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Idylle der Hyänen

Idylle der Hyänen

Titel: Idylle der Hyänen
Autoren: Friedrich Ani
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zu tun! Wieso verstehen Sie das nicht? Sie können es nicht verstehen. Im Schrank. Der Schrank. Haben Sie meine Frau inzwischen erreicht?«
    »Sie ist noch nicht zu Hause«, sagte Fischer.
    »Zwei Kollegen von mir warten auf sie.«
    »Gut. Danke. Gut. Sie ist oft eigensinnig, sie liest viel. Eine Frau namens Günderode. Schwermütige Verse. Das ist ihre Welt. Sie wird kommen, ich muß mit ihr sprechen, ich muß reinen Tisch machen. Hab sie angelogen, wollt sie nicht verstören, wußte nicht, wie ich ihr erklären soll, was geschehen ist.«
    »Nachdem Sie das Hochhaus verlassen hatten, holten Sie Katinka aus der Wohnung und fuhren mit ihr noch in derselben Nacht nach Italien, nach Pisa«, sagte Fischer.
    »Sofort sind wir losgefahren. Sie nahm ihren Toni mit, und ich packte Sachen für sie ein. Sind wir losgefahren. Ohne Zeugen. Wie immer.
    Niemand sieht was. Das Kind, das verhungert ist, stand in der Zeitung, hat niemand gesehen. Dafür sehen sie die verhungerten Kinder in Afrika oder Pakistan. Im Fernsehen. Heißt Fernsehen, weil wir fern sehen, ist besser als nah sehen. Spielt keine Rolle. Wollen Sie die Adresse der Pension, in der wir übernachtet haben, Katinka und ich? Ich war mit Elisabeth da, vor zehn Jahren, vor zwölf Jahren, als sie noch gern aus dem Haus ging, mag sie heut nicht mehr, sie bleibt bei sich im stillen. Das respektiere ich sehr. Sie ist meine Frau, ich liebe sie. Da haben die Leute geschaut: der Mann und die neunzehn Jahre ältere Frau, das ist was zum Schauen, oder? Sind Sie verheiratet? Sie haben keine Zeit für die Liebe, Sie rennen dauernd Mördern hinterher. Merkwürdig, daß Sie sie nie rechtzeitig erwischen. Und immer die falschen. Wie mich. Mich halten Sie für einen Mörder und vergeuden Zeit und Steuergeld mit mir, und draußen bringt schon wieder jemand ein Kind um, das dann weiterleben muß. Die Frau Nele Schubart ging ins Kino und brachte gleichzeitig ihre Tochter um. So was nennen Sie ein Alibi! Perfekt. Wir waren jeden Tag am Strand und haben Eis gegessen und Spaghetti vongole und zum Nachtisch Dolce, und deswegen hab ich sie geholt und mitgenommen, weil sonst niemand da war, der die Schranktür aufgemacht hat. Die Frau Schubart hatte eine Menge Ficker, aber die haben außer Ficken nichts gekonnt, und wenn Sie es ganz genau wissen wollen: Die Frau Schubart konnte auch nicht mehr.«
    »Sie haben sie erhängt und ihrer Tochter den einzigen Menschen weggenommen, der ihr nahe war«, sagte Fischer.
    »Katinka ist jetzt am Leben und nicht mehr tot!« schrie Badura. Valerie zuckte zusammen.
    »Sie Depp! Sie glauben, ich hab die Frau in den Schrank gelegt, weil sie ihre Tochter getötet hat? Glauben Sie das allen Ernstes? Sie Wegläufer! Ich hab die in den Schrank gelegt, damit niemand sie sieht! Damit sie weg ist! Damit sie ihre Strafe erhält, damit ihr Körper verrottet da unten in der Tiefgarage. Wer sich umbringt, dessen Körper muß bestraft werden! Das müssen Sie doch wissen als Mönch! Sie kennen doch die Zehn Gebote, oder nicht? Stimmt das nicht, was in der Zeitung stand? Sind Sie gar kein ehemaliger Mönch? Natürlich nicht! Das ist bloß eine Legende! Wenn Sie ein ehemaliger Mönch wären, würden Sie mich nicht fragen, warum ich die Frau in den Schrank gelegt hab! Und ursprünglich wollt ich sie mitnehmen und im Wald verbrennen. Aber dann wollt ich keine Zeit verlieren und endlich mit dem Mädchen losfahren. Sie hat auf mich gewartet, und ich hab ihr versprochen gehabt, daß ich in der Nacht komm und sie und den Toni abhol. Davon haben Sie ja keine Ahnung!«
    »Sie behaupten, Nele Schubart habe Selbstmord begangen?« sagte Fischer. »Sie behaupten, sie habe sich freiwillig erhängt?«
    »Nein!« Baduras Mund klappte auf und zu. Seine Stirn war schweißbedeckt, auf seinem Hemd bildeten sich dunkle Flecken. »Das behaupt ich nicht! Ich behaupte doch nichts! Sie hat sich erhängt. Als ich im Bad gewesen bin!«
    »War der Stuhl umgekippt, als Sie ins Zimmer zurückkamen?«
    »Was? Umgekippt? Ja! Der Stuhl war umgekippt, sie hat ihn weggestoßen, als ich draußen war. Ich mußte mein Gesicht waschen, mir war heiß, ich ertrug den Anblick der feigen Frau nicht mehr, noch dazu war sie nackt, sie stand auf dem Stuhl, haben Sie das nicht rekonstruiert? Sie können doch alles nachstellen, oder nicht? Haben Sie eine Kollegin auf den Stuhl gestellt und ihr eine Schlinge um den Hals gelegt? Zu feige. Ich hab sie gezwungen, sich auf den Stuhl zu stellen und zu bereuen. Auf einmal hatte
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