefunden worden. Und zwar an verschiedenen Orten, die eines gemeinsam hatten. Das Wasser. In der Kanalisation, in einem Themsekanal, im Fluss selbst, jetzt hier, aber die Fundstellen lagen weit auseinander, und das gab mir Rätsel auf. Wir waren sehr spät in den Fall eingestiegen. Erst langsam hatte sich Sir James von den Meldungen überzeugen lassen, dass es eigentlich ein Fall für uns war.
    Nun ja, ich hatte die Knochen gesehen und würde die nötigen Ermittlungen in die Wege leiten.
    Ziegler schaute mich an, als erwartete er von mir das große Seelenheil oder schon die Lösung des Falles. »Mr. Ziegler«, sprach ich ihn an:
    »Wenn ich einmal davon ausgehe, dass jemand die Gebeine in dieses Becken geworfen hat, muss dieser Unbekannte auch das Gelände betreten haben…«
    »Aber ich habe
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